Mitten in der sich ausbreitenden Sozialkrise will die türkis-grüne Regierung die Militärausgaben heuer um fast 10 Prozent nach oben katapultieren. Das ist surreal und zynisch – aber leider nicht überraschend.


Am 15. Mai verkündete die Parlamentskorrespondenz: Die Militärausgaben sollen nach dem bisherigen Budgetentwurf im Jahr 2020 um 9,9% wachsen. In absoluten Zahlen heißt das: ein Wachstum von 229,5 Millionen auf 2.545,7 Millionen Euro. Einschließlich der geplanten Erhöhung für 2020 werden die Militärausgaben damit im Zeitraum 2015 bis 2020 um 33% ansteigen. Bemerkenswert ist die Beschleunigung dieser Zunahme unter türkis-grün im Vergleich zur türkis-blauen Vorgängerregierung. Doch damit nicht genug: Der Geldregen wird darüber hinaus weitergehen, da eine Reihe von Sonderbudgets für den Zeitraum 2020 bis 2023 geschnürt werden, z.B. 300 Millionen für Investitionen in neue Kampfhubschrauber, 470 Millionen in die „Erhöhung der Einsatzbereitschaft“ (1).

BM Tanner freut sich „über das höchste Militärbudget seit Langem“ (1). Angesichts dessen, dass in der Coronapandemie und der sich nun ausbreitenden Sozialkrise alle Ressourcen auf die Bekämpfung von Armut und die Stärkung unseres Gesundheitssystems konzentriert werden müssten, ist diese Jubelmeldung von Verteidigungsministerin Tanner surreal und zynisch. Trotzdem kommt diese Erhöhung der Militärausgaben nicht überraschend: Österreich ist Ende 2017 der „Ständig Strukturierten Zusammenarbeit“ (EU-SSZ/Pesco) beigetreten und hat sich damit zur Teilnahme an globalen EU-Militärmission und zur ständigen Erhöhung des Militärbudgets verpflichtet. Letzteres wird Jahr für Jahr von der EU-Verteidigungsagentur evaluiert. Wer nicht genug aufrüstet, riskiert den Rauswurf aus der EU-SSZ – und damit eine schmähliche Degradierung in der EU-europäischen Hackordnung. Außerdem stellt Österreich ab 1. Juli 2020 für ein halbes Jahr lang 600 SoldatInnen für die EU-Battlegroups. Damit ist Österreich im 2. Halbjahr 2020 möglicherweise nur wenige Tage von einem Kriegseinsatz auf anderen Kontinenten entfernt. Denn diese Truppen stehen „stand by“, d.h. sie müssen innerhalb weniger Tage in einem Einsatzradius, der von Zentralafrika bis zum Kaukasus reicht, gefechtsbereit sein, sobald sie der Zuruf des EU-Rats erreicht.

Für solche Militäreinsätze braucht es auch die laufende Aufstockung der Rüstungsinvestitionen, die laut EU-SSZ-Verpflichtung zumindest 20% der gesamten Militärausgaben umfassen sollen. Auch im Bereich der Rüstungsforschung will die türkis-grüne Bundesregierung aufs Gaspedal drücken, denn diese müssen laut EU-SSZ-Verpflichtung zumindest 2% der Militärausgaben ausmachen.

Ein Vergleich ist aufschlussreich: Um in der EU-SSZ mitzumischen, soll das Militärbudget heuer um 9,9% steigen. Um die Defizitkriterien des EU-Fiskalpakts einzuhalten, musste sich Österreich seinerzeit zur Deckelung der Gesundheitsausgaben verpflichten. Sie dürfen daher maximal um 3,2% im Jahr wachsen, nicht einmal ein Drittel des für 2020 geplanten Zuwachses beim Militär. Das zeigt die Prioritäten in EU-Europa: Soziales deckeln, Militärisches ankurbeln.

Kämpfen wir dafür, dass es in die entgegengesetzte Richtung geht:

> Nie wieder kürzen bei Gesundheit und Pflege – Weg mit dem Deckel!
> Arbeitslosengeld rauf auf 80%!
> Ja zur Neutralität – Nein zur EU-SSZ!

Quelle:
(1) Parlamentskorrespondenz, 15.5.2020