ImageDie Paragrafen 278 ff StGB werden missbraucht, um Teile der Zivilgesellschaft mundtot zu machen, wenn sie ihre Kritik an bestehenden Verhältnissen zu laut und deutlich äußern. Es wird Zeit, die Paragrafen 278 ff StGB endlich so zu reformieren, dass sie nicht missbräuchlich gegen kritische JournalistInnen, KünstlerInnen, DemonstrantInnen, NGOs und Gewerkschaften eingesetzt werden können. 

- Der Erfolg der angeklagten Tierrechts-AktivistInnen zeigt, wie wichtig Solidarität ist
- Neuerliche Einschüchterungsversuche aus dem Justizministerium zeigen, dass der Kampf gegen die skandalösen §§ 278 ff jetzt erst recht fortgesetzt werden muss. 

Darum
hier die Petition für die Novellierung der §§ 278ff unterstützen!

Die Paragraphen 278 ff des Strafgesetzbuches (StGB) wurden geschaffen, um MenschenhändlerInnen, die Mafia oder TerroristInnen hinter Schloss und Riegel zu bringen. Unklar scheint es aber selbst für Juristen zu sein, wann diese Paragrafen anzuwenden sind. Wie sonst hätte es zur missbräuchlichen Anwendung des Anti-Mafia Paragraphen § 278a StGB (Bildung einer kriminellen Organisation) z.B. gegen die Tierrechts-AktivistInnen im Tierschutzprozess von Wiener Neustadt kommen können? Ein Prozess, der für heftige Kontroversen sorgte, indem sogar eingeschleuste PolizeispitzelInnen keine Straftat bestätigen konnten, Unsummen von Steuergeldern verschlang, die Angeklagten aufgrund der Prozessdauer und der Folgen an den finanziellen Abgrund trieb, sie und ihre Familien enormen psychischen Druck aussetzte und bei dem alle 13 Angeklagten nach über einem Jahr Prozess am 2. Mai 2011 in allen Anklagepunkten freigesprochen wurden. Dass die 13 die lange Zeit durchgestanden haben, verdanken sie nach eigenen Aussagen der Solidarität vieler Menschen, die sie in dieser harten Zeit unterstützt haben. Es gibt daher zwei Lehren aus diesem skandalösen Prozess: Solidarität wirkt. Und: Diese Paragrafen müssen in dieser Form weg.

 

15 Jahre Haft für zwei brennende Mistkübel?

Die Fälle, in denen mit den §§ 278 ff auf politische AktivistInnen losgegangen wird, häufen sich. So wurde im vergangenen Jahr gegen vier StudentInnen, die sich im Rahmen der Studierendenbewegung engagierten, nach dem sog. "Anti-Terror-Paragrafen" § 278b ermittelt. Ihnen wird vorgeworfen, zwei Mistkübel angezündet zu haben. Nach § 278b droht eine Strafe bis zu 15 Jahre Gefängnis. Bei einer Hausdurchsuchung wurde außerdem ein Video, das sie nachweislich für ein Projekt an der Akademie der bildenden Künste Wien mit der Videokamera aufnahmen, gefunden, das den Weg einer Abschiebung vom Schubhaftgefängnis bis zum Flughafen zeigt. Dieses Video begründe den "dringenden Verdacht, dass die Beschuldigten offensichtlich die Verhinderungen von Abschiebungen, möglicherweise aber auch Häftlingsbefreiungen planen". (...) "Motiv für die offensichtlich geplanten Aktionen könnte die Erzwingung einer Gesetzesänderung aber auch die Änderung der Asylpolitik in Österreich sein". 

Diese Paragrafen werden missbraucht, um Teile der Zivilgesellschaft mundtot zu machen, wenn sie ihre Kritik an bestehenden Verhältnissen zu laut und deutlich äußern. Es wird Zeit, die Paragrafen 278 ff StGB endlich so zu reformieren, dass sie nicht missbräuchlich gegen kritische JournalistInnen, KünstlerInnen, DemonstrantInnen, NGOs und Gewerkschaften eingesetzt werden können. 

 

Petition für Novellierung von §§ 278ff unterstützen!

Die "Plattform gegen Kriminalisierung von politischem Engagement" hat bereits vor einiger Zeit eine Petition an den Nationalrat für die demokratieverträgliche Reformierung der §§ 278 ff StGB gestellt. In der Begründung für diese Petition heißt es: „Diese Paragrafen, die angeblich zur Bekämpfung von Mafia- und Terrororganisationen eingeführt wurden, sind so bedenklich formuliert, dass dadurch leicht politisches Engagement kriminalisiert und damit mundtot gemacht werden kann. Genau das ist passiert, als man zehn Tierrechts-AktivstInnen monatelang inhaftierte, obwohl ihnen keine konkrete strafbare Tat nachgewiesen werden konnte. Polizei und Justiz nützten den § 278a, um einem Modekonzern unliebsame Kritiker vom Hals zu schaffen, indem man sie wegsperrte. Folgt man der Interpretation der §§ 278 ff, könnte eine Aktion wie die Besetzung der Hainburger Au 1986 heute als "terroristischer Akt" verfolgt werden. Das ist eine Bedrohung für Demokratie und Menschenrechte!“ 

Neuerlicher Einschüchterungsversuch aus dem Justizministerium

 

Unmittelbar nach dem für Politik, Staatsanwaltschaft und Polizei so blamablen Ende der Prozesse gab es Signale der politisch Verantwortlichen, über eine Änderung dieser Willkür-Paragraphen nachzudenken. Diese Nachdenklichkeit dürfte bereits wieder verflogen sein. So verkündet Christian Pilnacek, hoher Beamter im Justizministerium (Sektion Strafrecht), Anfang Juni an, dass „eine Novellierung des § 278a beibehalten und eine Novellierung nicht angedacht sei.“  Im gleichen Atemzug erneuert der hohe Beamte die Bereitschaft zur Kriminalisierung von politischem Engagement: Pilnacek „rät Demonstranten bei der Wahl ihrer Mittel aufzupassen, es sei nicht auszuschließen, dass man auch künftig ungerechtfertigt in Verdacht gerät.“ (Standard, 5.6.2011). Das ist eine brutale Drohung: Denn die Erfahrung der Tierrechts-AktivistInnen zeigt, welchen Torturen zu durchstehen sind, um die eigene Unschuld gegenüber einer entfesselten Staatsanwaltschaft nachzuweisen: monatelange Untersuchungshaft, Jobverlust, hohe Schulden, enorme psychische Belastungen für die Betroffenen und ihre Familie, usw. Das Verfahren selbst gerät zur Strafe. Dieser erneute Einschüchterungsversuch zeigt: So wichtig der Erfolg im Prozess war, so wenig kann Entwarnung gegeben werden. Der Kampf gegen diese Paragrafen muss weitergehen! 

 

Bitte unterstützen Sie diese Petition gegen die Kriminalisierung von politischem Engagement durch §§ 278 ff ! Die Petitionsliste kann herunterladen werden von http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=54&Itemid=49 oder auch bei uns bestellt werden: Mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!