"Die Waffen nieder!" war das Motto unter dem die Friedenswanderung der Solidarwerkstatt Österreich, am 1. September 2019, anlässlich des Beginns des 2. Weltkriegs in St.Valentin stattfand. Hier die Rede von Boris Lechthaler (Solidarwerkstatt Österreich) bei der Abschlusskundgebung.

Liebe Freundinnen und Freunde

Folgt man der offiziellen Geschichtsschreibung, dann hat heute vor 80 Jahren der II. WK begonnen.

Manche bezweifeln dies.

Manche argumentieren, erst mit dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 sei dieser Krieg zu einem Weltenbrand geworden.

Manche schieben das Datum auf den Kriegseintritt der USA im Dezember 1941.

Wie auch immer.

Jedenfalls stehen wir hier vor den Überresten einer Waffenfabrik, die ihren geplanten Ausstoß an Kriegsgerät erst erreichte, als der Weltenbrand bereits voll im Gange war.

Liebe Freundinnen und Freunde,

folgen wir den Ausführungen des Historikers Josef Reisinger, so erkennen wir, dass erst im Laufe des Jahres 1942 das Produktionsziel an kampffähigen Panzern in diesem Werk, vor dessen Resten wir heute stehen, langsam erreicht wurde. Das ist noch vor Stalingrad und Kursk, aber bereits nach der Schlacht vor Moskau. Es ist nach der Selbstbehauptung Großbritanniens und nach dem Kriegseintritt der USA. Blitzkrieg, das war bereits eine Episode der Geschichte.

Das Tragikomische hier an diesem Ort ist tatsächlich. Er wurde zu einem Zeitpunkt relevant, an dem, so urteilen heute alle ernstzunehmenden Historiker, bereits entschieden war, dass das NS-Regime nicht überleben wird.

Das ist die Sicht auf die Ereignisse von heute aus. Wie haben jene, die für die Errichtung dieses Panzerwerks verantwortlich waren, die Sache gesehen?

General Franz Halder, Generalstabschef des deutschen Heeres, schrieb am 3. Juli 1941 in sein Tagebuch: „Es ist wohl nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte, dass der Feldzug gegen Russland innerhalb von 14 Tagen gewonnen wurde.“ (zitiert nach Gerhard Weinberg, Eine Welt unter Waffen, Deutsche Verlagsanstalt 1995, S. 297)

„Am 14. Juli 1941 befahl Hitler, das Rüstungsprogramm wieder auf den Ausbau der Luftwaffe und der Kriegsmarine zu konzentrieren, die sowohl beim direkten Angriff auf Großbritannien und seine Schiffe im Atlantik als auch beim Angriff auf den britischen Herrschaftsbereich im Nahen Osten zum Einsatz kommen sollten.“ (ebd. S 299)

Diese Entscheidung war mitverantwortlich, dass sich das Anlaufen der Produktion hier in diesem Werk verzögerte.

(„Die gewaltige Überwasserflotte , für deren Schiffe die Produktionsaufträge nun reaktiviert wurden, sollte mit Treibstoff aus den eroberten russischen Ölquellen versorgt werden. Endlich würde man über die Mittel verfügen, die Werkzeuge für den erwarteten Krieg gegen die Vereinigten Staaten nicht nur zur schmieden, sondern auch einzusetzen.“ (Ebd S. 299))

Zu einem Zeitpunkt, an dem nach vernünftigem Ermessen die Sache bereits entschieden war, ist das Morden erst richtig in die Gänge zu gekommen:

„Bis Februar 1942 waren von den 3,9 Millionen sowjetischen Soldaten, die bis dahin in deutsche Gefangenschaft geraten waren, etwa 2,8 Millionen nicht mehr am Leben. Mindestens eine Viertelmillion war erschossen worden; die anderen waren an den entsetzlichen Bedingungen gestorben, die in den deutschen Kriegsgefangenenlagern herrschten.“ (G. Weinberg, S. 333)

Hunderttausende ließ man verhungern. Hunderttausende starben an Typhus und anderen Krankheiten.

Erst als die NS-Führung zur Kenntnis nehmen musste, dass es mit den schnellen Siegen vorbei ist, wurden sogenannte „hilfswillige Kräfte“ rekrutiert. Der Massenmord an den Juden genoss dennoch weiterhin oberste Priorität.

Liebe Freundinnen und Freunde,

welche war die entscheidende Schlacht, die das Kriegsglück zuungunsten des Aggressors wendete: war es die Landung in der Normandie 1944, war es Kursk, Stalingrad, Moskau, El Alamein, die Luftschlacht um England oder gar bereits bei Dünkirchen 1940. Die Liste liesse sich fortsetzen.

