Die neue österreichische Regierung bekennt sich offen zum militärischen Beistand in der EU – die nächste Demontage der Neutralität, der nächste Schritt in Richtung Krieg. Wir müssen Widerstand gegen die aufrüstungsgeilen Blindgänger in der Regierung leisten.
Die neue Regierung aus ÖVP, SPÖ und Neos hat sich bei der Regierungsklausur vor wenigen Tagen auf neue sicherheitspolitische Leitlinien verständigt. Österreich werde „einen militärischen Solidarbeitrag innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens zu erbringen“, heißt es in einer Unterlage. In der Pressekonferenz am Ende des ersten Tages der Klausur präzisierte Außenministerin Beate Meinl-Reisinger in der Frage des militärischen Solidarbeitrags, es gehe nicht „um das Ob, sondern um das Wie“ (Kleine Zeitung, 8.4.2023).
Nun ist die Katze aus dem Sack: Die Regierung ist bereit auch militärisch Beistand zu leisten – und damit Österreich einen großen Schritt näher in den Krieg zu führen. Das ist nicht wirklich überraschend. Der EU-Vertrag von Lissabon sieht eine militärische Beistandsverpflichtung vor, die härter als die der NATO ist. Während in der NATO ein Mitgliedsland wählen kann, mit welchen Mitteln es Beistand leistet, verpflichtet der Artikel 42 des EU-Vertrags zu einer unbedingten militärischen Unterstützung. Bisher haben sich die Regierungen immer mit der sog. „Irischen Klausel“ herausgewunden. Diese besagt, dass die die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU „den besonderen Charakter […] bestimmter Mitgliedstaaten nicht berührt.“ Dass man daraus für Österreich neutralitätspolitisch ernsthaft etwas ableiten könne, war immer schon verwegen, um nicht zu sagen verlogen. Immerhin hat sich Österreich im Artikel 23j schon 1999 dazu bekannt, bei Kriegseinsätzen der EU mitzumarschieren – global, auch ohne ein UN-Mandat. Aber angesichts der ungebrochen hohen Zustimmung in der Gesellschaft zur Neutralität diente die „Irische Klausel“ als Beruhigungspille für die Bevölkerung.
EU: „Kriegsmentalität“, „Kriegswirtschaft“, „Kriegstauglichkeit bis 2030“
Nun ist offensichtlich die Zeit gekommen, um den Schalter umzulegen. Die EU mutiert zu einer offenen Kriegsunion: Die EU muss „auf eine Kriegsmentalität umschwenken“ (NATO-Generalsekretär Marc Rutte), „auf Kriegswirtschaft umstellen“ (EVP-Vorsitzende im Europaparlament, Manfred Weber), „bis 2030 kriegstauglich sein“ (EU-Kommission). Der Spielraum für Beruhigungspillen ist offensichtlich vorbei. Auch in Österreich. Die neue Regierung bekennt sich offen zur militärischen Beistandpflicht der EU und das schwarz-rot-pinke Regierungsprogramm hat schon angekündigt, dass sie sich für eine EU-Armee und die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzip in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik einsetzen wird. Bis 2033 sollen zusätzlich (!) 23 Milliarden für Aufrüstung ausgegeben werden.
Kriegs- und aufrüstungsgeile Blindgänger
Dass die Regierung die Teilnahme an der immer radikaleren EU-Militarisierung noch immer für neutralitätskonform erklärt, ist lächerlich - und völlig bedeutungslos. Denn Neutralität lebt von der internationalen Glaubwürdigkeit. Mit ihren Maßnahmen untergräbt die Regierung aber diese Glaubwürdigkeit vollständig. Damit kann Österreich nicht mehr darauf vertrauen, von Konfliktparteien als neutral eingeschätzt zu werden. Die Politik der österreichischen Regierung, die Neutralität zu demontieren, macht Österreich zum Kombattanten und damit zu einem potenziellen Angriffsziel. Neutralität gewährt in einer zunehmend von Konflikten geprägten Welt nur dann den BürgerInnen Sicherheit, wenn sie glaubwürdig gelebt wird. Die Demontage der Neutralität untergräbt die Sicherheit – die der eigenen BürgerInnen, aber auch international. Denn Neutralität ist eine wertvolle Chance, internationale Initiativen zu setzen, die Kriegen und Spannung entgegenzuwirken, auf Vermittlung, Dialog und Diplomatie statt auf Waffen setzen. Noch nie wäre eine solche Politik dringender gewesen als heute, noch nie hatten wir aber derartig aufrüstungsgeile Blindgänger in der Regierung, die Österreich in die Teilnahme an Kriegspakten und Kriegen treiben. Stocker, Babler, Meindl-Reisinger sind eine sicherheitspolitische Bedrohung für dieses Land und seine BürgerInnen.
15. Mai: Aktive Neutralität statt EU-Aufrüstungswahn!
Bruno Kreisky würde sich angesichts seiner Nachfolger im Grab umdrehen. Die Rotation eines Toten hilft uns aber nicht, sehr wohl hilft uns aber, wenn sich die Lebenden für Frieden und Neutralität bewegen. Setzen wir ein Zeichen daher am 15. Mai 2025, dem 70. Jahrestag das österreichischen Staatsvertrags, ein Zeichen: Aktive Neutralität statt EU-Hochrüstungswahn. Kommt zur Demonstration um 17 Uhr zum Christian Broda-Platz.
Gerald Oberansmayr
(April 2025)