Was wir endlich brauchen, ist nicht ein Wald an flächendeckenden 5G-Masten, sondern endlich einen zügigen Ausbau des Glasfasernetzes. Von der Breitbandmilliarde aus dem Jahr 2013 sind erst 15% abgerufen worden.

Anfang September 2020 fand eine zweite staatliche Auktion von Funkfrequenzen für den zweifelhaft „modernen“ aber für die Industrie und deren Bundesregierung wiederholt betont, sehr wichtigen Mobilfunkstandard 5G statt: „Wir haben das Ziel, Österreich zu einer der führenden Digitalnationen Europas zu machen.“

Den dafür werbenden Mobilfunkern, war laut der Telekombehörde RTR, die Frequenzsicherung durch diese Auktion nicht viel wert. Der österreichweite Platzhirsch A1 will 65,5 Mill. Euro für 5G springen lassen. Der Konkurrent Magenta legt schon 86,7 mill. Euro am Tisch und „3“ ist mit 49,6 Mill. Euro das Schlusslicht bei der ökonomischen Bewertung der vom Staat zur profitablen Verfügung Stellung dieser neuen Mobilfunkfrequenzen.

Beim derzeitigen LTE oder 4G Mobilfunkstandard wurden 2013 schon satte 2 Mrd. Euro als Vorauszahlung für fette Gewinne in die Staatskasse bezahlt. Ein vielfaches, als Garant für unvorstellbar vielfache Gewinne, welche Aktionäre und Investoren durch Gebühren aus Mobilkommunikation von Konsumentinnen kassieren dürfen.

Der bundesweite Ausbau des 4G Netz ist bis heute nicht zufriedenstellend abgeschlossen, die Netze sind extrem löchrig, der Empfang nur in wirtschaftlich relevanten Gebieten flächendeckend zufriedenstellend. Aber die Regierung, die Industrie, das Militär wollen und fordern den „modernen“ Mobilfunkstandard 5G. Dazu verspricht die Mobilfunkindustrie Milliarden an Investitionen für 5G in die Hand zu nehmen. So wie eben auch unsere Bundesregierung dazu noch unser Steuergeld dafür verwenden möchte. Für ein, einen Bruchteil eines Augenaufschlag schnelleres, mobiles Internet! Für ein mehr an schnelleren Datenverkehr! Für wen und für was?

5G für Industrie, Überwachung und Militär

Für Industrie, Gesundheit und Forschung bieten sich für eine 5G Nutzung die kostengünstigen Campus oder Insellösungen hervorragend an. Damit braucht es keinen flächendeckenden Wald an Sendemasten, nicht alle paar dutzend Meter aktive Microsenderzellen und dazugehörigen Funkwellenverkehr rund um die Uhr.

Das Militär und das hoheitliche Überwachungsmanagement brauchen die flächendeckende Mobilfunkbelegung sehr wohl. Die Menschen eher nicht. Die Menschen in der Fläche, vor allem außerhalb der Ballungszentren, benötigen schnelle Breitbandverbindung in ihren Häusern und Wohnungen. Nicht nur für Home Office oder für Home Learning sondern als modernes Medium einer Daseinsfürsorge für alle Fälle des sozialen Zusammenlebens. Wer stellt heute die flächendeckende Wasserversorgung in Frage, den Kanalanschluss, die Stromleitung oder Straßenanschluss? Vor hundert Jahren eine Utopie.

Breitbandausbau: Erst 151 Millionen von einer Milliarde abgerufen

Das, den Breitbandausbau, hat die Bundesregierung schon 2013 hoch und heilig versprochen und auch dazu benötigte Finanzmittel in Höhe von 1 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Das war vor sieben Jahren und bis heute sind davon sage und schreibe nur 151 Mill. Euro abgerufen bzw. für Glasfaserkabelverlegung verbaut worden. Obwohl alle bisherigen Bunderegierungen wissen, dass Zehntausende Haushalte in Österreich weder über Festnetz noch Mobilfunk Zugang zu Breitbandinternet haben. Obwohl alle weiteren Medien wie Wasser, Strom, Kanal oder Straße dazumal von der öffentlichen Hand gefördert und gebaut wurden.

Aber Milliarden Euro in fragwürde 5G Frequenzen investieren, welche in Wirklichkeit nur der Industrie nützen, zudem in Hand von Privatinvestoren und Aktionären, ist mehr als widerlich. Zudem zeigt auch eine Parlamentsstudie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unmissverständlich auf, dass es in diesem Stadium unverantwortlich sei, ungeprüft diese Mobilfunktechnik 5G anzuwenden. (2)

Ministerin ignoriert Parlamentsstudie

Doch davon will die österreichische Bundesministerin Margarete Schramböck nichts wissen. Trotz der Warnungen der Parlamentsstudie hält sie fest: „Aufbau und Verbreitung des neuen Mobilfunk-Netzwerks 5G der Ministerin ein großes Anliegen ist. Dabei müsse man die Bedenken der Bevölkerung bezüglich gesundheitlicher Auswirkungen zerstreuen, war sich die Ministerin – selber früher A1-Chefin – mit den anwesenden Vertretern aus der Telekom- bzw. Mobilfunkbranche einig. ‚Wir brauchen das nicht, um zu telefonieren, sondern wir brauchen es für unsere Wirtschaft‘“. (3)

Das ist nicht nur der Horizont von Wirtschaft und ihrer Bundesregierung, es ist leider auch praktisch so, dass schnelles Internet in Österreich ein Exotendasein führt. Selbst im Ballungsraum Wien ist es üblich, mit durchschnittlich 30 Mbit pro Sekunde zu surfen. Von Gigabitfähigkeiten sind wir entfernt, wie den Laptop zum Mars. (4)

Mit Glasfaser in alle Haushalte, durch die öffentliche Hand errichtet und verwaltet, kann rasch eine digitale Offensive per Breitband im Boden gestartet werden. Da es sich um kleinteilige Arbeiten handelt, werden damit tausende Arbeitsplätze nicht nur gesichert, sondern ebenso geschaffen.

Österreich ist Schlusslicht bei der Versorgung mit zeitgerechten Internetverbindungen und braucht Glasfasernetze bis in den letzten Haushalt. Nicht für 5G, sondern statt diesem ungesicherten Mobilfunkstandard.

Rudolf Schober
5.10.2020


Anmerkungen:

  1. http://press24.net/news/19839749/a1-startet-am-25-j-nner-5g-netz-in-129-gemeinden
  2. http://epub.oeaw.ac.at/ita/ita-projektberichte/ITA-AIT-11.pdf
  3. https://www.tt.com/artikel/30713623/internetoffensive-will-oesterreich-bei-digitalisierung-voranbringen
  4. DerStandard, Do. 17.09.2020 S.16