ImageDas klare Ergebnis der Volksbefragung vom 20. Jänner 2013,  muss als Chance zur Abkoppelung vom EU-Militarismus und zur Wiederbelebung der Neutralität genutzt werden.

Kein Kommando aus Brüssel oder Berlin!

Die Volksbefragung am So, 20. Jänner 2013 brachte ein überraschendes und deutliches Ergebnis. Die Beteiligung lag über 50% und das Votum für die Allgemeine Wehrpflicht und damit für die Neutralität liegt bei 60%. Freilich stimmt, dass sicherheitspolitische Fragen in den Kampagnen an den Rand gedrängt wurden. Dennoch haben sie eine Rolle gespielt. Das Ergebnis der Volksbefragung zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Menschen für die Vorstellungen der Berufsheerbetreiber nicht gewonnen werden konnte. Vor allem konnten sie den Menschen nicht überzeugend darlegen, was mit einem Berufsheer verteidigt werden soll. Das Ergebnis der Volksbefragung ist ein klares Votum für die immerwährende Neutralität und gegen die Unterstellung österreichischer militärischer Einheiten unter Brüsseler oder Berliner Kommando.

Die ÖsterreicherInnen haben für die Allgemeine Wehrpflicht gestimmt, nicht weil sie so glücklich damit sind, sondern weil es ein System ist, das sie beeinflussen können, während die Einführung eines Berufsheeres sie weiter entmündigen würde. Die Kommentatoren betonen, es seien Fragen, wie der Zivildienst gewesen, und nicht sicherheitspolitische, die das Ergebnis bestimmt hätten. Verbindend ist jedoch das Moment, dass eine Mehrheit der Menschen Freiheit in der Zuwendung zur Gesellschaft sucht, und nicht in der Abwendung. Ebenfalls zeigen Umfragen, dass die Bedeutung der Neutralität ein zentrales Motiv war, für die allgemeine Wehrpflicht zu stimmen.

Freilich besteht die Gefahr, dass die Menschen um das Ergebnis der Volksbefragung betrogen werden. Um das zu verhindern genügt es nicht, an die Versprechungen des politischen Establishments zu appellieren. Die zynischen Randbemerkungen hinsichtlich der militärischen Verpflichtungen Österreichs gegenüber dem „Vereinten Europa“ waren auch bereits am Abend der Volksbefragung hörbar. Die Solidarwerkstatt schlägt deshalb die Bildung eines breiten, durchsetzungsstarken gesellschaftlichen Bündnisses entlang folgender Überlegungen vor:

  • Selbständige, aktiv neutrale Außen-und Sicherheitspolitik Österreichs
    Die Befragung vom vergangenen Sonntag war auch eine Befragung über die militärische Beistandsverpflichtung im EU-Vertrag. Die Beistandsverpflichtung, die Solidaritätsklausel, die Beteiligung an der EU-Rüstungsagentur, die Aufrüstungsverpflichtung, die Anbindung an den Europäischen Auswärtigen Dienst, die unmittelbare Teilnahme an EU-Kolonialmissionen, die ständige Präsenz bei gemeinsamen Kommanden (Ulm) der Kriegsermächtigungsartikel 23 j BVG untergraben die Möglichkeiten zur Entfaltung einer eigenständigen Außen- und Sicherheitspolitik Österreichs. Diese Fehlentwicklungen sind deshalb sofort zu beenden. Eine Volksabstimmung/ über den EU-Lissabonvertrag wurde vielfach mit der Begründung abgelehnt, die Menschen in Österreich hätten nicht die Reife, über so komplexe Fragen zu befinden.  Am 20. Jänner wurden all jene, die dies behaupten, eines besseren belehrt. Österreich muss die entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen aufkündigen, bzw. die Verfassung wieder in Einklang mit dem BVG über die immerwährende Neutralität bringen und den Art. 23 j BVG abschaffen. Das ist die Grundlage für eine glaubwürdige Friedens- und Neutralitätspolitik, die sich international für Abrüstung und friedliche Konfliktbeilegung engagiert.

  • Abschaffung aller Offensiveinheiten des Bundesheeres
    Alle offensiven Einheiten des Bundesheeres müssen sofort abgeschafft werden. Insbesondere betrifft das die beim KIOP zusammengefassten Einheiten. Wir müssen sofort die Teilnahme an dem „EU-Schlachtgruppenprogramm“ und an der EU-Rüstungsagentur beenden. Umgekehrt können zivile Friedensdienste zu einem beständigen Element einer aktiven Neutralitätspolitik werden. Bedingungen und Ausgestaltung der Beteiligung an UN-Blauhelmmissionen müssen breit diskutiert werden.

  • Reform der Wehrpflicht
    Die Allgemeine Wehrpflicht muss völlig neu organisiert werden. Zunächst gilt es zu klären, was verteidigt werden soll: das Profitinteresse der europäischen Großkonzerne oder die Sicherheitsinteressen der Menschen in Österreich. Bevor sich die Menschen zwischen bewaffneter Verteidigung oder unbewaffneter entscheiden müssen, muss die Möglichkeit einer breiten und tiefen gemeinsamen Auseinandersetzung über die Fragen, was verteidigt werden soll und welche Möglichkeiten es dazu gibt, eingeräumt werden. Zivile, nicht-militärische Konzepte der Verteidigung und der Konfliktbearbeitung müssen bereits im Grundausbildung bearbeitet werden. Verteidigung hat viele Dimensionen und so eröffnet sich ein breites Spektrum an Möglichkeiten einen spezifischen Beitrag im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht zu leisten. Freilich muss auch die Entscheidung bewaffnete oder unbewaffnete Verteidigung vorbereitet werden. Die Trennung in abgezirkelte Sektoren, die kaum mehr miteinander in Berührung kommen, sollte überwunden werden. Trotz der Festlegung auf bestimmte spezifische Beiträge im Rahmen der Wehrpflicht, kann gerade sie einen Beitrag dazu leisten, dass ein strukturierter und reger Austausch quer über alle Bereiche stattfindet.

Es gab vor dem 20. Jänner 2013 gewaltigen Druck auf Österreich. Der wird nach dem 20. Jänner nicht nachlassen. Brigadier Johann Frank, Leiter des Büros für Sicherheitspolitik im Landesverteidigungsministerium hat es im„Standard“ am 17.1.2013 so ausgedrückt: „…Mit der sich in Ansätzen abzeichnenden Vertiefung der wirtschafts- und finanzpolitischen Integration wird aller Logik zu Folge auch eine engere Verteidigungskooperation in der EU einhergehen. Entweder im Format der EU-27 oder in Form einer Kerngruppe…“ und „…Es droht eine Abkoppelung von einer sich weiter verdichtenden gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU und ein Abgleiten in die dritte Liga mit dem damit verbundenen Einfluss- und Mitgestaltungsverlust…“

Das klare Ergebnis der Volksbefragung vom 20. Jänner 2013,  muss als Chance zur Abkoppelung vom EU-Militarismus und zur Wiederbelebung der Neutralität genutzt werden.