smart meter grossIn Niederösterreich wird das gesetzlich verbriefte Recht auf Ablehnung des Smart Meters bis hin zur Beibehaltung bzw. Neueichung des Ferraris-Zählers respektiert. In Oberösterreich drohen die Konzerne mit Stromabschaltung, wenn KundInnen ihr Recht auf Opting-out geltend machen.


Die Grenze zwischen Recht und Unrecht ist in Österreich fließend!

Im sprichwörtlichen sowie genau genommen ebenso im realen Sinne. Der Unterschied zwischen Oberösterreich (OÖ) und seinem östlichen Nachbarn Niederösterreich kann größer nicht sein. Fast möchte stromverbrauchende/r Mann und Frau ausrufen: „Ich möchte ein/e Niederösterreicher/In sein.“

Die Begründung dazu liegt im Verhalten, wie Stromkonzerne mit ihrer Kundschaft umzugehen pflegen. In Oberösterreich stellen unzählige Berichten von Stromkonsumenten/Innen den beiden großen Stromkonzernen Energie AG sowie Linz AG bzw. deren abgespalteten Netztöchtern kein gutes Zeugnis für rechtskonformes und kundenorientiertes Verhalten aus. In Oberösterreich, so die Berichte, wird dem gesetzlich verbrieften Recht auf Ablehnung des Überwachungsstromzählers Smart Meter in keiner Weise nachgekommen. 

Laut § 83 des Elektrizitäts- und Organisationsgesetz hat eine Stromkunde - auch in Oberösterreich! - das Recht auf Ablehnung des Smart Meter (Opt Out): 

"Im Rahmen der durch die Verordnung bestimmten Vorgaben für die Installation intelligenter Messgeräte hat der Netzbetreiber den Wunsch eines Endverbrauchers, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, zu berücksichtigen."

In den letzten drei Jahren ist uns in OÖ kein einziger Fall bekannt geworden, in welchem die Stromindustrie dem Gesetzestext des § 83 EIWOG ihren Kunden/Innen gerecht geworden wäre. Einzig das Angebot, die Abschaltung einer Funktion (15 minütige Messtaktung) des digitalen Strommesszählers (was nicht kontrolliert werden kann), wird von den Stromkonzernen unsachgemäß als Opt Out interpretiert. 

Dem Wunsch von Stromkunden/Innen auf Ablehnung eines Smart Meters wird auf der anderen Seite der fließenden Grenze, in Niederösterreich, dagegen in gesetzeskonformer Interpretation des § 83 EIWOG nachgekommen. Auch die Stromkunde wird vorab informiert, wie es laut Gesetz völlig transparent geregelt ist:

„Der Netzbetreiber ist vor Installation des Zählers in Ihrer Anlage verpflichtet, Sie über den Austausch des Zählers auf ein intelligentes Messgerät zu informieren. Ab diesem Zeitpunkt bis zur tatsächlichen Installation können Sie das intelligente Messgerät ablehnen.“

30% in NÖ gegen Smart Meter

Da der Niederösterreichische Stromversorger EVN in einer Testphase der Einführung von Smart Meter genügend Erfahrung sammeln konnte, will die EVN ihre Kunden weder nötigen noch zum Einbau des unbeliebten Smart Meter zwingen. Über 30 % der Niederösterreichischen Stromkunden/Innen haben sich in der Testphase gegen den Einbau oder Installation des Überwachungszählers Smart Meter ausgesprochen. Die EVN bietet ihren Kunden/Innen sogar an, den analogen Ferraris-Zähler behalten zu können, wenn dies gewünscht wird (Profil, 15.09.2016). Es scheint genügend neue oder neu geeichte Ferraris-Zähler zu geben. Die von der österreichischen Regierung verordnete 5% Grenze (in der EU sind das 20%) von Opt-Out-Willigen scheint in Niederösterreich ebenso kein gröberes Problem darzustellen. Alle die den Smart Meter ablehnen, dürfen dies auch. Und sollten es noch so viele sein. 

Auch in Wien gibt es durch die Hartnäckigkeit einzelner Kunden bereits erste Erfolge bei der Durchsetzung eines rechtsformen Opting-outs, sprich der Beibehaltung bzw. Neueichung des Ferraris-Zählers (sh. hier).

Stromkunde als rechtloser Befehlsempfänger?

Dass die oberösterreichischen Stromversorger hier akuten Nachholbedarf an kundenfreundlicher Orientierung haben, können wir aus den unzähligen Berichten von OÖ Stromkunden/Innen erfahren. Das reicht bis hin zur Drohung der Stromabschaltung, wenn jemand das Recht auf ein gesetzeskonfromes Opting-out in Anspruch nehmen möchte. Kunden sprechen von verbaler Nötigung durch Sachbearbeiter. In einer Unzahl von Fällen wurde der Smart Meter ohne Vorankündigung einfach in die Zählerkästen montiert. 

Meine Vermutung, wieso in Oberösterreich weder rechtskonform noch kundenfreundlich gehandelt wird: In OÖ wird die Stromkunde als rechtloser Empfänger von herrschaftlichem Willen betrachtet, der dem Profit der Stromkonzerne nur im Wege steht. Einer Versorgungspflicht, einer respektvollen Behandlung der Stromkunden/Innen und dem Respekt vor den gesetzlich verbrieften Rechten der Stromkunden fühlt sich in OÖ offensichtlich niemand verpflichtet. 

Diese Praxis ist unerhört und muss sofort beendet werden! Die gesetzlich festgelegten Rechte der Stromkonsumenten/Innen müssen, wie in den östlich gelegenen Bundesländern, endlich eingehalten werden. 

Rudolf Schober
(Dezember 2016)

Hinweis:
Wer auf einer rechtskonformen Durchsetzung des Opting-Outs - d.h. Nichteinbau eines Smart Meters - beharren will, für den/die hat die Solidarwerkstatt einen Musterbrief vorbereitet, sh. hier:
http://www.solidarwerkstatt.at/index.php?option=com_content&view=article&id=1597:musterbrief-smart-meter-beharren-auf-ein-rechtskonformes-opting-out&catid=56&Itemid=77