Krieg ist, neben dem damit verbundenen direkten Leid, katastrophal für den Klimaschutz. Ich möchte hier zuerst die Auswirkungen von Krieg und Aufrüstung schildern, weiters die Position der Klimaschutzbewegung skizzieren und anschließend die Folgen der Klimakrise eingehen – und was dies für die Friedens- wie die Klimabewegung bedeutet.

Die Auswirkungen des Krieges und der Aufrüstung auf den Klimaschutz

Die Auswirkungen von Krieg und Aufrüstung beziehen sich auf zwei Ebenen: die unmittelbar mit den Kriegshandlungen verbundenen Emissionen einerseits und die politischen und ökonomischen Folgen andererseits. Zu ersteren ist zu sagen, dass die Herstellung wie der Einsatz von Waffen und weiterer Kriegsinfrastruktur immer mit enormen Mengen an Treibhausgasemissionen verbunden ist. Zudem ist das Bundesheer (sicher jedenfalls das österreichische wie deutsche) wenig reguliert in der Hinsicht, dass nicht ausreichend Zahlen zu Treibhausgasemissionen vorliegen. Auch die Auswirkungen der zuletzt von der deutschen Bundesregierung vorgesehenen zusätzlichen Investitionen von 100 Milliarden Euro können angeblich „nicht beziffert werden“ und bleiben daher unbekannt (https://www.tagesschau.de/investigativ/rbb/klimaziele-bundeswehr-co2-emissionen-101.html) Bemerkenswert ist, dass „[der] Umgang [der deutschen] Bundesregierung und BMVg mit dem Klimawandel im direkten Vergleich zu den USA nur als ignorant bezeichnen kann“ (https://www.imi-online.de/download/IMI-Analyse2020-4-Klima-Militaer.pdf) Wenngleich gleichzeitig gilt: „Das US-Militär ist einer der größten Klimasünder in der Geschichte, verbraucht mehr flüssige Kraftstoffe und emittiert weit mehr CO2 als viele Industrieländer“ (http://abfang.org/abruestung-friede/ruestung-umwelt/ )

Krieg bremst Klimaschutz

Zu den politischen und ökonomischen Folgen ist zu sagen, dass Krieg den Prozess des Klimaschutzes in allen betroffenen Ländern bremst. Geld und andere Ressourcen werden auf lange Zeit gebunden und stehen nicht für die notwendigen Investitionen in den Klimaschutz zur Verfügung. Das Thema Klimakrise rückt in den Hintergrund der Öffentlichkeit und der Berichterstattung. Im Falle einer Rüstungsspirale vervielfacht sich das Problem der gebundenen Ressourcen. Auch die Klimaschutzbewegung ist direkt von massiven Einschränkungen betroffen.  Aktuell sind in Russland wie in der Ukraine Personen aus der Klimaschutzbewegung von Gewalt bedroht beziehungsweise mussten flüchten. Im Falle ukrainischer Klimaaktivist:innen gab es auch Todesfälle zu beklagen. Ein bekannter russischer Aktivist ist geflohen und ihm droht aktuell die Aberkennung seiner Staatsbürgerschaft. Dabei ist gerade auch in dieser Region, aufgrund der Öl- und Gasvorkommen, ein Wandel in der Klimapolitik wichtig. Die Sorge um Knappheit bei fossilen Brennstoffen stärkt weiterhin die Verhandlungsmacht von Öl- und Gaskonzernen gegenüber unseren Regierungen und die hohen Preise bringen weiteres Geld in ihre Kassen (https://www.theguardian.com/environment/2022/mar/10/oil-and-gas-companies-are-looking-at-a-bonanza-from-the-ukraine-war). Letztlich würde das Vorhaben unserer Politik, Gas aus zum Beispiel Katar importieren zu wollen, wozu weitere neue Anlagen notwendig sind, den veralteten Fokus auf fossile Energieträger noch weiter einzementieren.

Aktivist:innen aus Russland wie der Ukraine sehen noch viel mehr Verwicklungen zwischen der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und dem aktuellen Krieg (wie auch weiteren Kriegen). Sie kritisieren, dass der der Kauf von russischem Gas und Öl den Krieg mitfinanziert. Fossile Energieträger und ihre Nutzung sind eng mit dem Krieg verbunden. Und es gilt auch: Sämtliche Militärmaschinerie ist abhängig von fossilen Energieträgern und würde anders gar nicht funktionieren.

