„Invalide wurden wir durch die Rotationsmaschinen, ehe es Opfer durch Kanonen gab. “ (Karl Kraus)

Diese folgenden Beispiele dokumentieren, wie durch Lügen, Aktionen „unter falscher Flagge“ bzw. unbewiesenen Behauptungen Vorwände für Kriege inszeniert wurden. Dieser Beitrag soll uns sensibel machen, um nicht vorschnell auf Kriegspropaganda hereinzufallen und uns vor Dämonisierungen zu hüten. Und vor allem: Stellen wir immer wieder die Frage: Cui bono – wem nutzt es?

Überblick:
1) 2. Weltkrieg: Seit 5.45 Uh wird zurückgeschossen."
2) Vietnam: Der "Tongkin"-Zwischenfall
3) Irak: Von der "Brutkastenlüge" zur Lüge von den "Massenvernichtungswaffen "Massenvernichtungswaffen
4) Jugoslawien: Vom "Racak-Massaker" zum "Hufeisenplan"
5) Afghanistan: Bomben statt Beweise
6) Libyen: "Keine Bestätigung dafür"
7) Ukraine: Wer mordete am Maidan?
8) Syrien: Giftgas "wem nützt das?"

2. Weltkrieg: „Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen.“

kriegluegen polen 2Im April 1939 gab Hitler Anweisung an die Wehrmacht zur Ausarbeitung eines Kriegsplanes gegen Polen. In einer Ansprache vor den Oberbefehlshabern der Wehrmacht gab Hitler am 22. August 1939 schließlich grünes Licht für den Angriff: „Es besteht jetzt die Möglichkeit, einen Stoß ins Herz von Polen zu führen. Der militärische Weg ist nach menschlichem Ermessen frei. Das Ziel ist die Beseitigung und Zerschlagung der militärischen Kraft Polens.“ Hitler deutete in dieser Rede auch an, dass man für einen geeigneten Vorwand für den Überfall sorgen werde: „Die Auslösung des Konfliktes wird durch eine geeignete Propaganda erfolgen. Die Glaubwürdigkeit ist dabei gleichgültig, im Sieg liegt das Recht“ (1).

Sender Gleiwitz

Am 10. August 1939 hatte der Chef des Sicherheitsdienstes Reihnard Heydrich dem SS-Sturmbannführer Alfred Naujocks befohlen, einen Anschlag auf die Radiostation bei Gleiwitz in der Nähe der polnischen Grenze vorzutäuschen und es so erscheinen zu lassen, als seien Polen die Angreifer gewesen. Laut Naujocks hatte Heydrich gesagt: „Ein tatsächlicher Beweis für polnische Übergriffe ist für die Auslandspresse und für die deutsche Propaganda nötig.“ (2) Am 31. August 1939 fingierten SS-Einheiten Aktionen mit dem Tarnnamen „Unternehmen Tannenberg“ den Überfall auf den Sender Gleiwitz. Gegen 20 Uhr des 31. August 1939 drang Naujocks dann mit einigen SS-Leuten, die als polnische Kämpfer verkleidet waren, in das Sendegebäude des Senders Gleiwitz ein, überwältigten die Besatzung und brachten sie gefesselt in einen Kellerraum. Dann strahlten sie eine fingierte kurze Sendung aus, in der in deutscher und polnischer Sprache zu einem angeblichen Aufstand der polnischen Minderheit aufgerufen wurde. Nach wenigen Minuten verschwanden die SS-Leute wieder. Sie ließen einen Toten zurück, den 41-jährigen Oberschlesier Franciszek Honiok. Seine Leiche sollte als Beweis für einen angeblichen polnischen Überfall in der Sendeanlage dienen. Der bei der Gestapo als polenfreundlich bekannte Vertreter für Landmaschinen war erst am Vortag in einem Nachbardorf von Gleiwitz verhaftet und von der SS ermordet worden, da eine Person als angeblicher Täter benötigt wurde, der man einen Überfall auf den Sender und eine antideutsche Rede im Rundfunk zutraute.

„Kriegsfackel“

Bereits um 22.30 Uhr berichtete erstmals der Reichsrundfunk über den Überfall auf den Sender Gleiwitz und andere Grenzzwischenfälle. Am nächsten Tag erschien in der gesamten deutschen Presse die Meldung vom angeblichen Überfall. Der Völkische Beobachter schrieb unter der Überschrift „Der unerhörte Bandenüberfall auf den Sender Gleiwitz“, dass sich „die polnische Meute“ dazu habe „hinreißen lassen, die Reichsgrenze zu überschreiten, einen deutschen Sender zu überfallen und die Kriegsfackel an ein Pulverfaß zu legen, dessen Existenz vor der Geschichte die Polen einmal zu verantworten haben werden“ (3). Hitler nahm in seiner Kriegsrede am 1. September indirekt Bezug auf den Überfall und endet mit den Worten: „Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen. Und von jetzt ab wird Bombe mit Bombe vergolten.“ (4) Der 2. Weltkrieg hatte begonnen.

