Das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI hat die militärischen Ausgaben für das Vorjahr publiziert. Mit fast 2,4 Billionen US-Dollar hat die Welt 2023 einen neuen Höhepunkt bei den Militärausgaben erreicht, ein realer Zuwachs um 6,8%.
Seit dem Überfall der NATO auf die BR Jugoslawien (1999) geht es mit den Militärausgaben nahezu ununterbrochen bergauf. Ein Krieg folgte auf den nächsten: Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, Ukraine, Gaza usw. Der Krieg in der Ukraine hinterlässt auch in den Aufrüstungsbudgets gewaltige Spuren: Das russische Militärbudget ist in den letzten beiden Jahren um 60% angewachsen (auf 126 Mrd. US-$), das ukrainische gar um 800% (auf 62 Mrd. US-$).
Spitzenreiter sind nach wie vor die USA mit einem Anteil von 36,7% der globalen Militärausgaben. Die Europäische Union befindet sich seit 2014 im Rüstungsrausch. Seit damals sind die Militärausgaben – inflationsbereinigt – um 42% gestiegen. Der „Strategische Kompass“ der EU, der 2022 verabschiedet wurde, soll dafür sorgen, dass es in dieser Tonart weitergeht. Real sind die Militäretats um 6,4% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Deutschland hat sich endgültig vor Frankreich als Nummer 1 bei den Militärausgaben etabliert. Und Polen hat sich mit einem Plus von 75% (!) seit dem Jahr 2022 auf Platz 4 vorkatapultiert.
Die NATO-Staaten geben gemeinsam mehr als die Hälfte der weltweiten Militärausgaben aus, obwohl sie nur ein Zehntel der Weltbevölkerung stellen. Gemeinsam mit den eindeutig westlich orientierten Staaten kommen sie auf 67%. Auch die chinesischen Militärausgaben wachsen an und halten bei knapp 13% der weltweiten Militärausgaben (bei 17,5% der Weltbevölkerung).
Großer Krieg…
Joseph S. Nye, Professor für internationale Studien an der Universität Havard, schrieb 1990: „Eine der ältesten Verallgemeinerungen über die internationale Politik schreibt den Ausbruch von Kriegen Veränderungen im Kräfteverhältnis zwischen den führenden Nationen zu. Einige Politikwissenschaftler, die solche Theorien auf moderne Zeiten anwenden, glauben, dass eine Periode zunehmender Kriegshandlungen um 2000 bis 2023 erwartet werden könnte.“ Diese Prognose scheint sich schlafwandlerisch zu erfüllen. Und doch ist sie Unfug. Konkurrenzbeziehungen sind gesellschaftliche Verhältnisse und kein Naturgesetz. Manche sind freilich so durchdrungen von diesen Konkurrenzverhältnissen, dass ihnen ein großer Krieg unvermeidbar erscheint, weil für sie kooperative Beziehungen unvorstellbar sind.
… oder große Friedensbewegung
Ja, die Gefahr eines großen Krieges wächst, sie ist real, so wie das Leiden in der Ukraine, in Palästina und vielen anderen Kriegsschauplätzen real ist. Ebenso real aber ist auch, dass politische Ziele mit militärischen Mitteln nicht mehr durchgesetzt werden können. Die Amerikaner sind in Afghanistan und Irak genauso gescheitert, wie die Russen in der Ukraine und die Israelis in Gaza. Geopolitische und geoökonomische Rivalitäten werden immer mehr zum Hemmschuh jeglicher Entwicklung. Klimaschutz braucht Kooperation, die Erhaltung der Artenvielfalt braucht Kooperation, die Bekämpfung des Hungers braucht Kooperation. Konkurrenz (im großen Stil) ist zum Auslaufmodell geworden. Sie muss in einer Welt mit unvorstellbaren Potenzen zu Ende gehen, wenn die menschliche Gesellschaft weiterleben soll. Diese Erkenntnis wächst, sie ist nicht mehr aufzuhalten. Sie muss in einer großen Friedensbewegung real werden.