ImageJohanna Weichselbaumer hat als engagierte Bürgerin und als eine von zahlreichen UnterstützerInnen der Petition "Keine österreichischen SoldatInnen nach Libyen" unterschrieben und an Herrn Bundeskanzler Faymann gerichtet. Vom Bundeskanzleramt erhielt sie eine für sie mehr als unbefriedigende Antwort, da dieses wiederum genau all jenes enthielt, wogegen sie in der Petition unterschrieben hat. Sie sendet ihre Antwort an den Kanzler als offenen Brief.

 

 

Offener Brief! 


Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Faymann! Sehr geehrter Herr Dr. Putz!  

Mit großer Verwunderung habe ich Ihren Brief als Antwort, auf eine E-Mail von mir, erhalten. Auf den Inhalt Ihres Briefes rückschließend, vermute ich, dass Sie meine Adresse einer Unterschriftenliste entnommen haben. 

Nun werde ich die Gelegenheit wahrnehmen und Ihnen meine Meinung mitteilen.

Die, von Ihnen geschriebene Information bezüglich des eventuellen Auslandseinsatzes beinhaltet wiederum genau all das, wogegen ich unterschrieben habe.

Was Sie als humanitären Einsatz bezeichnen ist nichts anderes, als bis auf die Zähne bewaffnete Soldatinnen und Soldaten, die auf Befehl oder mitunter auch ohne Befehl schießen werden, zu entsenden. Dies ist eine ganz klare Kriegsbeteiligung, keine Friedensmission sondern eine Kriegsmission. Darum wäre dieser Einsatz klarerweise mit unserer vertragsgemäßen Neutralität absolut nicht vereinbar. All das wissen Sie ja sehr wohl selbst. Durch die Genehmigung der Durchfuhr von Kriegsgerät durch unser Land hat sich die Regierung sowieso schon indirekt mitschuldig gemacht.  

Wie man ja mittlerweile weiß, sind Vorwände für eine Intervention schnell gefunden, wenn man gezielt daran arbeitet und dann medial monströs ausarbeitet. 

Sie schreiben, Österreich hat sich bei zahlreichen humanitären Einsätzen einen international hervorragenden Ruf erworben. Natürlich kommt es immer darauf an nach welchen Werten dieser Ruf bemessen wird. Wirklich stolz könnten wir sein, wenn wir auf Basis unserer Neutralität, die vielen Möglichkeiten von gewaltfreien Konfliktlösungen wahrnehmen würden, Brücken bauende Gespräche fördern würden etc. Das wäre dann, so wie Sie schreiben, eine solidarische Mitwirkung auf Basis unserer Neutralität.

Ist der Einsatz gewinnbringend und kann sich die EU wieder in ein von ihr zerstörtes Land reinsetzen, dort mitbestimmen, nein, bestimmen und kontrollieren zu ihren Gunsten. Es ist noch bei keinem Einsatz um den Schutz der Zivilbevölkerung gegangen, das Ziel war immer die Macht und Habgier der Großmächte zu befriedigen. Die unbequemen Machthaber werden rausgebombt und beugsame, gefügige reingebombt. So gefügig, wie die österreichische Regierung die auch immer wieder brav und folgsam nach der EU-Pfeife tanzt und ja nicht aus der Reihe tanzen will.

Ich brauche nicht weit zurückdenken. Zu nahe ist noch die Zeit als Jugoslawien auf grausame, hinterlistige Weise zerstört wurde. Auch hier hat Österreich Beträchtliches dazu beigetragen. Falsche Informationen wurden am laufenden Band medial verbreitet und Vorurteile gezielt verstärkt um diesen brutalen Einsatz vor der Bevölkerung zu rechtfertigen. Ein zerstörtes, gespaltenes Land wurde hinterlassen, abhängig und kontrolliert von den Westmächten. Weite Landstriche sind auf ewig verseucht von der Uranmunition des NATO-Bombardements. So auch in Libyen. Nach neuesten Berichten wurde von Anfang an mit Uranmunition bombardiert. Und solche Gräueltaten bezeichnet man als einen Einsatz zum Schutze der zivilen Bevölkerung. Es ist eine internationale Schande und auf was bitte soll die österreichische Regierung stolz sein.

Sie schreiben, selbstverständlich will unser Land versuchen, auch im schweren Konflikt in Libyen nicht abseits zu stehen, wenn es um die Linderung menschlichen Leids geht. Das menschliche Leid wurde erst durch den Militäreinsatz rapide ausgelöst und vorangetrieben.  

Jeder Versuch von Friedensverhandlungen auch seitens der Afrikanischen Union wurde mit Bomben der NATO beantwortet. Und warum wohl? Die ausgesuchte Führung der Aufständischen wird schön folgsam mit den Westmächten zusammenarbeiten. Wenn Gaddafi bleiben würde, bestünde ja die Gefahr, dass Afrika auf dem Weg zur Unabhängigkeit schneller vorankommt, als es euch lieb ist. Wenn viele der Rebellen wissen würden, dass sie nur die Drecksarbeit für die Westmächte ausführen und ihr Land in dessen Hände verspielt, würden sie umgehend anders handeln.

Sie meinen, Österreich würde auch an der sicheren Evakuierung von Flüchtlingen mithelfen. Soll doch die christliche Seite des Abendlandes nicht ganz zu kurz kommen!

Wie man vom Militäreinsatz in Kosovo weiß, wurden die Flüchtlingsströme erst durch die massive Bombardierung seitens der NATO ausgelöst und so ist es auch in Libyen. Wer würde nicht aus einem Land fliehen, das nun schon über 100 Tage von unzähligen Bombenangriffen erschüttert, zerstört und verseucht wird. Bezüglich der sicheren Evakuierung von Flüchtlingen möchte ich noch in Erinnerung rufen, dass die österreichische Regierung die sichere Abhaltung und Verwahrung von Flüchtlingen aus Afrika an der libyschen Grenze stillschweigend mitgetragen hat. Dafür war das libysche Regime gegen Bezahlung seitens der EU gut genug. Bekannt ist, dass die Flüchtlinge unter den fürchterlichsten Bedingungen in Auffanglager gepfercht und dementsprechend behandelt wurden. Abgesehen davon werden in unserem Land Flüchtlinge auch nicht gerade sehr menschenfreundlich behandelt und willkommen geheißen, sondern zu ihrem schlimmen Schicksal das Leben hier bei uns auch noch zusätzlich erschwert. Einerseits hilft unsere Regierung mit die FRONTEX zu verstärken, immer schwerer überwindbare Mauern um das christliche Europa aufzuziehen, andrerseits will geholfen werden.

Wie passt das alles zusammen? Hier könntet Ihr Euch stark machen und eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik in Bewegung setzen. Zuallererst aber durch ein vorbildhaftes Handeln im eigenen Land hervortun!

Im Hinblick auf die derzeitige Lage in Libyen wird sich höchstwahrscheinlich die folgenschwere, neutralitätswidrige Entsendung von Bodentruppen erübrigen.

Doch möchte ich zum Schluss noch einmal darauf zurückkommen und Sie auf Ihre große Verantwortung hinweisen, in Zukunft nicht mehr EU konform mit zumarschieren, sondern, wie anfangs schon betont auf Basis unsere Neutralität wirklich solidarisch zu handeln! Dann können wir mit Recht stolz auf unser Land sein!

In diesem Sinne

Johanna Weichselbaumer

Antwortschreiben des Bundeskanzleramtes zur Petition