Quellen:
(1) ns-archiv.de: Ansprache Adolf Hitlers, Aufzeichnung Generaladmiral Boehm. In: Johannes Hohlfeld (Hrsg.): Die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur. Band V, Berlin 1953, S. 74–81.
(2) ns-archiv.de: Überfall auf den Sender Gleiwitz. In: Walther Hofer (Hrsg.): Die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges. Fischer, Frankfurt am Main 1967
(3) Völkischer Beobachter vom 1.9.1939, Münchener Ausgabe, S. 1 und 2; zit. nach Lothar Gruchmann: Totaler Krieg. Vom Blitzkrieg zur bedingungslosen Kapitulation. München 1991, S. 11 f.
(4) Adolf Hitler: Erklärung der Reichsregierung vor dem Deutschen Reichstag, 1.9.1939

 

Vietnam:
Der „Tonkin-Zwischenfall“

kriegsluegen vietnamBereits im Frühjahr 1964 hatten die US-Militärplaner detaillierte Pläne für Angriffe auf Nordvietnam. Was fehlte, war noch ein Vorwand, um Kongress und Öffentlichkeit dafür zu gewinnen. Diese wurden durch die als „Tonkin-Zwischenfall“ bezeichneten Ereignisse geliefert, die sich angeblich am 2. und 4. August 1964 im Golf von Tonkin vor der Küste Nordvietnams abspielten. Dabei sollen nach Angaben der United States Navy nordvietnamesische Schnellboote zwei US-amerikanische Kriegsschiffe, die auf DESOTO-Patrouille (Abhören des Funkverkehrs) waren, mehrmals ohne Anlass beschossen haben.

Eigentlich gab bereits fünf Stunden nach den Ereignissen der Kommandeur der DESOTO-Patrouille Captain John J. Herrick Entwarnung. Er meldete an US-Verteidigungsminister McNamara "Überprüfungen des Vorfalls lassen viele der gemeldeten Feindberührungen zweifelhaft erscheinen. ... Die meisten der Meldungen beruhen vermutlich auf wetterbedingten verzerrten Radarbeobachtungen und Übereifer bei der Echolotauswertung" (1). Doch die US-Geheimdienste hatte bereits die Propagandamaschine für den Krieg angeworfen. US-Präsident Lyndon B. Johnson ließ umgehend Nordvietnam bombardieren, drei Tage später verabschiedete der Kongress die "Tonkin-Resolution", faktisch eine Kriegserklärung und ein Blankoscheck für alle weiteren Kriegsmaßnahmen. Tatsächlich war die Kriegsresolution schon Wochen vor dem Zwischenfall vorbereitet worden.

In einem Rundfunkinterview der BBC stellte Georg Ball, der 1964 Staatssekretär im US-Außenministerium war, 13 Jahre nach diesem Vorfall fest: "Viele von denen, die mit dem Krieg befasst waren, ... haben nach einem Vorwand für die Bombardierung gesucht. ... Die DESOTO-Patrouillen dienten in erster Linie der Provokation" (2).

„Auf fliegende Fische geschossen“

1971 gab der Pentagon-Mitarbeiter Daniel Ellsberg die von ihm mitverfassten „Pentagon-Papiere“ an US-Medien und deckte durch sie die amtliche Darstellung des Zwischenfalls als bewusste Falschinformation auf. Er trug damit zur Rücknahme der Tonkin-Resolution im US-Kongress bei. Am 30. November 2005 vom US-Geheimdienst NSA freigegebene Dokumente bestätigten nochmals, dass der an US-Präsident Johnson gemeldete Angriff Nordvietnams durch einseitige Auswahl von Funkmeldungen suggeriert, also gezielt vorgetäuscht worden war. Bemerkenswertes Detail: Selbst Präsident Johnson hegte Zweifel, ob die Geheimdienstberichte über den Feuerwechsel tatsächlich glaubwürdig waren. Nach Auskunft von Georg Ball soll Johnson vor Beratern kurz nach dem Tonkin-Zwischenfall vermerkt haben: "Verdammt, diese saudummen Matrosen haben nur auf fliegende Fische geschossen" (3). Bombardiert wurde trotzdem.

