Rede von Michael Schober, IPPNW - Österreich (International Physician for the Prevention of Nuclear War – Österreichische Mediziner gegen Atomgefahren) am 24. Februar 2024 beim Friedensmarsch in Linz

 Die IPPNW Österreich setzt sich seit fast 50 Jahren für die Abrüstung der noch über 10.000 existierenden Atombomben ein. Unsere Organisation und die Partnerorganisationen in derzeit über 60 Ländern erhielten dafür 1985 den Friedensnobelpreis, in Österreich zählen wir ca 200 Mitglieder.

Unsere Welt befindet sich in einer neuen enormen Aufrüstungswelle. Die Kriege in der Ukraine, in Palästina/Israel, im Sudan und an vielen anderen Schauplätzen, bezeugen menschliche Unfähigkeit und den Unwillen, Konflikte friedlich zu lösen. Hunderttausende primär menschliche Opfer und noch viel mehr sekundäre Gesundheitsschäden sind die traurige Realität.

Aus ärztlicher Sicht ist dies besonders tragisch: Viele Krankheiten und Unglücke sind nicht oder kaum zu verhindern. Prävention wäre aber für das Leid dieser Menschen möglich gewesen! Prävention ist auch die einzige Möglichkeit für uns Ärzte im Nuklearwaffenbereich. Eine adäquate medizinische Hilfe im Falle einer Atombombendetonation gibt es nicht. Bei Strahlenkrankheit kann nur symptomatisch geholfen werden. Unvorstellbares Leid: Ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems bei einer Atombombendetonation, wo zehntausende Intensivpatienten zu betreuen wären! Da die Gefahr eines irrtümlichen Atomschlags durch Künstliche Intelligenz steigt, ist dies aus medizinisch-ethischer Sicht zu verhindern - eine sinnvolle, weltweite Regelung autonomer Waffensysteme ist notwendig!

Die österreichische IPPNW hat sich in der Sache auch an das Außenministerium gewandt und wir begrüßen dessen Initiative für eine internationale Regelung autonomer Waffensysteme, die auch von allen Parlamentsparteien in Österreich mitgetragen wird.

Wir Ärzte der IPPNW bemühen uns seit Jahrzehnten aus ärztlicher Verantwortung um ein Atomwaffenverbot, weil wir um die verheerenden medizinischen und humanitären Folgen von Atomwaffenexplosionen Bescheid wissen. In unseren Publikationen haben wir auch wiederholt auf die Gefahren der irrtümlichen oder zufälligen Zündung von Atomwaffen hingewiesen. Die großen Atommächte USA und Russland planen solche Systeme, wo - ohne menschliches Zutun - alleinig durch Künstliche Intelligenz ein Nuklearschlag ausgelöst werden kann! Die Möglichkeit einer autonomen Entscheidung über eine Nuklearwaffenzündung durch KI wäre ein Gipfel an Gefährdung der Menschheit.

Wir Ärztinnen und Ärzte der IPPNW rufen zu Friedensverhandlungen, vertrauensbildenden Maßnahmen und Abrüstung auf sowie zu einer weltweiten Regelung Autonomer Waffensysteme, um menschliches Leid zu verhindern.

Unsere Forderungen an die Entscheidungsträger - ein ähnlicher Text erging an die österreichischen Parlamentarier im EU-Parlament in Straßburg:

  • Es wird festgehalten, dass jeglicher Einsatz einer Atombombe katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung, sowie Frieden und Sicherheit hat.
  • Ein größerer Krieg zwischen Russland und den USA kostet etwa fünf Milliarden Menschenleben weltweit und ein „regional limitierter“ Atomkrieg – wo weniger als vier Prozent der existierenden Nuklearwaffen genutzt werden würden – würde das weltweite Klima (nuklearer Winter) so beeinflussen, dass über zwei Milliarden Menschen aufgrund von Hungersnöten durch Ernteausfälle sterben würden
  • Die IPPNW, die WHO und das internationale Rote Kreuz sowie andere Organisationen stellen fest, dass es keine verhältnismäßige Hilfe im Falle einer Atombombendetonation für die Opfer gibt und dass die einzige Möglichkeit Prävention ist.
  • Es wird festgehalten, dass dringende Maßnahmen zur Verhinderung der größten humanitären Katastrophe jemals - einem Atomkrieg - dringend nötig sind.
  • Verurteilt werden jegliche Drohungen, Nuklearwaffen einzusetzen, ungeachtet der Umstände. Sie sind eine Bedrohung für die globale Gesundheit und Sicherheit.
  • Wir rufen auf, dass sich alle Staaten zu internationalem Recht inklusive internationalem humanitären Recht bekennen.
  • Wir rufen auf, dass alle Staaten alle Kernkraftanlagen zu militärfreien Zonen erklären.
  • Wir rufen zu sofortigem Waffenstillstand auf und zum Abzug der russischen Militärkräfte aus der Ukraine und zu allen nur möglichen Anstrengungen für Frieden.
  • Wir rufen dazu auf, dass Russland und die NATO explizit den Gebrauch von Atomwaffen ausschließen.
  • Die IPPNW ruft als ersten Schritt zu einem „Nicht-Erstgebrauch“- Abkommen von Atomwaffen auf. 
  • Außerdem zu einem Abkommen, welches die Auslösung eines Nuklearschlags ausschließlich durch eine KI-Entscheidung ohne menschliche Bestätigung verbietet.

Dies sollen aber nur erste Schritte sein zu unserer Forderung: Eine Welt ohne Nuklearwaffen! Für uns Ärzte ist in dieser Hinsicht Prävention die einzige mögliche Therapie!

(Werkstatt-Blatt 2/2024)