Ich meine, es lässt sich mit Fug und Recht behaupten, der Krieg war für die Aggressoren bereits zu jenem Zeitpunkt verloren, an dem jene, die ihn schmiedeten und zur obersten Priorität ihrer Politik erklärten, an die Macht kamen.

Dieser Krieg war mitunter zunächst ein einfacher imperialistischer Krieg. Spätestens mit dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 wurde er zum Vernichtungskrieg. Zu einem Krieg, mit dem die Vorstellung von der Ungleichwertigkeit der Menschen, ja der Wertlosigkeit ganzer Völker durchgesetzt werden sollte. Es war ein Krieg, der die Vorstellung von der Gleichwertigkeit der Menschen und der Durchsetzung gleicher Lebensbedingungen für Millionen Menschen, die nach dem ersten Weltkrieg mit Macht auf die politische Weltbühne drängten, in Massengräbern begraben sollte.

Das Gegenteil ist eingetreten: Der II. WK wurde zum Katalysator der Vorstellung von der absoluten Gleichwertigkeit der Menschen und mit jedem Sieg über die Aggressoren wurde deutlicher, dass eine Zeit kommen werde, in der diese Vorstellung mit einer Politik der Durchsetzung gleicher Lebenschancen für alle verknüpft werden muss.

Diese Einsicht hat Millionen nicht davor bewahrt, dass sie Opfer der in Gang gesetzten Gräuel wurden. Die Einsicht allein gibt noch keine Garantie des Überlebens.

Liebe Freundinnen und Freunde,

nicht nur die Vorstellung von der Gleichwertigkeit der Menschen wurde zu einer bestimmenden Kategorie der Politik, auch die Vorstellung von der Gleichwertigkeit der Staaten. Der II. WK war ein Katalysator für die Weiterentwicklung des Völkerrechts und die Gründung der Vereinten Nationen. Das Schicksal einer Nation sollte nicht mehr allein von der militärischen Macht ihres Staates abhängig sein.

Die Wiederrichtung der Republik Österreich, die Garantie seiner Unabhängigkeit durch die Signatarstaaten des Staatsvertrages und der Beschluss über die immerwährende Neutralität sind Ausdruck der Durchsetzung dieser Haltung.

Wir müssen jedoch heute, 80 Jahre nach Beginn des II WK zur Kenntnis nehmen, dass von verschiedenen Seiten an diesen Prinzipien heftig gerüttelt wird.

Auch unser Bundespräsident polemisiert gegen die Kleinstaaterei und auf allen Kanälen und in allen Gazetten wird beschworen, dass nur ein auch militärisch geeintes Europa unser Überleben im 21. Jhdt. sichern könne. Es gelte mit einer Stimme zu sprechen und, so muss man hinzufügen, mit einer Faust zuzuschlagen. Insbesondere gelte das heute wieder gegenüber Russland, dass eine Bedrohung für den Frieden in Europa sei.

Österreich ist heute Mitglied der Europäischen Union und beteiligt sich auch an der sogenannten „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“, dem Instrument zur Herausbildung eines militarisierten Kerneuropas.

Wir sind heute, 2019, mit einer Reihe von Konflikten in Europa konfrontiert: Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Transnistrien, Ukraine, Donetsk, Lugansk, Krim, Südossetien, Abchasien. Auch im Westen sind Konturen derartiger Konflikte erkennbar: Schottland, Nordirland, Katalonien. Die EU kann diese Konflikte nicht lösen, weder militärisch noch politisch.

Wir brauchen einen Neustart im Sinne der Formel eines Gemeinsamen Hauses Europa, unter Einschluss Russlands, um diese Konflikte bearbeiten zu können.

Österreich wäre auf Grundlage seiner Neutralität prädestiniert, hier als Katalysator zu wirken. Damit Österreich aber als ehrlicher Makler für einen solchen Neustart wirken kann, bedarf es des konsequenten Bruchs mit der Unterordnung unter die Militarisierung der EU. Die rechtlichen Verpflichtungen, die Österreich dabei eingegangen ist, müssen zurückgenommen werden, Insbesondere auch die Teilnahme am Sanktionenregime der EU, z. B. gegen Russland.

Liebe FreundInnen und Freunde,

Neutralität kann Brücken bauen. Ich möchte Euch deshalb heute bereits dazu einladen und zur Beteiligung an unsere Aktion zum Nationalfeiertag in Wien:

„Ja zu Neutralität – Nein zur EU-Kriegsunion!“ am Nationalfeiertag, den 26. Oktober 2019!“

aufrufen.

Militärblöcke spalten! Neutralität verbindet!
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
Es lebe ein freies, solidarisches, neutrales und weltoffenes Österreich!

Boris Lechthaler (1. September 2019, St. Valentin)

Bitte Petition unterstützen:
Ja zur Neutralität - Nein zur EU-SSZ!
Hier online
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