Quellen:
(1) Robert S. McNamara, Vietnam – Trauma einer Weltmacht, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1996, S. 180
(2) Ebda, S. 188
(3) Frey, Marc, Geschichte des Vietnamkriegs, Beck Verlag, München 1999, S. 104

 

Irak: Von der „Brutkastenlüge“…

kriegsluegen irak1990 liefen die Kriegsvorbereitungen der USA gegen den Irak bereits auf Hochtouren. Saddam Hussein, der noch im Krieg gegen den Iran von den westlichen Großmächten mit allerlei Waffen bis hin zu Giftgas versorgt wurde, hatte seine Schuldigkeit für den Westen getan. Sein Einmarsch in Kuwait diente als Vorwand zur Mobilmachung. Allein die amerikanische Öffentlichkeit und der US-Kongress zeigten sich nicht in Kriegsstimmung. Deshalb beauftragte die im Exil befindliche kuwaitische Regierung die amerikanische PR-Agentur Hill & Knowlton damit, durch entsprechende „Medienarbeit“ die Öffentlichkeit in Kriegslaune zu versetzen.

Zynischer Höhepunkt dieser PR-Kampagne war die sog. „Brutkastenlüge“: Eine 15-jährige kuwaitische Krankenschwester berichtete unter Tränen im kriegskritischen US-Kongress vor laufenden Kameras, wie die Soldaten der irakischen Armee Babys in Krankenhäusern aus Brutkästen rissen, auf den Boden warfen und töteten. Die Rede überzeugte. Präsident George H. W. Bush erwähnte die Geschichte in den nächsten Wochen mindestens zehn Mal. Erst nach dem Krieg wurde bekannt, dass die „Zeugin“ die fünfzehnjährige Tochter des kuwaitischen Botschafters Saud Nasir as-Sabah in den USA war. Ihr Vater saß während ihrer Aussage vor dem Kongress-Komitee als Zuhörer im Publikum. Ihr Bericht war frei erfunden, sie hatte nie in dem Krankenhaus gearbeitet. Die PR-Agentur Hill & Knowlton erhielt 10 Millionen Dollar für ihr „erfolgreiches“ Kriegs-Campagning. Anfang 1992 wurde das „Brutkastenmassaker“ in einem Artikel in den New York Times als Lüge entlarvt (1). Da waren bereits hunderttausende IrakerInnen dem „Desert Storm“ und seinen Folgen zum Opfer gefallen

.… zur Lüge von den „Massenvernichtungswaffen“

Ein gutes Jahrzehnt später wurde die nächste Großlüge aufgetischt, um 2003 den Irak ein weiteres Mal anzugreifen. Am 5.2.2003 begründete US-Außenminister Powell vor der UNO den bevorstehenden US-Krieg gegen den Irak mit den angeblichen „Massenvernichtungswaffen“ von Saddam Hussein. Er legte Satellitenbilder von angeblichen Produktionsstätten für biologische und chemische Massenvernichtungswaffen vor, welche später als Computerbilder entlarvt wurden. Weiters präsentierte Powell eine Kaufvereinbarung der irakischen mit der nigrischen Regierung über waffenfähiges Plutonium, die sich ebenfalls als Fälschung erwies.

Nach dem Einmarsch wurden keinerlei Hinweise auf Massenvernichtungswaffen gefunden. 2005 bezeichnete Powell diese Rede vor der UNO als „Schandfleck meiner Karriere“ (2) und entschuldigte sich für die Irreführung. Er sei von den eigenen Geheimdiensten hinters Licht geführt worden. Powell: „Das hat mich vernichtet“. Physisch  vernichtet wurden im Irak seit der Invasion von 2003 rund eine Million Menschen (3).

Quellen:
(1) John MacArthur, "Remember Nayirah, Witness for Kuwait?“, in: NYT, 6.1.1992
(2) FAZ, 9.9.2005
(3) Näheres dazu sh. Fluchtursachen bekämpfen, nicht Flüchtlinge, Solidarwerkstatt (Hg.), Linz 2016

 

