Beim Eingang des Linzer Schlosses findet sich eine Inschrift, die der "Söhne des Landes und der Stadt" gedenkt, "die zum Schutz der Heimat auszogen" - darunter das Infanterie Regiment Nr. 133 (1938 - 1945), das von Anfang an beim Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion beteiligt war. Die Solidarwerkstatt fordert vom Land OÖ, diese braune Geschichtsfälschung sofort zu beenden, und die Umgestaltung zu einem antifaschistischen Friedensdenkmal. Es gibt bereits eine erste Reaktion.
Solidarwerkstatt Kommunalgruppe Linz
Waltherstraße 15
4020 Linz
Linz, 6.7.2021
OFFENER BRIEF
an OÖ Landtag und OÖ Landesregierung
Braune Geschichtsfälschung im Linzer Schloss endlich beenden!
Beim Eingangstor des Linzer Schlosses befindet sich eine Tafel mit folgender Inschrift:
AUS DIESER BURG ZOGEN IM LAUFE DER GESCHICHTE DIE SÖHNE DES LANDES UND DER STADT ZUM SCHUTZ DER HEIMAT AUS:
EHRE IHREM ANDENKEN
Dem Linzer Hausregiment k.u.k. Inf. Rgt. Ernst Ludwig Großerzog von Hessen und bei Rhein Nr. 14 (1733- 1938) und dem Inf. Rgt. Nr. 133 /1938 – 1945/ gewidmet vom Hessenbund Linz im Jahre 1956.
Diese Tafel reiht sich zunächst ein in viele ähnliche Inschriften, die wir bei Kriegerdenkmälern finden, wo das gegenseitige Niedermetzeln vieler Menschen zugunsten von Großmachtsinteressen weniger als Vaterlandsverteidigung heroisiert wird. Angesichts des Jahrestages des Überfalls der Nazi-Wehrmacht auf die Sowjetunion, der sich am 22. Juni 2021 zum 80. Mal gejährt hat, ist diese Inschrift aber besonders unerträglich. Denn das oben angeführte Inf. Rgt. Nr. 133 (1938 - 1945) war Teil der sog. „Linzer Division“ der deutschen Wehrmacht, die bereits beim Angriff Hitlerdeutschlands auf Polen und Frankreich beteiligt war. Diese „Linzer Division“ war schließlich auch von Anfang an beim Überfall auf die Sowjetunion beteiligt. Dieser Krieg hatte eine neue Qualität: er war nicht „nur“ ein imperialistischer Raubkrieg wie viele Kriege zuvor, er war ein vom nationalsozialistischen Rassewahn getriebener Vernichtungskrieg, dessen explizites Ziel die Ausrottung großer Teile der slawischen Bevölkerung sowie der gesamten jüdischen Bevölkerung war. 27 Millionen BürgerInnen der Sowjetunion ließen ihr Leben in diesem Krieg. Sie trugen damit die Hauptlast bei der Niederringung des NS-Regimes. Wir verdanken ihnen maßgeblich die Befreiung vom Nationalsozialismus und die Wiedererrichtung eines unabhängigen und demokratischen Österreich. 80 Jahre nach dem Beginn dieses Vernichtungsfeldzugs eine daran beteiligte Truppeneinheit mit den Worten zu ehren, sie sei „zum Schutz der Heimat ausgezogen“ entspricht brauner Geschichtsfälschung und ist eine unerträgliche Verhöhnung der Opfer.
Wir fordern vom Land Oberösterreich, dem Eigentümer des Linzer Schlosses, die Umgestaltung dieser Tafel zu einem antifaschistischen Friedensdenkmal:
- als Mahnmal für eine jahrzehntelange verlogene Erinnerungskultur, die keinen Platz mehr haben darf
- als Mahnmal, das das Gedenken an das Leider aller in diesen Kriegen Getöteten, Verstümmelten und Traumatisierten in eine klare Botschaft einbettet: Nie wieder Krieg, Nie wieder Faschismus, nie wieder Rassewahn! Für eine Österreich, das sich nie wieder an imperialen Großmachtsambitionen beteiligt, sondern sich für internationale Abrüstung, Dialog und friedliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe einsetzt!
- als Mahnmal, das den Millionen sowjetischer BürgerInnen, die Opfer des NS-Vernichtungskrieges wurden, zu dem auch die „Linzer Division“ auszog, besonders gedenkt und dankt. Ihr Opfer, das sie auch für die Freiheit Österreichs gebracht haben, wurde 65 Jahre lang durch diese Tafel mit Füßen getreten. Der 80. Jahrestags des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion muss später Anlass sein, diese Schande endlich zu beenden und ein würdiges Zeichen der Wiedergutmachung zu setzen.
Wir ersuchen um diesbezügliche Rückmeldung. Wir fordern auch die politisch Verantwortlichen auf Bundes- und Gemeindeebene auf, sich dafür einzusetzen!
Mit freundlichen Grüßen,
Solidarwerkstatt-Kommunalgruppe Linz
>> Nachsatz:
Es gibt zwar noch keine Reaktionen von der Landesregierung bzw. dem Landtag, aber kurz nach der Veröffentlichung dieses Offenen Briefes meldete sich der Direktor des OÖ Landesmuseums Alfred Weidinger im Büro der Solidarwerkstatt und kündigte an, dass diese Inschrift beim Linzer Schloss innerhalb der nächsten drei Wochen entfernt wird.