Die Position der Klimaschutzbewegung

Frieden ist ein Wert an sich; und er ist Voraussetzung für den Klimaschutz. Im Falle des Ukrainekrieges wäre eine rasche Verhandlungslösung dringend notwendig, um den Krieg wie die damit verbundene Bedrohung des globalen Klimas zu stoppen. Diese betrifft alle Seiten, und je länger die kriegerischen Handlungen andauern, umso schwerwiegender sind die Auswirkungen. Viele Klimaaktivist:innen setzen sich für ein Embargo von russischem Öl und Gas ein, um den Krieg nicht weiter zu finanzieren. Insgesamt gilt aber auf alle Fälle: Wenn man die Klimaziele wie auch Friedenspolitik ernst nimmt, stellt sich nicht die Frage, ob man aus Öl und Gas aussteigt, sondern nur noch: wann. In dieser sich unmittelbar stellenden Frage kann aber auch eine Möglichkeit des Wandels hin zu nachhaltiger und damit auch friedenssichernder Energie gesehen werden. Die Umweltexpertin Svitlana Romanko meint: „[…] dies ist ein kritischer Zeitpunkt in der Geschichte, der uns zu einem Ende der durch fossile Energieträger hervorgerufenen Ungerechtigkeit und den damit einhergehenden Konflikten, welche überall stattfinden, führen kann“ (übersetzt) (https://www.klimareporter.de/international/ich-nenne-den-krieg-klimakrieg).

Und: „Es ist nicht das erste Mal, dass fossile Energieträger tausende von Todesfällen ermöglichen, daraus ergibt sich aber auch die Möglichkeit, das Bewusstsein über die Klimagerechtigkeit zu erhöhen. Wir fordern von unseren Regierungen, eine Kehrtwende von fossilen Energieträgern vorzunehmen, um unsere Zukunft zu sichern.“

Klimapolitik könnte 74 Millionen Menschen das Leben retten

Die Auswirkungen der Klimakrise sind an vielen Orten bereits in Form von Extremwetterereignissen, Hitze und Dürre spürbar. In einer neuen Studie wird davon ausgegangen, dass bis 2100 74 Millionen Menschen zusätzlich im Zusammenhang mit den Klimaveränderungen sterben werden. Dies wäre – ebenfalls der Studie zufolge – durch eine konsequente Klimapolitik vermeidbar. (https://www.geo.de/wissen/gesundheit/klimaschutz-koennte-74-millionen-menschen-bis-2100-das-leben-retten-30645374.html) Dazu kommt, nicht nur die aktuellen Konflikte die Klimakrise befeuern, sondern dass durch die fortschreitende Klimakrise neue Konflikte entstehen, direkt oder indirekt. In 14 der 25 von der Klimakrise am meisten betroffenen Ländern herrschen aktuell Konflikte (https://www.icrc.org/en/document/climate-change-and-conflict). Der Meeresspiegel steigt an und bedroht viele Landflächen, auf denen Menschen leben. Der UN-Generalsekretär, Antonio Guterres, schreibt: neue Finanzierung fossiler Brennstoffe wird nur weiter die Geißel des Kriegs, der Verschmutzung und der Klimakatastrophe anfeuern. (https://www.cnet.com/news/politics/features/how-war-in-ukraine-is-changing-everything-for-climate-activists/)

Auch in dieser Hinsicht muss Friedenspolitik eng verbunden mit dem Stopp fossiler Energieträger sein. Zugespitzt gilt: diese finanzieren nicht nur Waffen, sondern sind selbst welche. Romanko: „Fossile Energieträger, ebenso wie die Waffen, welche sie finanzieren, sind Massenvernichtungswaffen, und je früher wir ihre Förderung und Nutzung beenden können und die grüne Energiewende vorantreiben können, umso früher können wir in Frieden leben.“

Vernetzung von Klima- und Friedensbewegung

Es ist jetzt noch möglich, die Weichen für eine klimafreundlichere Zukunft zu stellen und die Klimaziele zu erreichen. Dieses Jahrzehnt ist entscheidend dafür, damit es nicht „systematisch immer wärmer wird“ (https://vimeo.com/724407094). Ein Umstieg auf erneuerbare Energien und sanfte Mobilitätsformen, der Stopp neuer Verkehrs- wie Militärinfrastruktur (welche sich oftmals gegenseitig bedingt) sind dafür notwendig, ebenso wie rasche Friedenslösungen – in der Ukraine und anderswo. Auch die Aufrüstung sollte kritisch im Hinblick auf ihre Emissionen wie weitere Folgen beurteilt werden. Für die Friedensbewegung ergibt sich die Frage, wie man sich effektiv für ein rasches Kriegsende einsetzen kann. Interessant ist ein Kommentar eines anonymen EU-Parlament-Mitglieds: „Die Menschen haben Angst, etwas zu sagen, denn sie haben die Atnworten nicht; sie wollen den Krieg ohne Waffen stoppen und es gibt keine organisierte Bewegung, welche ihnen sagt, dass sie recht haben. […] Es gibt die Intuition, dass wir diesen Krieg ohne Eskalation beenden können, aber die Menschen wissen nicht, wie sie diese ausdrücken können und bleiben daher stumm.“ (https://theintercept.com/2022/05/05/nato-countries-russia-ukraine-left/)

Für die Klimabewegung ergibt sich die Aufgabe, sich auch für Frieden und für globale Abrüstung einzusetzen. Wichtig wäre eine Vernetzung der Bewegungen. Helga Kromp-Kolb bringt dies auf den Punkt: „Wir brauchen Frieden, um Nachhaltigkeit zu ermöglichen, und Nachhaltigkeit, um Frieden zu ermöglichen.“ (https://vimeo.com/724407094)

Andreas Schütz