Jugoslawien: Vom „Racak-Massaker“…

kriegsluegen jugoslawienAm 16. Januar 1999 machten internationale Beobachter eine grauenvolle Entdeckung. Sie fanden in dem Dorf Racak, im zentralen Kosovo, 40 erschossene Kosovo-Albaner in Zivilkleidung. Politiker und Journalisten waren sich schnell einig: ein serbisches Massaker an kosovo-albanischen Zivilisten. Die deutschen Machteliten drängten bereits seit 1998 auf den Krieg gegen Jugoslawien, um den Balkan in einen deutschen Hinterhof zu verwandeln und der EU-Militarisierung einen neuen Schub zu geben. Das „Massaker von Racak“ lieferte den Vorwand. Anstelle von Aufklärung, was wirklich am 15./16.1.1999 in Racak geschehen war, übertraf sich die Medienlandschaft in Vorverurteilung und Dämonisierung der serbisch-jugoslawischen Seite, die schließlich ab März 1999 in einem 78-tägigen NATO-Dauerbombardement gegen die BR Jugoslawien kulminierten.

Nach dem Krieg sickerten allmählich Informationen an die Öffentlichkeit, die nahelegen, dass es sich bei den Toten um bewaffnete UCK-Kämpfer handelte, die im Gefecht mit serbisch-jugoslawischen Einheiten gefallen waren. Deren Inszenierung als wehrlose Zivilisten diente dazu, Bevölkerungen und Regierungen von NATO-Staaten, die von einem Militärschlag noch nicht überzeugt waren, für den Krieg zu gewinnen. So ergaben die Untersuchungen eines jugoslawischen und weißrussischen Teams von Gerichtsmedizinern an den Toten in Racak, dass es keinen Hinweis auf Hinrichtungen gab, im Gegenteil: die Einschusskanäle schlossen ein Hinrichtungsszenario aus und die Schmauchspuren an den Händen der Toten deuteten darauf hin, dass es sich um im Kampf gefallene Kämpfer handelte.

„Instruktionen vom deutschen Außenministerium“

Da die EU den Ergebnissen des jugoslawisch-weißrussischen Teams keinen Glauben schenkte, beauftragt diese eine finnische Medizinergruppe mit Untersuchungen der Toten. Auch das finnische Team betonte, dass es „keinen Widerspruch zu den Ergebnissen der jugoslawischen und weißrussischen Mediziner gefunden habe“ (1). Die Leiterin der Delegation, Helena Fanta, äußerte sich jedoch in einer Pressekonferenz am 17.3.1999 mehrdeutig und missverständlich über die Ergebnisse der Untersuchung. Die bereits auf Krieg getrimmte NATO- und EU-Politik interpretierten diese Aussagen als Bestätigung für die Massaker-Version. Am 24.3.1999 starteten die Bomber. Nach dem Krieg distanzierte sich Fanta von dieser Interpretation. In einem Interview mit der ARD sagte sie: „Ich bin mir bewusst, dass man sagen könnte, die ganze Szene in diesem kleinen Tal sei gestellt gewesen. Ich bin mir dessen bewusst. Denn dies ist tatsächlich eine Möglichkeit. Diesen Schluss legen unsere ersten Untersuchungsergebnisse genauso nah, wie auch unsere späteren forensischen Untersuchungen, die wir im November 1999 direkt vor Ort vorgenommen haben.“ (2).

Ranta stand offensichtlich unter gewaltigem Druck. Sie selbst bestätigt das: „Es gab natürlich Druck von verschiedenen Seiten ... Grundsätzlich habe ich in der Racak-Zeit meine Instruktionen vom deutschen Außenministerium bekommen.“ (3) Auch in ihrer Biografie beklagte sie später, es habe von offizieller westlicher Seite „Versuche gegeben, Einfluss auf ihre Untersuchungsberichte zu nehmen“. Es sei sowohl 1999 vom Leiter der OSZE-KVM, William Walker, als auch 2000 vom finnischen Außenministerium Druck auf sie ausgeübt worden, die serbische Seite für den Vorfall in Račak in schärferer Weise verantwortlich zu machen (1).

Unter Verschluss

Natürlich kommt die Frage auf, warum man auf Interpretationen des Untersuchungsberichts angewiesen ist, warum schaut man nicht einfach in diesem Bericht selbst nach, zu welchem genauen Ergebnis das finnische Team gekommen ist. Die Antwort: Die deutsche Ratspräsidentschaft stellte den Gesamtbericht des von der EU beauftragten finnischen Teams sofort unter Verschluss – bis heute! Joschka Fischer wird wissen warum

