Rede von Boris Lechthaler bei der Demonstration "Zusammen für Palästina" am 3. März 2024 in Linz.


Liebe Freundinnen und Freunde,

kennt ihr den Begriff „Gatterjagd“?

Gatterjagd ist ein Vergnügen Reicher. Hier werden Tiere in einem mit einem Gatter umzäunten Gebiet gejagt, um sie dort nach Lust und Laune abschießen zu können.

Nichts anderes ist es, was heute im Gazastreifen stattfindet.

Über 30.000 Menschen sind dabei bereits massakriert worden.

Es wäre schon schlimm genug, wenn es sog. „Kollateralopfer“ wären, wie es oft zynisch im Militärjargon heißt. Aber schlimmer noch, diese Ziviltoten sind bewusste Politik des israelischen Machtapparats: Laut Information von US-Geheimdiensten sind fast 50% alles israelischen Bomben sog. ungelenkte Bomben, die wahllos zerstören und killen. Und das mit voller Absicht. Ich zitiere Generalmajor a.D. Giora Eiland, zuvor Leiter der Operationsabteilung und des Nationalen Sicherheitsrates, der in einem Artikel am 19. November sagt: „Wir dürfen nicht, einfach nicht, das amerikanische Narrativ übernehmen, das uns die 'Erlaubnis' gibt, nur die Hamas-Kämpfer zu bekämpfen, anstatt das Richtige zu tun - nämlich das gegnerische System in seiner Gesamtheit zu bekämpfen, denn gerade der Zusammenbruch der Zivilbevölkerung wird das Ende des Krieges näher bringen."

Das ist die zynische Sprache einer verbrecherischen Politik. Die Unzahl an Ziviltoten, der Zusammenbruch des Gesundheitssystems und der Lebensmittelversorgung, die ganze humanitäre Katastrophe ist die eigentliche Absicht dieses Krieges. Israel will die palästinensische Gesellschaft zermürben und zerstören. Die Geschichte der letzten 75 Jahre in Palästina zeigt aber: Der palästinensische Widerstand lässt sich mit Gewalt nicht brechen.

Vor diesem Hintergrund ist es ein Skandal, dass das neutrale Österreich zweimal in der Generalversammlung der Vereinten Nationen gegen einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand gestimmt hat, Einmal als eines von 13 Ländern, einmal als eines von nur 10 Ländern bei 192 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen.

Wir sagen deshalb laut und unmissverständlich:

Das neutrale Österreich muss alle seine Möglichkeiten nutzen, um zu einem dauerhaften Waffenstillstand zu kommen.

Liebe Freundinnen und Freunde,

ÖSTERREICH MUSS auch SOFORT SEINE POLITISCHE UND MILITÄRISCHE KOLLABORATION BEI DIESEM KRIEGSVERBRECHEN IN PALÄSTINA BEENDEN!

Österreich  kollaboriert bereits seit vielen Jahren mit den israelischen Streitkräften und der israelischen Rüstungsindustrie. Seit 2008 unterhält das österreichische Bundesheer ein Kooperationsabkommen mit den Israelischen Streitkräften. Offiziell geht es dabei um Kooperation bei der Ausbildung von Streitkräften. 2016 wurde diese Zusammenarbeit durch ein Militärabkommen zwischen Österreich und Israel vertieft. Der damalige Verteidigungsminister Doskozil begründete dieses Militärabkommen mit dem „irrsinnigen Know-How Israels“ beim „Anti-Terrorkampf“.

Unter der schwarz-blauen Regierung Kurz-Strache wurde schließlich ein „umfassendes strategisches Partnerschaftsabkommen“ mit Israel eingefädelt, das unter der schwarz-grünen Regierung schließlich unterzeichnet wurde. Kanzler Nehammer begründet das damit, „dass Israel eine hohe militärische Kompetenz und eine sehr effiziente Rüstungsindustrie besitze… Schon jetzt gibt es eine Kooperation mit Israel auf dem Rüstungssektor. Besonderes Interesse besteht an Drohnen und die Abwehr von Raketen und anderen Geschossen.“ Mit dem Beitritt zum Raketenabwehrsystem Sky Shield wird das konkret. So sollen unter anderem israelische Arrow-Raketen an Österreich geliefert werden.

