ImageDie 1. Mai-Mahr
oder
Es fällt mir so schwer, mir das vorzustellen

Tragikomödie in einem Akt

Auf den Tag genau zum Halb-Jahres-Tag des massiven Polizeieinsatzes gegen die alternative 1-Mai-Demonstration in Linz endete der Prozess gegen den Vizerektor der Linzer Kunstuniversität Mag. Rainer Zendron wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt mit einem klaren Freispruch.

 

 

Eigentlich wollte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Rainer Zendron schon gänzlich einstellen. Aufgrund der Intervention des Justizministeriums blieb von zweimal Widerstand gegen die Staatsgewalt und einmal schwerer Körperverletzung nur noch einmal Widerstand gegen die Staatsgewalt übrig.

 

In der Verhandlung ging es dann um die rund 10 Sekunden, in denen Rainer Zendron einen Beamten attackiert haben soll. Die vier Beamten, die als Zeugen geladen waren, verwickelten sich in ihren Aussagen in Widersprüche, die Aussagen wollten einfach nicht zueinander passen und wichen in weiten Teilen deutlich von den im Video Polizeieinsatzes gezeigten Vorgängen ab. Der von Zendron angeblich attackierte Beamte sagte - zum Amüsement des Publikums - aus: „Ich glaube, dass ein bis zwei Schläge erfolgt sind“. Auf die Frage des Richters, ob er denn nun geschlagen worden sei oder nicht, verwickelte sich der Zeuge in unentwirrbare Widersprüche, die letztlich in einem „Ich weiß es nicht“ endeten.

 

Ein weiterer Beamter sagte aus, Zendron hätte den betreffenden Beamten zwar nicht geschlagen, diesen aber massiv bedrängt und umklammern wollen. Auch hier brachte eine weitere Befragung durch den Richter und den Verteidiger nur weitere Mutmaßungen, noch mehr Widersprüche und keine Beweise - wie auch bei den Aussagen der weiteren geladenen Beamten. Aufgrund der eklatanten Ungereimtheiten waren Richter, Staatsanwältin und Anwalt wiederholt gezwungen, Videos auf dem Laptop anzusehen, um einigermaßen Licht in die Aussagen der Beamten zu bringen - aber ohne Erfolg.

 

In seiner Rede vor der Urteilsverkündung wies der angeklagte Vizerektor auf den hohen Symbolwert des traditionellen ersten Maiaufmarsches hin. Sein Großvater sei vor 75 Jahren  in der Zeit des Austrofaschismus ebenfalls verhaftet worden. Er hoffe auf einen Freispruch, verlangte aber auch  eine Anklage des Einsatzleiters der Polizei und eine Entschuldigung der Innenministerin.

 

Der Richter spricht mit der Bemerkung "Es fällt mir so schwer, mir das vorzustellen" Mag. Zendron von der Anklage wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt frei. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.

 

Dieser Freispruch ist nun der vierte in Zusammenhang mit den Ereignissen um den 1. Mai 2009 (eine Verurteilung ist noch nicht rechtskräftig), was die damaligen und unwiderrufenen Reaktionen von Verantwortlichen und Politiker_innen einmal mehr hinterfragenswert macht: Stehen Landeshauptmann Pühringer, Vizebürgermeister Hatzl, der angehende Linzer Sicherheitsstadtrat Wimmer, Sicherheitsdirektor Lißl und Polizeidirektor Widholm nach wie vor uneingeschränkt hinter „ihrer Polizei“? Sprechen sie nach wie vor von „Vorverurteilungen der Exekutive“? Was gedenkt das BIA mit mindestens zwei vor laufenden Kameras prügelnden Beamten zu tun oder mit dem Leiter des Linzer Einsatzreferates Oberstleutnant. Moser, der Aussage-Vorlagen für am 1. Mai eingesetzte Beamte verschickt hat? Wird sich Innenministerin Fekter entschuldigen? Wird es so etwas wie Aufklärung und Konsequenzen geben? Oder verläuft wieder einmal alles im Sand?

 

Doch es gibt Hoffnung: Gerüchten zufolge darf der Beamte, der sich wild drauflos prügelnd seinen Schlagstock an Mag. Zendrons Rücken ruiniert hat, nicht mehr an ähnlichen Einsätzen teilnehmen.

 

Zur Erinnerung, von wem wirklich die Gewalt am 1. Mai in Linz ausgegangen ist Video vom Polizeieinsatz am 1. Mai in Linz