ImageTeilnahme an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU zerstört das internationale Ansehen des neutralen Österreich und trägt zur weiteren Destabilisierung der Region bei.

 

Die Bundesregierung hat am 6. Juni 2013 beschlossen, die österreichische Blauhelmmission am Golan völlig überstürzt zu beenden. Die seit fast 40 Jahren bestehende UNDOF-Mission ist eine Beobachtermission, die die Truppentrennungsvereinbarung zwischen Israel und Syrien überwachen soll. Die Soldaten sind mit defensiven Waffen ausgestattet, die aber nur zur Selbstverteidigung eingesetzt werden dürfen.

Vor wenigen Tagen wurden die ersten „Heimkehrer“ am Flughafen Wien-Schwechat mit großer Medienpräsenz von Bundeskanzler und Verteidigungsminister begrüßt; zur großen Überraschung der Heimkehrer, die sowieso planmäßig abgelöst worden wären. Begründung und Choreographie des Rückzugs wirkten reichlich operettenhaft:

Am 27. Mai 2013 verwendete Außenminister Spindelegger die Drohung mit der Beendigung der österreichischen Beteiligung an der UN-Blauhelmmission als Druckmittel im EU-Außenministerrat für die Fortsetzung des Waffenembargos gegenüber Syrien. Ein Manöver, das in die Hosen gehen musste, denn das Embargo wäre sowieso mit 1. Juni 2013 ausgelaufen. Eine Fortsetzung konnte nur einstimmig beschlossen werden. Warum sollten sich Mächte wie Großbritannien und Frankreich, die seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs ihr Interesse an einer Eskalation des Konflikts klar erkennen ließen, davon beeindrucken lassen? Spindelegger hat dann noch der Fortsetzung aller Sanktionen außer dem Waffenembargo um zwölf Monate zugestimmt, und wurde damit zum Erfüller der eigenen Prophezeiung, dass mit der Aufhebung des Waffenembargos Österreich nicht mehr als neutraler Vermittler wahrgenommen werden könnte. Und so bescheinigte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton „allen Beteiligten ehrenhafte Positionen, zum Schluss herrschte im Sitzungssaal heitere Stimmung“ FAZ (28.5.2013)

Ende Mai sieht die Bundesregierung noch keinen Handlungsbedarf. Doch wenige Tage später genügt ein kurzer Granatenbeschuss durch sogenannte Rebellen, um Verteidigungsminister Klug erklären zu lassen:  „Die Überparteilichkeit der Blauhelme wird nicht mehr von allen Akteuren in der Region akzeptiert.“ ( Der Standard, 10. Juni 2013). Dies missachtet völlig die Tatsache, dass sowohl Israel als auch die nach wie vor legitime syrische Regierung die UNDOF-Mission sehr wohl anerkennen. Ein hochrangiger Vertreter des Bundesheeres erklärt: „Es ist nichts passiert, keiner sei verletzt worden. Die Soldaten selber würden bleiben…. Die Ereignisse am vergangenen Donnerstag hätten vielmehr gezeigt, dass Syrien die Präsenz der UN nach wie vor akzeptiere, so ein Insider“ (Der Standard, 12. Juni 2013)

Doch die Bundesregierung hält an ihrer Entscheidung fest: der Abzug vom Golan soll innerhalb von vier Wochen vollzogen werden.

Bundesheer trainiert "Offensivoperation einer EU-Battlegroup"

Dass es nicht die Sorge um Leib und Leben österreichischer SoldatInnen oder die Reputation des neutralen Österreich sind, die die Bundesregierung antreiben, zeigt das internationale Großmanöver „European Advance 2013“, das gleichzeitig im Waldviertel durchgeführt wird: „Bei der European Advance 2013 trainierten 4.400 Soldaten aus 24 Ländern drei Wochen lang im Waldviertel die multinationale Zusammenarbeit bei einer Offensivoperation einer EU-Battlegroup. Dabei kamen 23 Luftfahrzeuge, 50 Panzer und 250 ungepanzerte Fahrzeuge zum Einsatz… Neben klassischem militärischem Können kam es dabei besonders auf die Fähigkeit an, mit zivilen Organisationen zusammenzuarbeiten. So war die Bewältigung der dargestellten schwierigen humanitären Lage im Krisengebiet ein Schlüssel zum Erfolg der Übungstruppe.“ (APA, 7.6.2013).

Noch in diesem Monat soll eine neue österreichische Sicherheitsstrategie beschlossen werden. In ihr heißt es: „Beitragsleistung zum internationalen Krisenmanagement sind ein wesentlicher Aufgabenbereich des österreichischen Bundesheeres. Durch sein Auslandsengagement leistet es einen anerkannten internationalen Solidarbeitrag und vermindert negative Rückwirkungen internationaler Sicherheitsprobleme auf Österreich. Die Auslandseinsätze sind daher auf hohem Niveau fortzusetzen… Das ÖBH wird die Entsendung von mindestens 1100 Soldaten als Dauerleistung für Auslandseinsätze sicherstellen.“

"Weiterer Schritt der Destablisierung"

Der SPÖ Funktionär und Solidarwerkstattaktivist David Stockinger aus Schwechat meint dazu: „Ich halte den Abzug des österreichischen Golan-Kontingents  für einen weiteren Schritt der Destabilisierung der gesamten Region. Der Blauhelmeinsatz war wirklich ein vernünftiger und vertretbarer, weil neutraler Friedenseinsatz des österreichischen Bundesheeres wie z. B. auch auf Zypern. Alle anderen haben einen parteilichen Charakter im Sinne von NATO und EU. Die Anwesenheit der UNDOF-Mission senkte die Wahrscheinlichkeit einer NATO-Intervention.“

Boris Lechthaler von der Solidarwerkstatt: „Bereits die Verhandlungsführung von Spindelegger in Brüssel war ein Farce. Die konsequente Wahrnehmung der Rechtspflichten des neutralen Österreich hätte bedeutet, den völligen Ausstieg aus der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU anzukündigen, wenn sie das Waffenembargo auslaufen lässt.  Nunmehr wird das Ansehen, das Österreich mit den Blauhelmmissionen erworben hat, der Unterordnung unter die Großmachtspolitik von EU-Staaten geopfert und der Weg für die Beteiligung an neutralitätswidrigen Kampfeinsätzen freigemacht. Wir fordern deshalb den Rückzug aus Brüssel, statt des Abzugs vom Golan!“