Von der Aggression zu einer neuen, gerechten Weltordnung. Unter diesem Motto fand im März eine große mehrtägige internationale Konferenz in Belgrad anlässlich des 25. Jahrestages des Beginns der NATO-Aggression gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999 statt.
Seit zwei Jahren ist die Solidarwerkstatt Österreich, die bereits 1999 bei den Antikriegsdemos dabei war und auch jährlich das Gedenken an die Aggression in Wien unterstützt, Mitglied im Weltfriedensrat, der in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feiert. Die weltweite Organisation setzt sich für Frieden, Abrüstung und gegen Imperialismus und Ausbeutung ein. Die Konferenz in Belgrad fand unter Teilnahme des Weltfriedensrates statt. Hauptorganisator war das »Belgrader Forum für eine Welt der Gleichen«, die serbische Mitgliedsorganisation im Weltfriedensrat. Sie wurde im Jahr 2000 gegründet, ihr Präsident ist Živadin Jovanović, der ehemalige jugoslawische Außenminister. Die Ziele, die das »Belgrader Forum für eine Welt der Gleichen« verfolgt sind: Aufklärung gegen imperiale Politik, Ringen um den neutralen Status Serbiens und die Frage wie wir zu einer Welt kommen, in der eine friedliche, stabile Ordnung existiert, in der alle Nationen dieselben Rechte und Pflichten haben.
Forum der Völker
Es kamen einige hundert Teilnehmer aus vielen Ländern der Welt, aus allen Kontinenten. Besonders viele kamen aus den Trikontländern und dem globalen Süden. Es gab zwei große Themenstränge: erstens die Hintergründe, die historischen Auswirkungen der Aggression, die Zerstörungen, die Opfer. Der zweite beschäftigte sich mit der Frage, wie diese Aggression die internationalen Beziehungen beeinflusst hat und wie man vom Zeitalter der Aggression zu einem Zeitalter des Friedens kommt. In diesem Panel haben auch die Vertreter der Solidarwerkstatt Österreich gesprochen. Boris Lechthaler referierte zur Transformation der Grünen von einer Friedenspartei zu einer Partei des Bellizismus. David Stockinger analysierte in seiner Rede den Scholz’en „Zeitenwende“-Begriff und schlussfolgerte, dass mit der Zerstörung grundsätzlicher völkerrechtlicher Prinzipien und dem Bruch der UN Charta durch die NATO, die eigentliche Zeitenwende am 24.März 1999 stattfand und die internationale Ordnung und Sicherheitsarchitektur damals nachhaltig und schwer beschädigt wurde. Mit Auswirkungen bis heute. Der NATO-Krieg war so etwas wie ein Türöffner, mit dem das Völkerrecht durch das imperiale Faustrecht ersetzt wurde. In beiden Referaten wurde die Wichtigkeit einer ernsthaft gelebten Neutralität betont, die der beste Beitrag von Kleinstaaten in einem Zeitalter der Kriege der sich abzeichnenden Multipolarisierung ist. Eine stabile und friedliche Zukunft könne nur auf Basis einer solidarischen Souveränität gleichberechtigter Nationen gebaut werden.
Neutralität und Zusammenarbeit jenseits des Blockdenkens
Die Konferenz zeigte, dass die neutrale Haltung Serbiens im aktuellen Weltkonflikt von vielen Ländern der Blockfreien und der Peripherie respektiert wird. Die guten Beziehungen zu diesen Weltregionen stammen noch aus der Zeit, als Jugoslawien einer der treibenden Kräfte dieser Bewegung war. Die Abschlusserklärung der Konferenz fordert u.a. ein Ende der globalen US/NATO/EU-Hegemonialpolitik der letzten Jahrzehnte, einen Waffenstillstand und nachhaltige Friedenslösungen unter Berücksichtigung der jeweiligen beiderseitigen Sicherheitsinteressen an allen aktuellen Kriegsschauplätzen, Reparationszahlungen für die von der NATO zerstörten Wirtschaft und Infrastruktur, Respekt vor der territorialen Integrität Serbiens und der UN Resolution 1244, sowie eine Verankerung der militärischen Neutralität in der serbischen Verfassung. Diese basiert bisher nur auf einem einfachen Parlamentsbeschluss. Die Teilnehmer der Konferenz waren sich besonders in diesem Punkt einig: Militärblöcke spalten und eine weitere Eskalation mit dem Risiko einer nuklearen Auseinandersetzung muss unter allen Umständen verhindert werden.
Am Abend wurde eine hochinteressante Schau, tw. bisher unveröffentlichter Dokumentarfilme aus dem Jahr 1999, in der „Jugoslovenska Kinoteka“ organisiert.
Der Abschluss des Programms bildete die Kranzniederlegung beim Denkmal für die während der NATO-Aggression ermordeten Kinder im Tasmajdan-Park und beim Denkmal „Ewige Flamme“ im „Park der Freundschaft“ in Novi Beograd.
Für die Solidarwerkstatt Österreich war diese ausgezeichnet organisierte Konferenz eine gute Möglichkeit, sich international mit Gleichgesinnten auszutauschen und zu vernetzen. Wir freuen uns auf die weitere solidarische Kooperation für Frieden und Völkerfreundschaft.
David Stockinger
(Mai 20249
Foto: Zivadin Jovanovic, eh. Außenminister der BR Jugoslawien (Mitte) gemeinsam mit Boris Lechthaler (li) und David Stockingen (re), beide Vorstandsmitglieder der Solidarwerkstatt Österreich