.… zum „Hufeisenplan“

Auch während des Kriegs gegen Jugoslawien wurde kräftig manipuliert. Als rund 14 Tage nach Beginn der NATO-Bombardements die Kriegsbegeisterung in der deutschen Bevölkerung spürbar nachließ, trat Verteidigungsminister Scharping martialisch vor die Kameras und präsentierte den sog. „Hufeisenplan“, der die geplante Massenvertreibung von Kosovo-Albanern durch serbisch-jugoslawisches Militär beweisen sollte. Heinz Loquai, deutscher Brigadegeneral a. D. und OSZE- Mitarbeiter, setzte sich intensiv mit diesem Plan auseinander und kam zur Erkenntnis, dass der „Hufeisenplan“ nicht vom serbisch-jugoslawischen Militär stamme, sondern in Scharpings Ministerium selbst zusammengebastelt worden sei, um eine Fortsetzung der Bombardements zu rechtfertigen (4). Als er diese Kritik öffentlich äußerte, feuerte Scharping den kritischen General aus dem OSZE-Dienst. Im April 2000 bestätigte Scharping schließlich die Recherchen von Heinz Loquai, nach denen es sich bei dem Hufeisenplan um die Zusammenfassung von Geheimdiensterkenntnissen aus zweiter und dritter Hand handelt, nicht aber um die Kopie oder das Original eines serbisch-jugoslawischen Planes. Als Erschaffer der Bezeichnung „Hufeisenplan“ wurde Oberst Karl Gunter von Kajdacsy, Referatsleiter des Führungsstabes der deutschen Streitkräfte, genannt.

Quellen:
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Ra%C4%8Dak
(2) Monitor, 8.2.2001
(3) Helena Ranta im Interview mit Jungle World, 17.3.1999
(4) Heinz Loquai, Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg, Baden-Baden 2000

 

Afghanistan: Bomben statt Beweise

kriegsluegen afghanistanAm 7. Oktober 2001 starteten die USA Angriffe gegen Afghanistan. Die US-Machthaber legitimierten diesen Krieg mit dem „Selbstverteidigungsrecht“ anlässlich der Terroranschläge am 11. September 2001 in New York und Washington. Die EU beeilte sich sofort, „den amerikanischen Vergeltungsschlag auf Grundlage von Resolution 1368 des Sicherheitsrates als rechtmäßig (zu) betrachten.“ (1). EU-Staaten beteiligten sich in Folge massiv an diesem Krieg, der bis heute andauert und sich auf Pakistan ausgeweitet hat. Aber war dieser Angriff auf Afghanistan tatsächlich ein Akt der „Selbstverteidigung“? Keineswegs. Die UN-Resolution 1368 verurteilt die Terroranschläge vom 9/11 und ruft zur Zusammenarbeit auf, um die Verantwortlichen für die Anschläge und deren Unterstützer zur Verantwortung zu ziehen sowie „verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um terroristische Handlungen zu verhüten und zu bekämpfen“. Aus dieser Resolution ein Mandat zum Krieg gegen Afghanistan herauszulesen, ist schlicht nicht möglich.

„Nicht einmal Indizien“

Mit einer UN-Resolution, die den USA die Legitimation zum Einmarsch in Afghanistan hätte geben sollen, war Außenminister Powell aus gutem Grund gescheitert. Denn – so  Francis Boyle, Professor für Völkerrecht an der University of Illinois: „Es gab keinen Beweis dafür, dass die Regierung in Afghanistan die Anschläge in New York autorisierte oder billigte.“ Boyle weiter: „Außenminister Powell versprach ein so genanntes ‚White Paper‘, in dem er die Beweise darlegen würde. Bush untersagte ihm das. Aber in einem Interview mit der ‚New York Times‘ sagte Powell, dass es gegen Bin Laden nicht einmal Indizien gebe. Das ist ein Rechtsfall, der nicht einmal vor einem normalen Strafgericht standhalten würde.“ Auch in der Sitzung des NATO-Rates „legte nach Aussagen eines westlichen Diplomaten der US-Sondergesandte Taylor keinerlei Beweise vor, dass Bin Laden die Anschläge anordnete oder die Taliban davon wussten. Beweise waren auch nicht wichtig, weil sich Bush ohnehin schon für den Krieg entschieden hatte.“ (2)

FBI: „Keine harten Beweise“

Die Taliban-Führung erklärte sich zur Auslieferung Osama bin Ladens bereit, verlangten jedoch von den USA Beweise für dessen Urheberschaft für 9/11. Statt Beweise schickte die US-Regierung Bomben. Den nach der Invasion gefundenen Bekennervideos von Osama bin Laden dürften die US-Behörden intern selbst keine Bedeutung geschenkt haben: Im Jahr 2006 enthüllte der Muckraker-Report, dass im Steckbrief des FBI über Bin Laden die 9/11-Anschläge gar nicht erwähnt werden. Auf eine diesbezügliche Nachfrage antwortete FBI-Sprecher Rex Tomb: „Es gibt keine harten Beweise („no hard evidence“) dafür, Osama bin Laden in Zusammenhang mit 9/11 zu bringen“ (3). Für ein Gericht hat es also nicht gereicht, für einen Krieg, der mittlerweile hunderttausenden Menschen das Leben kostete, allemal.

