smartmeter pickerl endDie Stromkonzerne versuchen das „Opting out“ beim Smart Meter zu unterlaufen, indem sie die digitalen Messgeräte nur in einem bestimmten Takt auslesen. Dann wären die StromkundInnen angeblich von einer Überwachung ihrer Privatspähre geschützt. Ein Trugschluss.


Um die Frage, ob eine Ablehnung des Überwachungsstromzählers Smart Meter durch eine Stromkunde gerecht wird, wenn eine Ablesung des Stromverbrauches mittels einer Viertelstunden- oder einer noch selteren Taktung vollzogen wird, stellen wir eine Gegenfrage: Wird die zu bezahlende Summe eines Großeinkaufes im Supermarkt korrekt dargestellt, wenn punktuell nur jedes Zehnte Produkt von der Kassa registriert und an Sie verrechnet wird?

Dieser Umstand würde alle Konsumenten/Innen freuen, da die dadurch zu bezahlende Summe, nach Adam Riese sehr gering ausfallen wird, oder ist es zur Korrekten Darstellung der zu bezahlenden Einkaufssumme notwendig, jedes Produkt einzeln am Band zu erfassen und gesamt zu verrechnen? Das ist bis Dato gelebte Praxis, jede andere Methode, so wie die vorher abgefragte, würde an der seriösen Geschäftsfähigkeit des Einkaufsmarktes zweifeln lassen. Und trotzdem versuchen uns die Stromkonzerne weis zu machen, dass beim Smart Meter die Fernablese im Viertelstunden-Takt eine korrekte Stromverbrauchsmessung ohne permanente Überwachungsmöglichkeit gewährleisten würde.

Problemloser Ferraris-Zähler

Grundsätzlich unterscheiden wir zur Stromverbrauchsmessung zwischen digitalem Smart Meter und analogem Ferraris Zähler. Der analoge Ferraris-Zähler besitzt tatsächlich so etwas wie ein Gedächtnis, über lange Zeit hinweg, ohne selbst Strom zu verbrauchen. Dieses Gedächtnis des Ferraris-Zähler besteht aus einem Elektromagnetischen Zählwerk, Anker und Spule, welches durch Ihren Stromverbrauch für E-Herd oder anderes, über Zahnräder und Welle ein mechanisches Zählwerk antreibt. Dieses ist das metallene gezählte Gedächtnis, welches einmal im Jahr, oft von der Stromkunde selbst, abgelesen und an den Stromkonzern zur Verrechnung mitgeteilt wird. Der Energieverbrauch dafür, Ablesung des Ferraris Zähler durch die Kunde, Postkarte an den Stromkonzern und Abbuchung vom Konto. Kurz gesagt, sehr überschaubar und nicht wesentlich aufregend. Wichtig bei jeder korrekten Erfassung eines Stromverbrauches ist jedoch, dass der Stromzähler in jedem Fall rund um die Uhr und permanent im Einsatz steht. Ansonsten werden Lücken in der Erfassung von Stromverbrauch und verbrauchter Strommenge entstehen, welche sich zulasten der Stromlieferanten auswirken könnten. Wie gesagt, beim Ferraris-Stromzähler kein Problem, arbeitet und misst dieser den Stromverbrauch, ohne selbst Strom zu verbrauchen über Jahrzehnte hinweg, bisher klaglos.

Spion in unserem Haushalt

Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn es sich um den Digitalen Überwachungszähler Smart Meter handelt.

Gegen den Smart Meter hat es bereits massive öffentliche Proteste gegeben, nicht zuletzt, weil dieser ein „Spion“ in unserem Haushalt ist, der über die permanente Strommessung ein detailliertes Profil unserer Privatsphäre erstellt. Diese Proteste haben dazu geführt, dass im Juli 2013 im Österreichischen Parlament das Recht auf „Opting out“ beschlossen wurde. Im §83 Abs. 1 des Elektrizitätswirtschafts und –organisationsgesetz ElWOG 2010 heißt es dazu:

"Im Rahmen der durch die Verordnung bestimmten Vorgaben für die Installation intelligenter Messgeräte hat der Netzbetreiber den Wunsch eines Endverbrauchers, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, zu berücksichtigen".

