ImageDie Forschungsphase des EU-geförderten Überwachungsprojekt INDECT wurde abgeschlossen und soll nun bei europäischen Sicherheits- und Polizeibehörden Einsatz finden. Um diese Totalüberwachung zu realisieren, drängt die EU-Kommission auf die Öffnung des Luftraums für Drohnen bis 2016.

INDECT, hat sich zum Ziel gesetzt, eine Technologie zu entwickeln, die sämtliche bestehende Technologien (Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung, Telekommunikation, Gesichtserkennung, Websites, Diskussionsforen, Usernet-Gruppen, Datenserver, P2P-Netzwerke, polizeiliche, geheimdienstliche, militärische, forensische und zivile Datenbanken, Daten von luft- und seegestützten Plattformen und Satelliten, usw.) logisch miteinander verknüpft, abnormales Verhalten in Echtzeit auswertet und verwaltet, um mögliche Verbrechen im vorhinein zu erkennen und im Verdachtsfall die nächste Sicherheitsbehörde zu verständigen.

Was ist "abnormal"?

Was aber ist "abnormales" Verhalten? Jemand, der rennt, schreit oder laut flucht, im Öffi wie z.B. in Zügen auf dem Fußboden sitzt oder am Bahnhof sein Gepäck vergisst. Wer von uns hat nicht schon einmal im Zug oder im Lokal etwas vergessen, dreht plötzlich um und läuft im Eiltempo zurück? Abnormal?

Der Datenschützer Hans Gerhard Zeger meint „die technische Überwachung würde den Heuhaufen an Datenschrott vergrößern und man würde die Nadel, also den gefährlichen Verbrecher nämlich, immer schwerer finden.“

Überwachung im virtuellen und im physischen Raum

Maschinen entscheiden ob möglicherweise ein Verbrechen passieren wird. Und wenn sie irren? Manchmal scheint ein Verbrechen wahrscheinlich, es muss aber nicht stattfinden. Die Unschuldsvermutung wird einmal mehr ad absurdum geführt. Jeder ist zunächst verdächtig. INDECT soll der blitzschnellen Ausforschung sozialer Netzwerke, der Überwachung im virtuellen, aber auch im physischen Raum, wo Drohnen als fliegende Kameras zum Einsatz kommen und miteinander vernetzt werden sollen, dienen.

Dies wird unser Verhalten verändern. Menschen die sich beobachtet, bespitzelt fühlen und es werden, ändern ihr Verhalten und ihr Denken. Wie muss ich mich verhalten, was darf ich schreiben um nicht unschuldigerweise in das Verdachtsraster von INDECT zu geraten. Terroristen, Verbrecher werden, wie schon bei der Vorratsdatenspeicherung, ihre Schlupflöcher finden. Ins Visier der mit Gesichtserkennung ausgestatteten Kameras und Drohnen, der Internetüberwachungsprogramme usw., geraten womöglich Sie oder ich.

„Chilling Effect“

Der Wiener Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl: „Alleine das Bewusstsein, permanent unter Überwachung zu stehen, verändert das Verhalten in der Gesellschaft generell. Dies ist längst als "Chilling Effect" bekannt, eine Mischung aus Vorsicht und Paranoia führt dazu, dass immer weniger Bürger ihre Meinung frei äußern. Dasselbe wie im Bereich Video aber gilt für alle neuen Überwachungsansätze.“
(www.fm4.orf.at/stories/1725452/)

Zum künftigen Einsatzgebiet von vernetzten Drohnensystemen im urbanen Raum etwa gegen Demonstranten erklärte der INDECT "Ethikrat", der aus Polizisten und vier Zivilisten aus dem Forschungssektor besteht: „Der Einsatz von Drohnen über bewohntem Gebiet ist zwar in den meisten Regionen Europas derzeit verboten, aber INDECT ist nun einmal ein Forschungsprojekt. und Forschungsprojekte befassen sich in der Regel mit künftigen Technologien, für die noch keine Gesetzgebung besteht."

Wohl nicht ganz zufällig drängt die EU-Kommission auf die Öffnung des europäischen Luftraums für Drohnen bis 2016. Eifrig wird an der Novellierung der Luftfahrtgesetze in den EU-Staaten gebastelt. In Österreich wird 2014 ein Drohnengesetz in Kraft treten.

Neben den hohen Kosten die diese überbordende Überwachung durch Indect & Co mit sich bringt, meinen wir als Solidarwerkstatt, dass der Preis, den wir als Gesellschaft für diese Art von aufoktroyierter „Sicherheit“ bezahlen, wie etwa die Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten, der Meinungsfreiheit, zu hoch ist, nur um scheinbar subjektive Sicherheit zu gewinnen.

Wie schon Benjam Franklin sagte: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren“.

Eveline Steinbacher