Quellen:
(1) Erklärung des EU-Vorsitzes über Afghanistan, 7.10.2001; (2) Spiegel online, 31.1.2001; (3) Ed Haas, Muckraker-Report, 18.6.2006, www.informationclearinghouse.info/article13664.htm

 

Libyen: „Keine Bestätigung dafür“

kriegsluegen libyenAls Hauptgrund für den Angriffskrieg von Frankreich, Großbritannien und USA gegen Libyen im Jahr 2011 dienten die landauf, landab verbreiteten Horrormeldungen, dass Gaddafis Kampfflugzeuge friedliche Demonstranten aus der Luft bombardiert hätten. Viele Menschen haben das geglaubt. Bald schälte sich heraus, dass auch dieser Krieg mit einer Lüge begann.

Das russische Militär, das über eine gute Satellitenüberwachung in dem nordafrikanischen Land verfügte, wies von Anfang an darauf hin, dass es keine Hinweise für Luftangriffe auf Demonstrationen gab. Diese Quelle wurde in westlichen Medien ignoriert. Aber auch die westliche Satellitenüberwachung, die keineswegs weniger im Bilde über die Geschehnisse in Libyen war, konnte keinen dieser angeblichen Angriffe dokumentieren. Dass es sie nicht gab, wurde schließlich von einer Seite bestätigt, die wohl kaum im Verdacht der Kumpanei mit Gaddafi steht. Wir zitieren aus einer Pressekonferenz des US-amerikanischen Verteidigungsministers Robert Gates und seines Generalstabschefs Mike Mullen vom 1. März 2011 (1):

Frage: „Sehen Sie einen Beweis, dass Gaddafi seine Leute aus der Luft beschießen ließ? Es gab solche Berichte, aber liegen Ihnen unabhängige Bestätigungen vor?“

Verteidigungsminister Gates: „Wir kennen diese Berichte, haben aber keine Bestätigung dafür.“

Admiral Mullen: „Das ist richtig, wir haben keinerlei diesbezügliche Bestätigungen.“

„Groteske Übertreibungen“

Die Geschichte von den „Militärjetmassakern an friedlichen Demonstranten“ wurde schließlich im Zuge des NATO-Krieges auch medial klammheimlich entsorgt und findet sich mittlerweile in keiner offiziellen Begründung des Kriegs mehr. Die Begründung wurde ausgetauscht durch den Sprachgebrauch, dass Massaker Gaddafis „gedroht hätten“. Wie bequem: Durch einen solchen Konjunktiv kann jedem Angriffskrieg ein Freibrief ausgestellt werden. Die Propagandalüge hatte ihre Schuldigkeit getan, indem sie Gaddafi in der Weltöffentlichkeit als Monster dämonisiert und auf die „Notwendigkeit“ eines westlichen Kriegs eingestimmt hatte. Im Jahr 2016 fällte ein Untersuchungsbericht des Westminster-Parlaments über die Regierung Cameron, die neben Frankreich und den USA zu den Haupttriebfedern des Angriffskriegs zählten, ein vernichtendes Urteil: Die angeblichen Bedrohungen des Zivilbevölkerung durch Gadaffi seien „groteske Übertreibungen“ gewesen, „politische Optionen“ – also Verhandlungslösungen statt Krieg - wurden ignoriert. Das Resultat war „ein politischer und wirtschaftlicher Zusammenbruch, Krieg zwischen Milizen und Stämmen, humanitäre Krisen, Migrationskrisen, massenhafte Menschenrechtsverletzungen, das Einsickern von Waffen in andere Länder und die Ausbreitung der Terrorgruppe IS in Nordafrika“ (2).

