Rede von Raffael Schöberl, Vorsitzender des KZ-Verbandes - Bund der AntifaschistInnen OÖ bei der Mahnwache "Frieden für Palästina - Waffenstillstand sofort!" am 24.11.2023 in Linz.
Liebe Linzerinnen und Linzer,
liebe Freundinnen und Freunde!
In den vergangenen Wochen hat der Konflikt im Nahen Osten wieder dramatisch an Intensität zugenommen. Die unheilvolle Eskalation der Gewalt durch die Attackender Hamas und Israels Angriff auf den Gazastreifen hat zu einer beispiellosen wieauch verheerenden humanitären Krise in Gaza und auch im Westjordanlandgeführt. Als Landesvorstand des KZ-Verband/VdA OÖ sehen wir uns daher in derVerantwortung, eine Stellungnahme zu den aktuellen Entwicklungen abzugeben.
Für den KZ-Verband/VdA OÖ ist es eine Selbstverständlichkeit, den Angriff der Hamas und anderer palästinensischen Milizen am 7. Oktober, bei dem Zivilistinnen und Zivilisten in Israel getötet und verschleppt wurden, zu verurteilen.
Als Landesverband Oberösterreich der AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus gehört der konsequente Kampf gegen Antisemitismus zur Identität unserer Organisation. Doch dazu gilt es folgendes klarzustellen: Der Angriff der Hamas darf nicht als Rechtfertigung für den rücksichtslosen Krieg Israels gegen die Zivilbevölkerung Gazas herangezogen werden. Und für uns steht fest, dass eine Kritik an der israelischen Besatzungs- und Kriegspolitik keineswegs mit Antisemitismus gleichzusetzen ist.
Das derzeit geschaffene Klima, in dem sich Friedensaktivistinnen und -aktivisten, die versuchen, die Situation in Nahost zu kontextualisieren, und Menschen, die sich mit der Sache Palästinas solidarisieren, mit den schwerwiegenden und gleichermaßen haltlosen Vorwürfen konfrontiert sehen, Antisemitismus zu verbreiten sowie die Gräueltaten der Hamas zu verharmlosen, ist höchst besorgniserregend. Derartige Vorverurteilungen bringen den notwendigen Kampf gegen Antisemitismus in Misskredit. Der notwendige Kampf gegen jeglichen Antisemitismus darf auch nicht dazu benützt werden, allgemein Stimmung gegen Migrantinnen und Migranten sowie Musliminnen und Muslime zu machen bzw. diese unter Generalverdacht zu stellen.
Mittlerweile seit Jahren hält eine Blockade des Gazastreifens an, aktuell begleitet von einer massiven militärischen Offensive seitens Israels. Diese andauernde Gewalt hat verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung. Leid, Elend und Tod zehntausender Palästinenserinnen und Palästinensern, unter ihnen Kinder, Jugendliche, alte und kranke Menschen, werden bewusst in Kauf genommen. Tausende Kinder kamen Berichten zufolge durch Israels Bombenkrieg bereits ums Leben, rund zwei Drittel der mehr als 14.000 getöteten Palästinenserinnen und Palästinenser dürften Frauen und Kinder sein – und es werden stündlich mehr. Oder um es mit anderen Worten zu sagen: Alle zehn Minuten wird im Gazastreifen ein Kind ermordet.
Dieser Verlust von Menschenleben und die Zerstörung der zivilen Infrastruktur durch die israelischen Angriffe dürfen nicht länger schweigend toleriert werden. Auch im Westjordanland herrschen seit geraumer Zeit untragbare Lebensbedingungen für die palästinensische Zivilbevölkerung. Sie werden dort wiederholt Opfer von fortwährenden Übergriffen und Gewalttaten durch israelische Siedlerinnen und Siedler wie auch durch israelische Besatzungssoldaten. Die Tatsache, dass das rücksichtslose Vorgehen Israels gegen die palästinensische Zivilbevölkerung mit Unterstützung der USA, der NATO und großen Teilen der EU geschieht, ist vollkommen inakzeptabel. Österreich trägt am entsetzlichen Leid der palästinensischen Bevölkerung Mitschuld, indem es sich in der UN- Vollversammlung der Zustimmung zum Krieg anschloss.