Die an uns berichteten Erfahrungen von StromkonsumentInnen, die einen Smart Meter ablehnen, dokumentieren einen besorgniserregenden Umgang mit Rechtssicherheit und Konsumentenschutz durch die Stromkonzerne: Oft wird von Stromnetzbetreiber ein Ablehnen des Smart Meter durch Stromkund/Innen grundsätzlich abgelehnt bzw. die Montage eines Smart Meters zwingend vom Stromkonzern vorgeschrieben, mitunter bei unverhohlener Androhung einer Stromabschaltung.

Ein Ablehnen des Smart Meter ist jedoch im Opting Out des vorhin zitierten EIWOG 2010 § 83 Abs.1 im Sinne der Stromkunden ein Nicht-Montieren des Smart Meter und das Verbleiben des Ferraris-Zähler. So sehen es nicht nur die Stromkunden/Innen, welche den Smart Meter ablehnen, sondern ebenfalls einige Stromnetzbetreiber, welche derzeit in einer sehr unangenehmen Investitionsunsicherheit stehen.

Smart Meter zeichnet ständig auf

Mittlerweile wird von Energieunternehmen versucht, die Umstellung der Strommesszählung durch Smart Meter auf einen Takt von mehr als einer Viertelstunde als „Opting Out“ zu verkaufen. Damit soll entkräftet werden, dass der digitale Überwachungszähler uns ständig und lückenlos überwacht. Aber wie soll das technisch möglich sein? Ohne eine lückenlose und flächendeckende Erfassung von Ihrem/unseren Verbrauchszahlen festzuhalten, kann weder der Stromverbrauch noch die Stromlast festgestellt noch für eine allfällige Verrechnung abgespeichert werden. Es muss zum Feststellen des Stromverbrauches sowie der Stromlast ein Gehirn im oder am Stromzähler installiert sein, welches rund um die Uhr seinen Dienst macht, um festzustellen und sich zu merken, was verbraucht wurde. Auch wenn in dieses Gehirn nicht ständig reingeschaut wird, zeichnet dieses ständig auf.

Wir fragen also nach: Wie wird der Stromverbrauch festgestellt und was wird sodann verrechnet? Ist der Smart Meter dann außer Betrieb, wenn er angeblich nicht messen soll? Verbraucht der Smart Meter dann in dieser Stillstandphase, in welcher er angeblich nicht misst, dann auch selber keinen Strom? Ist das Nichtanzeigen am Smart Meter Display eine Garantie dafür, das keine Daten des Stromverbrauch oder andere festgestellt und abgespeichert werden? Kann der/die Stromkunde diese Einstellungen am Display auf Korrektheit oder Missbrauch kontrollieren? Wer hat wann und in welchem Umfang Zugriff auf die Einstellungsmöglichkeiten am Smart Meter? Wer hat wann und in welchem Umfang Zugriff auf die Daten des Smart Meter und wer kontrolliert unabhängig diesen Zugriff? Wie ist es für die Stromkunde kontrollierbar, was und wann an Daten vom Smart Meter übertragen oder abgerufen werden?

Lassen wir uns also nicht für dumm verkaufen! Die einzige Chance, unser gesetzlich verbrieftes Recht auf Ablehnung des Überwachungsstromzählers Smart Meter auch wirklich umzusetzen heißt: Beibehalten des Ferraris-Zählers, der unseren Stromverbrauch misst, ohne zu überwachen.

Rudolf Schober
(Juni 2016)

Weitere Informationen siehe Solidarwerkstatt-Dossier: Smart-Meter - Nein Danke!