Quellen:
(1) Pressekonferenz, 1.3.2011, zit. nach www.defense.gov
(2) House of Commons, Foreign Affair Committee, Libya: Examination of intervention and collapse and the UK´s future foreign policy option, Third report of session, 2016-17

 

Ukraine: Wer mordete am Maidan?

kriegsluegen ukraine sniperAm 20 Februar 2014 starben rund hundert Menschen am Maidan in Kiew im Kugelhagel von Heckenschützen. Die „Euromaidan“-Aktivisten machten sofort den ukrainischen Präsidenten Janukowitsch für dieses Massaker verantwortlich, westliche Medien und Regierungen schlossen sich dieser Sichtweise an. Der „Rechte Sektor“ und andere neofaschistische Milizen nutzten die Gunst der Stunde zum Sturz der Regierung Janukowitsch. EU und USA begrüßten den Putsch, kam er doch ihren geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen sehr entgegen. Kritik an diesem Staatsstreich wurde sofort mit dem Verweis auf den „Schlächter“ Janukowitsch im Keim erstickt, obwohl dieser stets bestritt, einen Schussbefehl an die Berkut-Einheiten (Sonderpolizei des Innenministeriums) gegeben zu haben.

Schüsse vom „Rechten Sektor“

Es ist der akribischen Arbeit von Ivan Katchanovski, einem gebürtigen Westukrainer und Universitätsprofessor an der kanadischen Universität Ottawa, zu verdanken, dass viele Monate später Licht ins Dunkel kam. Nach Auswertung von Unmengen an Dokumentationsmaterial (Videoaufnahmen, Fotos, Zeugenaussagen, Funksprüche, usw.) kam er zum Ergebnis, dass die Mehrheit der tödlichen Schüsse von jenen Gebäuden abgefeuert wurden, die unter Kontrolle des „Rechten Sektors“ standen – und nicht von den Berkut-Einheiten. Katchanovski kommt zum Schluss, dass „auch Anführer der Vaterlandspartei (der damaligen Partei des späteren Premierministers Jazenjuk, Anm. d. Red.) in das Massaker verwickelt waren.“(1)

Auch die gerichtliche Aufarbeitung des Massakers förderte ähnliche Ergebnisse zutage wie die Studie Katchanovskis. Die Untersuchungen des Generalstaatsanwalts (GPU) erbrachten keinerlei Beweise, dass die Einheiten von Janukowitsch für die Morde verantwortlich waren. Ein Ballistik-Bericht der Staatsanwaltschaft ergab bereits 2015, dass nicht ein einziges Projektil, das aus getöteten Demonstranten entfernt wurde, mit Kugel-Proben von Berkut-Kalaschnikows übereinstimmte. Auch die Zeugenaussagen beim Prozess bestätigen die Analysen des kanadischen Professors, dass die Schüsse von den rechten Putschisten selbst abgefeuert wurden. Die Zahl der ZeugInnen, die im Gerichtsprozess, aber auch in Medieninterviews und sozialen Netzwerken aussagten, Scharfschützen in den vom Maidan kontrollierten Gebäuden gesehen zu haben, sei mittlerweile auf über 100 Personen gestiegen, erläuterte Katchanovski. 27 von 28 an der Institutska getöteten Maidananhängern und die absolute Mehrheit der Verletzten seien aus signifikant vertikalen Winkeln beschossen worden. Die Barrikade weiter hinten auf der Straße, von der Berkut-Polizisten feuerten, befand sich jedoch auf nahezu gleicher Höhe mit den Maidankämpfern (2).

Mediale Ignoranz

Die westlichen Medien ignorieren die Erkenntnisse dieser Aufklärung so gut sie können. Der Grund ist offensichtlich: Sollte einer breiteren Öffentlichkeit bewusst werden, dass das Massaker am Maidan von rechtsextremen Kräften selbst verübt wurde, würde schlagartig die Legitimation für den Putsch wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Mehr noch: EU und USA selbst würden am Pranger stehen, da sie lange vor dem Staatsstreich bereits intensive Kooperationen mit diesen neofaschistischen Kräften in der Ukraine entwickelt hatten, um den „Regimechange“ vorzubereiten.

Siehe dazu auch: "Pro-EU-Söldner gestehen das Massaker am Maidan."

Quellen:
(1) Ivan Katchanovski, Ph.D., The „snipers´ massacre“ on Maidan in Ukraine, 20.2.2015
(2) sh. Stefan Korinth, Woher kamen die Todesschüsse, Telepolis, 20.2.2017

 

Syrien: Giftgas „Wem nützt so etwas?“

kriegsluegen syrienBei einem Giftgasangriff am 4. April 2017 in Chan Scheichun in der syrischen Provinz Idlib kamen 87 Menschen grausam ums Leben. Ohne Belege, ohne Untersuchungen wussten die Machteliten in der EU und den USA sofort, dass nur Bashar als Assad der Drahtzieher dieses Massakers sein konnte. In der UNO schmetterten die Vertreter von USA, Großbritannien und Frankreich einen Antrag Russlands ab, diesen Giftgasangriff von der UNO untersuchen zu lassen. Stattdessen ließ der neu gewählte US-Präsident Donald Trump am 7. April die syrische Armee mit 59 Marschflugkörpern angreifen.
In Berlin, Paris und London wurde dieser Angriff mit großer Genugtuung registriert, hatte sich doch nach den US-Präsidentschaftswahlen bei den EU-Eliten Sorge breitgemacht, dass die USA aus der Front gegen Assad ausscheren könnten.

