Mit der unlängst vom EU-Parlament abgesegneten Abschieberichtlinie entfernt sich die EU auch gegenüber Flüchtlingen immer mehr von Menschenrechten. Bis zu 18 Monate Schubhaft kann über Flüchtlinge verhängt werden. "Flucht ist kein Verbrechen", betonen Flüchtlingshilfeorganisationen. Der bolivianische Präsident Evo Morales bezeichnet diese Richtlinie als "Dekret der Schande".
Konkret sieht die EU-Abschieberichtlinie vor:
- Die Schubhaft kann bis zu 18 Monaten ausgedehnt werden. In den meisten EU-Staaten gibt es deutlich kürzere Zeiten (Österreich derzeit: 10 Monate).
- wer von der EU als Flüchtling abgewiesen wurde, erhält fünf Jahre lang ein Wiedereinreiseverbot in die EU. Dadurch werden erfolglose Asylsuchende nicht nur bestraft, es wird auch das Recht, Schutz vor Verfolgung zu finden, im Falle einer Änderung der Situation im Herkunftsstaat untergraben.
- Menschen in Abschiebehaft sollen keinen Anspruch auf kostenlose Prozesskostenhilfe erhalten, wenn sie ihre Abschiebung gerichtlich verhindern wollen.
- Schubhaft kann nun per EU-Recht auch über Kinder verhängt werden.
"Flucht ist kein Verbrechen." Damit droht auch im Asylrecht in der EU eine Nivellierung nach unten. So hat die italienische Regierung bereits angekündigt, die bisherigen zwei Monate Schubhaft auf 18 Monate anzuheben. Der deutsche und der österreichische Innenminister haben sich als besondere Scharfmacher profiliert. Scharf kritisiert wird diese EU-Abschieberichtlinie von Menschenrechts- und Flüchtlingshilfeorganisationen. So urteilt etwa die Asylkoordination Österreich: "Flucht ist kein Verbrechen, AsylwerberInnen sollen daher nicht wie Straftäter behandelt werden. Eine so lange Schubhaftdauer ist unverhältnismäßig und darf nicht zum europäischen Standard werden. Die Richtlinie würde sogar die Inhaftierung von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen aus administrativen Gründen als letzte Möglichkeit erlauben." (17.06.2008)
Auch als Lateinamerika kommt scharfer Protest gegen diese EU-Richtlinie. Der Präsident Boliviens Evo Morales nennt die Abschieberichtlinie eine "Direktive der Schande". "So wie der Textentwurf der Richtlinie heute lautet, verletzt sie eindeutig die Artikel 2, 3, 5, 6, 7, 8 und 9 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948" *), urteilt Morales (www.bolivia.de/es/index092a.html?fr=cnt). In den Internierungszentren erlitten viele Abschiebehäftlinge Depressionen, es komme zu Hungerstreiks und sogar zu Suiziden. Dies betreffe auch Bürger lateinamerikanischer Staaten. (Quelle: www.german-foreign-policy.com)
10.000 Tote an den EU-Außengrenzen
Die Außengrenzen der EU, insbesondere das Mittelmeer, entwickeln sich immer mehr zum Massengrab für Flüchtlinge. Bei einer Anhörung im EU-Parlament im Juli 2007 schätzten Fachleute, dass in den vergangenen zehn Jahren etwa 10.000 Menschen auf der Überfahrt den Tod fanden. Zur Aufrechterhaltung dieses tödlichen Grenzregimes wird immer mehr Geld in die EU-Flüchtlingsabwehragentur FRONTEX gepumpt, einer quasi paramilitärischer Organisation, mit der der Krieg der EU gegen die Flüchtlinge Afrikas organisiert wird.
Nähere Informationen bietet die Broschüre "Was ist FRONTEX?", Aufgaben und Strukturen der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Broschüre im Auftrag von Tobias Pflüger, MdEP). Zu bestellen bei der Werkstatt Frieden & Solidarität (auf Spendenbasis). Mailto: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
*) Die genannten Artikel behandeln unter anderem die Universalität der Menschenrechte, das Verbot der Folter, die Gleichbehandlung und die Freiheitsrechte.