Ein Schweizer Gerichtsurteil unterbindet die Datensammelwut durch „intelligenten“ digitalen Wasserzähler. Ein Vorbild und Anstoß, auch in Österreich bezüglich dem „intelligenten“ Strommessgerät „Smart Meter“ endlich einen verfassungskonformen Datenschutz zu gewährleisten.
Europaweit wird jahrelang unter dem Begriff „Smart“, „Digitalisierung“ oder gar „Intelligent“ ein unerhörter Raubbau an Privatsphäre vorangetrieben. Die Wirtschaft wird dabei von der Politik nicht nur gestützt, sondern, wie wir aus der Causa „Smart Meter“ wissen, sogar lebhaft befeuert. Allein, um in den Besitz des Goldes des 21. Jahrhundert, den Daten, zu kommen. Daten aus allen möglichen Lebensbereichen, zählen zu den begehrtesten Geschäftsmodellen der Zukunft. Ungeheure Mengen dieser privaten Daten aus dem Gesundheitssystem, unserem Konsumverhalten, aber auch Stromverbrauch und mittlerweile Wasserverbrauch werden ohne Scham und Fragen abgegriffen und weiterverarbeitet, um unermesslichen Profit für die Aktionäre zu generieren.
Unzulässiger Eingriff in die Datenschutzrechte
Ein Gericht in der Schweiz schiebt diesen unerhörten Eingriff in die Privatsphäre nunmehr einen Riegel vor. (1) Dieses Smart Metering basiert, und das nicht nur in der Schweiz, auf elektronischer Zählerstanderhebung durch den „intelligenten“ Wasserzähler. Alle 30 Sekunden misst diese technische Messeinheit den Wasserverbrauch und speichert ihn ab. Das wird nunmehr als grob rechtswidriger Eingriff in die Privatsphäre erkannt. Das Schweizer Gericht begründet ihr Urteil vom 21. Jänner 2021 damit, dass „permanente Datenauslesung und Speicherung in unzulässiger Weise in die Datenschutzrechte eingreifen.“ (2) Das Gericht formuliert weiter, dass „nicht notwendige Daten gar nicht erst erhoben und bearbeitet werden. In diesem Sinne ist auch ihr Schutz besser gewährleistet: Nicht existente Daten können nicht missbraucht werden.“
Damit wird vom Schweizer Gerichtsurteil ausgehend auch das Erstellen und Weiterverarbeiten von personenbezogenen Verbraucherprofilen scharf in Frage gestellt. Genau dieses fast permanente Auslesen von Verbraucherdaten durch die „smarte“ digitale Messtechnik bei Strom und Wasser greift nicht nur unbotmäßig in unsere Privatsphäre ein. Wir werden von der „smarten“ digitalen Wirtschaft zum gläsernen Menschen und somit durchschaubaren Konsumenten für Industrie und Wirtschaft degradiert.
Smart Meter-Einführung in Österreich: „Sittenbild der Verkommenheit“
Sogar der österreichische Rechnungshof hat in seinem Prüfbericht vom Jänner 2019 (3) zu den vielen fragwürdigen Umständen beim Smart Meter auch unmissverständlich das Spannungsverhältnis von Datengenerierung und Datenschutz privater Personen dargelegt.
Nach Ansicht des Rechnungshofes bestand „ein Spannungsverhältnis zwischen den Interessen,
- durch die Erfassung individueller Energieverbrauchsdaten eine Tarifvielfalt und - dadurch eine Marktbelebung zu initiieren,
- dabei den Aufwand für Netzbetreiber möglichst niedrig zu halten,
- den Maß– und Eichvorschriften Genüge zu tun, aber auch
- die Anforderungen des Datenschutzes ausreichend zu berücksichtigen.
In diesem Spannungsfeld fanden vor allem die Interessen des Datenschutzes – ob wohl ein Grundrecht im Verfassungsrang – vergleichsweise wenig Berücksichtigung.“ (Seite 86).
Ebenso kritisch, jedoch wesentlich direkter ist es einer juristischen Feststellung von Frau Dr. Barbara Zechmeister mit ihrer Spezialisierung auf Datenschutzrecht vom 19. August 2019 zu entnehmen: „Beim Rollout der intelligenten Stromzähler werden täglich unrechtmäßige Eingriffe in Grund- und Menschenrechte offenkundig vorangetrieben.“ (4)
Nunmehr ist es egal, ob es sich um einen „intelligenter“ Stromzähler Smart Meter oder „intelligenter“ Wasserzähler handelt. Im Ergebnis bilden beide in Summe gleiches ab: das verfassungsrechtlich nicht gedeckte Messen und Speichern von privaten Verbraucherdaten.
Das Schweizer Gerichtsurteil sollte auch für Österreich ein Anstoß sein, auch in Österreich verfassungskonforme Zustände herzustellen und dem „Sittenbild der Verkommenheit“, das bei der Smart-Meter-Einführung vom Rechnungshof aufgezeigt wurde, entgegenzutreten.
Zur Causa „Smart Meter“ ist die Wiener Rechtsanwaltskanzlei www.wienrecht.at dankenswerter Weise tätig geworden, was in der Fußnote nachzulesen ist. (5)
Smart Meter nein danke! Smarte Wasserzähler nein danke! Verfassungsrechtlicher Datenschutz aller Bürgerinnen, ja bitte! Und das sofort!
Rudolf Schober
(21. März 2021)
- https://www.heise.de/news/Schweiz-Permanentes-Smart-Metering-greift-in-Grundrechte-ein-5054258.html
- https://entscheide.weblaw.ch/cache.php?link=05.01.2021_1C_273-2020&sel_lang=de
- https://www.rechnungshof.gv.at/berichte/ansicht/die-einfuhrung-intelligenter-messgerate-smart-meter.html
- https://www.wienerzeitung.at/themen/recht/recht/2022925-Verstoss-gegen-das-Recht-auf-Privat-und-Familienleben.html
- https://wienrecht.at/tipps/432-big-brother-is-watching-you-through-the-socket
https://www.wienrecht.at/veroeffentlichungen/466-wiener-anwalt-will-gegen-smart-meter-rollout-klagen