Ein ähnliches Szenario hatte sich bereits 2013 abgespielt. Damals gab es einen grauenhaften Giftgaseinsatz in der syrischen Stadt Ghouta, dem über tausend Menschen zum Opfer fielen. Auch dieser wurde sofort der syrischen Regierung in die Schuhe geschoben. Warum redet heute niemand mehr darüber? Weil mittlerweile immer mehr Quellen darauf hinweisen, dass nicht die syrische Armee, sondern jihadistische Kräfte dieses Verbrechen in Kollaboration mit dem türkischen Geheimdienst verübten, um einen westlichen Militärschlag zu provozieren (1).

„Zugunsten der extremistischen Jihadisten“

Auch eh. US-Geheimdienstleute bezweifeln in einem Memorandum an US-Präsident Trump: „Unsere Kontakte bei der US-Armee in der Gegend haben uns gesagt, dass dies nicht der Fall war. Es gab keinen syrischen ‚Angriff mit chemischen Waffen‘. Stattdessen bombardierte ein syrisches Flugzeug ein Al-Qaida-Munitionsdepot in Syrien, das sich als voll mit schädlichen Chemikalien erwies und ein starker Wind wehte diese chemisch beladene Wolke über ein nahes gelegenes Dorf, in dem in der Folge viele starben.“ (2).

Auch eine Studie von Theodore Postol, Raketenwissenschafter und Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), kritisierte die vorschnelle Schuldzuschreibung durch die US-Regierung: „Ich denke, es kann ohne Zweifel bewiesen werden, dass das Dokument (der US-Regierung, Anm.d.Red.) keinerlei Beweise anführt, dass die US-Regierung konkrete Erkenntnisse hat, die die Regierung Syriens als Ursprung der Chemieangriffe von Khan Shaykhun zeigt“ (3).

Günter Meyer, Professor für Wirtschaftsgeographie an der Universität Mainz, Leiter des Zentrums für Forschung zur arabischen Welt, stellt die Frage: „Wem nützt so etwas.“ Sein Resümee: „In der aktuellen Situation sind die Assad-Truppen an allen Fronten am Vormarsch, während die Rebellen auf der anderen Seite sehen, dass sie überall militärische Niederlagen erleiden. … In dieser Situation ist das der letzte verzweifelte Versuch, die letzte Chance, um das Blatt tatsächlich zu wenden zugunsten der extremistischen Jihadisten“ (4).

„Al-Qaida ist auf unserer Seite in Syrien“

Die westlichen Großmächte haben die Jihadisten von Al-Qaida & Co in Syrien – über ihre Verbündeten Saudi-Arabien, Katar, Vereinigte Arabische Emirate und Türkei - „mit tausenden Tonnen Waffen überhäuft“ (5), wie der eh. US-Vizepräsident Joe Biden eingestand. Ein im April 2017 von Wikileaks veröffentlichtes Mail von Jake Sullivan, der als nationaler Sicherheitsberater in der Regierung Obama arbeitete, an seine Chefin, die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton, belegt die klandestine Kollaboration. Der brisante Inhalt des Mails: „Al Kaida ist auf unserer Seite in Syrien.“ (6)

Gerald Oberansmayr
(in: Werkstatt-Blatt 2/2017)


Quellen:
(1) Sh. Seymour Hersh, „Whose Sarin“ (19.12.2013) und „The Red Line and the Rat Line“ (17.4.2014), in: London Reviews of Books.
(2) Memorandum an Präsident Trump von Veteran Intelligence Professionals für Sanity (VIPS), April 2017
(3) Theodore Postol, Massachusetts Institute of Technology, assessment oft he White House Intelligence Report about the nerve-agent attack in Khan Sheikun, Syria 13.7.2017
(4) in: WDR-Morgenecho, 6.4.2017
(5) Rede von Joe Biden an der Havard Universität, 2.10.2014
(6) Solidarwerkstat-Dossier zu Syrien