Menschen aus verschiedenen Zugängen wenden sich in einem Offenen Brief an Bundespräsident Alexander van der Bellen, da sie die Militarisierung der EU für einen verheerenden Fehler halten. Sie erwarten sich vom Bundespräsident des neutralen Österreich, dass er hier eindeutig Stellung bezieht.
OFFENER BRIEF
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
"Europa muss rüsten!" Dies scheint die gemeinsame Schlussfolgerung vieler Führungspersönlichkeiten in Europa aus den aktuellen internationalen Entwicklungen zu sein. Nur ein hochgerüstetes Europa, das mit einer Stimme spricht, sei den aktuellen Herausforderungen gewachsen. Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge und lehnen diese Losung ab.
Die Mitgliedsstaaten der EU verfügen jetzt schon gemeinsam über die zweithöchsten Rüstungsausgaben. Europäische Staaten haben in den vergangenen Jahren in einigen Fällen zur Destabilisierung und kriegerischen Eskalation beigetragen.
Die Hoffnung, über einen Rüstungswettlauf und eine Zentralisierung der militärischen Kapazitäten in einen Wettstreit mit großen europäischen und außereuropäischen Mächten eintreten und diesen für sich entscheiden zu können, erachten wir als gefährliche Illusion. Auch die Erwartung mit gemeinsamen Rüstungsanstrengungen und einer Militarisierung der Außengrenzen die zahlreichen innereuropäischen Differenzen und Konflikte überwinden zu können ist unseres Erachtens ein gefährlicher Trugschluss. Das wird die Differenzen weiter anheizen und innereuropäische Konflikte eskalieren.
Österreich ist aufgrund der immerwährenden Neutralität zu einer auf Frieden und Abrüstung gerichteten Politik verpflichtet. Österreich hat die ICAN - Initiative (Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen) gemeinsam mit der Zivilgtesellschaft und anderen Staaten zentral betrieben und 2016 wesentlich zu deren Erfolg beigetragen: 123 Staaten haben in der UN-Vollversammlung dem Vorschlag nach Durchführung einer Atomwaffenabrüstungskonferenz 2017 zugestimmt. Die meisten EU-Mitgliedsstaaten, außer Österreich, Irland, Malta, Zypern, die Niederlande, Schweden und Finnland haben jedoch dagegen gestimmt.
Würde Österreich jetzt den Ruf nach EU-Aufrüstung unwidersprochen lassen, würden wir diese Politik konterkarieren. Die ICAN-Initiative ist Beispiel einer auf Sicherheit durch Vertrauen gerichteten Sicherheitspolitik. Sie erfordert die Zusammenarbeit der Staaten auf Augenhöhe und die Absage an Drohgebärden. Genau diese Sicherheitspolitik muss heute auf die Tagesordnung gesetzt werden. Österreich ist prädestiniert dafür.
Wie auch immer wir zur EU stehen, der Forderung nach Aufrüstung und Militarisierung muss entgegengetreten werden. Viele haben Sie gewählt, weil sie sich von Ihnen eine auf Frieden und Menschlichkeit gerichtete Politik erwarten. Viele Menschen erwarten sich, dass Sie als Bundespräsident des neutralen Österreichs hier eindeutig Stellung nehmen. In diesem Sinne ersuchen wir um eine Antwort.
UnterstützerInnen:
Maria Ackwonn-Hirnschall, Linz
Dr. Traudlinde Aigner, Hohenau an der March
Franz Felix Astl, Weiz
Walter Binder, Wels
Klaus Brandhuber, Bürmoos
Hans Breuer, Musiker/Schafschäfer, Wien
Ing. Christoph Daill, Leonding
Dr. Brigitte Dohl, Pensionistin, Brunn am Gebirge
Maria Fellner, Vogau
Andreas Fuchs, Graz
Mag. Sonja Henisch, bildende Künstlerin, Wien
Margarete Hofstadler Reichenau i. Mühlkreis
Gisela Hollborn, Tullnerbach
Horst Huemer, Arbeiterbetriebsrat Boschrexroth GmbH, Linz Wilhelm Jurak, Kalsdorf
Fiona Kaiser, Vorsitzende SJ OÖ, Sozialarbeiterin, Linz
Heidemarie Kaufmann Benjamin, Trofaiach
Dr. Matthias B. Lauer, Bundesvorsitzender Arbeitsgemeinschaft Christentum und Sozialdemokratie, Innsbruck
em. O. Univ.-Prof. Dr. Reinhard Kleinknecht, Univ. Salzburg
Dr. Werner Krotz, Pensionist, Pressbaum
Ing. Wilhelm Lebar, Behamberg
Raimund Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt Österreich, St. Leonhard Zita Logar, Wien
Dr. Gert Lyon, Graz
Helmut Muigg, Sozialdemokratische FreiheitskämpferInnen Tirol, Innsbruck
Susanne Müller, Alkoven
Robert Müllner, Arbeiterbetriebsratsvorsitzender, AK-Salzburg Vorstandsmitglied
Angelika Niedetzky, Wien
Dr. Hans Peter Öfferlbauer, Wels
Mesut Onay, Gemeinderat Innsbruck
Matthias Reichl, Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit, Bad Ischl
Dr. Thomas Roithner, Privatdozent für Politikwissenschaft an der Universität Wien, Friedensforscher und Journalist
Dr. Norbert Rozsenich, Sektionschef i.R.Dr, Wien
Dr. Guido Rüthemann. Krankenhausseelsorger, Kirchberg-Thenning
Margret Sapinsky, Ulmerfeld
Winfried Schenk, Wien
Dr. Rudolf Scheutz, Universität Salzburg
Johann Schlöglhofer, Kematen an der Ybbs
Irmgard Schmidleithner, eh. ÖGB Vize-Präsidentin, eh. ÖGB-Frauenvorsitzende, Neuhofen/Krems
Rudolf Schober, Gemeinderat Ottensheim
Helmut Seidl, Pöllauberg
Norbert Seyfried, Wien
Franz Sölkner, Friedensplattform, Thal bei Graz
Heinz Spindler, Weitra
Eveline Steinbacher, Linz
Sylvia Stern, Dipl. Sozialarbeiterin /Betriebsrätin
Univ. Doz. Dr. Kurt Stoschitzky, Graz, Universitäts-Klinik für Innere Medizin
Johanna Weichselbaumer, Alkoven
Waltraud Weiss, Wels
Hubert Weymayer, Gewerbetreibender, Steyr
Rainer Zendron, eh. Vizerektor Kunstuniversität Linz
Maria Ziesler, Politikwissenschaftlerin, Pöllauberg