Während mehr als zwei Drittel der UNO-Mitgliedsstaaten eine sofortige Waffenruhe für Gaza forderte, scherte eine kleine Minderheit aus – darunter auch das offizielle Österreich. Zusammen mit 13 anderen Ländern lehnte die österreichische Vertretung eine Waffenruhe im Gazastreifen ab – eine Waffenruhe, die, so der Resolutionstext, Voraussetzungen für ein nachhaltiges Ende aller Feindseligkeiten in Übereinstimmung mit den Völker- und Menschenrechten schaffen könne. Damit hat die türkis-grüne Bundesregierung großes Unrecht getan. Das Abstimmungsverhalten spiegelt die Gleichgültigkeit der österreichischen Verantwortungsträger gegenüber den humanitären Aspekten dieses Konflikts wider. Der Konflikt im Nahen Osten hat bereits unzählige Leben gefordert und zu entsetzlichem Leid geführt, insbesondere unter der Zivilbevölkerung. In dieser Situation die Notwendigkeit eines langfristigen Waffenstillstands zu betonen, ist ein legitimer und notwendiger Standpunkt, der von vielen Ländern und der UN-Resolution unterstützt wird.
Österreich, als ein neutrales Land, hat eine historische Verantwortung, sich konsequent für eine friedliche Lösung von Konflikten einzusetzen. Als KZ- Verband/VdA OÖ fordern wir daher nachdrücklich eine unverzügliche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Neutralität und die aktive Verfolgung einer Politik des Friedens und der Diplomatie. Der KZ-Verband/VdA OÖ verurteilt die einseitige Parteinahme des offiziellen Österreichs in aller Schärfe. Die österreichischen Verantwortungsträger müssen stattdessen alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um den mörderischen Krieg im Gazastreifen sofort zu beenden.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. Es mangelt an Nahrung, Wasser und Energie. Symbolische Hilfstransporte sind bei weitem nichtausreichend und können das Leiden vor Ort nicht lindern. Die Menschen in diesemäußerst dicht besiedelten, von Armut, Elend und Arbeitslosigkeit geplagten Gebietwerden zu Geiseln in einem grausamen und tödlichen Spiel gemacht und vor denAugen der Welt spielt sich eine beispiellose menschliche Katastrophe ab.Israel ist zudem einer der wenigen Staaten weltweit, in dem auch Kinder vorMilitärgerichte gestellt werden. Insgesamt sitzen derzeit rund 7.200Palästinenserinnen und Palästinenser in israelischen Gefängnissen. Bereits vordem Angriff der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen auf Israel am 7. Oktoberbefanden sich rund 5.200 Palästinenserinnen und Palästinenser, darunter ebenauch zahlreiche Kinder, in israelischen Haftanstalten.
Damit muss endlich Schluss sein!
Ein dauerhafter Frieden in Palästina und Israel ist nur möglich, wenn Israel seine Besatzungs- und Vertreibungspolitik beendet. Der KZ-Verband/VdA OÖ fordert deshalb die sofortige Einstellung der israelischen Siedlungsaktivitäten sowie deren Rückbau, das Ende von Vertreibungen und Annexionen, den Rückzug der israelischen Streitkräfte aus den besetzten Gebieten, die Beendigung der Belagerung und Blockade des Gazastreifens, die Anerkennung des Rückkehrrechts für palästinensische Flüchtlinge, volle Bürgerrechte für die arabische Bevölkerung in Israel und ein Ende der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen sowie auf syrisches und libanesisches Gebiet.
Die Bestrebungen der aktuellen rechten Regierung Israels, die Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens zu vertreiben und umzusiedeln, müssen auf’ Schärfste verurteilt werden. Die Attacken auf die israelische Friedensbewegung, die für Versöhnung und ein friedvolles Miteinander eintritt, sind sofort zu beenden. Für uns als KZ-Verband/VdA OÖ sind Frieden und Völkerfreundschaft unerschütterliche Grundprinzipien unserer Programmatik. Unsere Überzeugung besteht darin, dass die Lösung dieses verheerenden Konflikts in der Schaffung eines unabhängigen, souveränen und lebensfähigen palästinensischen Staates innerhalb der Grenzen von 1967 liegt, mit Ostjerusalem als Hauptstadt. Diese Herangehensweise entspricht den Prinzipien der Zwei-Staaten-Lösung, wie sie in der Resolution 181 (II) der Vollversammlung der Vereinten Nationen vom 29. November 1947 sowie weiterer UNO-Resolutionen, die für die Zwei Staaten Lösung stehen.
Freiheit für Palästina! – Hoch die internationale Solidarität!
Hinweis:
Solidarwerkstatt-Dossier zum Krieg in Palästina
Weiterlesen