Wir sind auch besonders hier in Oberösterreich gefordert, da tätig zu werden.

In Gunskirchen bei Wels befindet sich ein Rotaxwerk, in dem vermutlich Motoren für Killerdrohnen produziert werden, die für tausende Morde verantwortlich sind. Österreich beteiligt sich im Rahmen der EU an zahlreichen Sanktionen. Gleichzeitig kooperiert es mit Staaten, auch aber nicht nur, mit Israel, die verbrecherische, völkerrechtswidrige Kriege führen.

Das ist selbst ein Verbrechen und muss sofort beendet werden.

From the river to the sea, all people will be free!

FRIEDEN BRAUCHT GERECHTIGKEIT.

Ein nachhaltiger Friede in der historischen Region Palästina erfordert ein Ende der „strukturellen Gewalt“.

Was heißt das? Das bedeutet ein Ende von Besatzung, Landraub, Vertreibung und einem System der Apartheid, das PalästinenserInnen fundamentale Menschen- und Bürgerrechte vorenthält. Aber machen wir es uns nicht zu einfach. Auch Jüdinnen und Juden sind Opfer dieser Politik. Denn diese „strukturelle Gewalt“ im Nahen Osten umfasst auch, dass das zionistische Israel von Anfang an als imperialer Außenposten westlicher Großmächte instrumentalisiert wurde, um ihre geopolitischen und geoökonomischen Interessen in dieser strategisch wichtigen Region durchzusetzen. Das waren zunächst vor allem Großbritannien und Frankreich, dann und bis heute die USA und nun zunehmend mehr Deutschland. Für die deutschen Machteliten hat das eine besondere Bedeutung: Nicht nur, dass das unfassbare NS-Verbrechen des Holocausts auf die Palästinenser projiziert wird. Wir erleben außerdem seit Jahren eine wechselseitige Instrumentalisierung der besonders schaurigen Art: Eine rechtsaußen Regierung in Israel spricht Deutschland von der Last des Holocausts frei, damit Berlin ohne die verbrecherische Bürde des 20. Jahrhunderts wieder militärische Großmachtspolitik im 21. Jahrhundert betreiben zu können; Deutschland verspricht im Gegenzug – und unter Verweis auf die besondere Verantwortung Deutschlands – der Apartheidspolitik der israelischen Machteliten Schutz und Beistand angesichts einer erlahmenden US-Dominanz in Nahost. Im Jahr 2022 lagen die Waffenexporte Deutschlands an Israel bereits fast gleichauf mit denen der USA. Schon 2025 soll eine 5.000 Mann starke EU-Eingreiftruppe unter deutsche Führung bereitstehen, um erklärtermaßen in „Nord- und Zentralafrika, im Nahen und Mittleren Osten“ militärisch zu intervenieren.

Teile und herrsche war schon immer Mittel imperialer Politik.

Jetzt wird wieder die sogenannte „Zwei Staaten Lösung“ in den Raum gestellt. Gleichzeitig sagt Außenminister Schallenberg bei seinem Besuch bei der Palästinensischen Autonomiebehörde, dass jetzt noch nicht die Zeit ist, um das umzusetzen, man könne das Israel jetzt nicht aufzwingen. Gleichzeitig bekundet Israel unumwunden seinen Herrschaftsanspruch über die ganze historische Region Palästina.

Für ein Palästina in dem alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion frei leben und sich entfalten können. Das ist der Sinn der Losung: „From the river to the sea all people will be free!“

Dafür sollte sich ein neutrales, weltoffenes Österreich einsetzen.

Stattdessen werden Initiativen und Menschen, die sich dafür einsetzen, stigmatisiert und kriminalisiert.

 

Boris Lechthaler, 3. März 2024