ImageGrußbotschaft an die Kundgebung „Frieden und Neutralität statt EU–Militarisierung“ von Robert Müllner im Namen der Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE) Salzburg.



Liebe friedensbewegte KollegInnen!

Zunächst einmal einen herzlichen Dank dafür, dass ihr hier seid und euer persönliches Unbehagen und euren Protest über die aktuelle „Militärpolitik“ auch der österreichischen Bundesregierung zum Ausdruck bringt. Gerade die aktuellen Flüchtlingsströme müssen uns ein Mahnmal sein, wieder verstärkt zu der Neutralitätspolitik zurückzukehren, zu der wir uns vor 60 Jahren verpflichtet haben.

In der Besatzungszeit bis 1955 war Österreich Spielball zwischen den politischen, ökonomischen, sowie militärischen Interessen der westlichen Mächte auf der einen Seite und der sowjetischen Interessen auf der anderen Seite.

Der Staatsvertrag, welcher Österreich als souveränen Staat erklärte, konnte nur durch einen Kompromiss mit der Sowjetunion geschehen, welche das Land neutral haben wollte.Damit war gemeint, dass Österreich sich keinem Militärbündnis anschließe und auch keine Militärstützpunkte fremder Staaten im eigenen Land zulasse.

Die Verpflichtung zur Neutralität war Grundbedingung, damit Österreich wieder ein freier Staat wurde. Für Österreich war Neutralität in ihrer Entstehungsphase gleichbedeutend mit Unabhängigkeit. Mit der Neutralität gelang es Österreich das erste Mal seit dem ersten Weltkrieg eine starke Identität zu entwickeln.

Politische Neutralität hat etwas gemein mit der Freiheit des Geistes und hatte früher verschiedene Funktionen:

Zum einen war dies eine Identitätsfunktion, die mit der Entstehung der 2. Republik einhergeht. Gleichzeitig war es somit dem jungen Staat Österreich möglich, eine Vermittlerrolle zwischen den „großen“ Staaten herzustellen. Die Diplomatie der Neutralen und Blockfreien sucht sozusagen das Gleichgewicht zwischen den Blöcken.

So konnten die neutralen und bündnisfreien Staaten Europas diese Sonderstellung auf dem Höhepunkt des Ost-West-Konfliktes dazu nützen, im sogenannten KSZE-Prozess entscheidend zur Vermittlung zwischen den großen Militärblöcken beizutragen. Neutralen Staaten kommt immer wieder eine bedeutende Rolle in vielen internationalen Konfliktfällen zu. Der Vorwurf, Neutralität sei für internationale Beziehungen zu passiv, kann demnach nicht halten. Im Gegenteil: Die außenpolitische Rolle der Neutralen ist durchaus aktiv und mitgestaltend.

Gerade in der Vergangenheit gibt es viele Beispiele, wie Österreich durch seine Rolle als neutraler Staat international schlichtend agiert hat.

So wurde die österreichische Neutralität zunehmend durch aktive Außenpolitik ergänzt. Ganz und gar nicht nach dem Schweizer Vorbild des „Stillsitzens“ trat Österreich noch im selben Jahr (1955) den Vereinten Nationen bei, 1956 dem Europarat und 1960 der Europäischen Freihandelsgemeinschaft (EFTA). Österreich bot sich als „Platz der Begegnung“ an; zum Beispiel fand das Treffen zwischen den Präsidenten der USA John F. Kennedy und der Sowjetunion Nikita Chruschtschow 1961 in Wien statt.

Unter der Regierung Kreisky (1970 – 1983) wurde diese „aktive Neutralitätspolitik“ fortgesetzt und weiterentwickelt. Dies bedeutete: aktive Besuchsdiplomatie, Multilateralismus auf globaler Ebene (v.a. in der UNO), Unterstützung des Entspannungsprozesses zwischen Ost und West, sowie Engagement im Nord-Südkonflikt. Kreisky war auch der erste westliche Regierungschef, der sich für die Rechte der Palästinenser einsetzte.

Nicht zuletzt dank dieser Neutralitätspolitik wurde Wien 3. UNO-Hauptstadt und Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), von UN-Organsationen (z.B. UNIDO, UNODC – Drogenkontrolle und Verbrechensverhütung), des OPEC-Sekretariats, des OSZE-Sekretariats (früher KSZE).

Österreich hat den Vorteil, dass es keine globalen geopolitischen Interessen und keine engen Bündnisverpflichtungen hat. Österreich muss die Vorteile und Möglichkeiten, die sich aus einer engagierten Neutralitätspolitik ergeben, ausnützen. Gerade bei aktuellen Fragestellungen, wie Terrorismus, organisierte Kriminalität, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, und ganz speziell in Migrationsfragen kann und muss Österreich einen wichtigen Beitrag leisten.

Als neutrales Land hat Österreich die Möglichkeit in bestimmten Konfliktsituationen glaubwürdiger als Vermittler und Anbieter guter Dienste aufzutreten. Damit grenzt sich die engagierte Neutralität von einem Verständnis ab, das Neutralität mit Nichtstun und Heraushalten verwechselt.Österreich muss sich wieder vermehrt dieser Rolle bewusst werden und wieder aktiv eine engagierte Neutralitätspolitik verfolgen.

Mit dieser Grußbotschaft wollen wir von den Alternativen und Grünen Gewerkschafterinnen / Unabhängigen Gewerkschaftern (AUGE/UG) unsere Solidarität mit euren Anliegen zum Ausdruck bringen. Ihr steht auch stellvertretend für viele Menschen hier, die heute an andern Orten bei ähnlichen Veranstaltung für das gleiche Anliegen eintreten – nämlich „Frieden und Neutralität statt EU-Militarisierung“ als verpflichtende Haltung und Handlungsauftrag für unsere Bundesregierung!

Robert Müllner
Sprecher der AUGE/UG Sbg