ImageDie zahlreichen Solidaritäts-Aktionen waren nicht umsonst: Nach 105 Tagen "Beugehaft" wurden die TierrechtsaktivistInnen am 2. September 2008 endlich freigelassen. Der Vorwurf der Bildung einer kriminellen Organisation nach § 278 a ist aber noch aufrecht. Deshalb ruft die OÖ Plattform, die sich für die Freilassung der Gefangenen einsetzte, auf, sich weiter zu engagieren und am 5. September in Linz gemeinsam gegen die Kriminalisierung von politischem Engagement durch § 278 ff zu demonstrieren. Auch in Innsbruck, Graz, Salzburg und Wien finden am 5. und 6. September Demonstrationen gegen § 278 ff statt.

Boris Lechthaler, Vorsitzender der Werkstatt Frieden & Solidarität: "Die § 278 ff bedrohen freie Meinungsäußerung und politisches Engagement. Heute trifft es TierschützerInnen, morgen kann es GewerkschafterInnen, Friedens- und Umwelt-AktivstInnen treffen. Es muss endlich Schluss sein mit der staatlichen Repression unter dem Deckmantel der Terrorparanoia! Dieser Polizei- und Justizskandal muss lückenlos aufgeklärt werden."


Demonstration
Freitag, 5. September 2008
Treffpunkt: Schillerpark/LINZ
16 Uhr
Abschlusskundgebung: Taubenmarkt


Unsere Forderungen:
- Keine Kriminalisierung von politischem Engagement
- Einstellung des Verfahrens gegen Tierrechts-AktivistInnen wegen Bildung einer kriminellen Organisation
- Aufklärung über diesen Justizskandal
- Novellierung des § 278 ff


Je mehr Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, desto skandalöser werden diese Verhaftungen. So wurde nun bekannt, dass die Verhaftungen auf Grund eines Zusammenspiels der Unternehmensleitung der Firma Kleiderbauer und der Polizei erfolgten, um die gewaltfreien Demonstrationen der TierschützerInnen vor den Kleiderbauer-Filialen zu beenden. Kleider-Bauer ist eine der wenigen Kleiderketten, die noch immer am Verkauf von Pelz festhalten. Die Repressionen erfolgten offensichtlich, um die AktivistInnen aus dem Verkehr zu ziehen. So wurde im April 2007 der damalige Wiener Polizeipräsident Peter Stiedl angewiesen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen "um die Demonstrationen vor den (Kleiderbauer-)Filialen zu untersagen" (Standard, 29.08.2008). Den Verhaftungen der AktivistInnen gingen intensive Kontakte der Gebrüder Graf, die Chefs von Kleider-Bauer, mit der Polizei voran.

Immer deutlicher wird auch, dass die Faktenlage extrem dünn ist. Als Hauptindiz dafür, dass die Tierrechts-AktivistInnen einer „kriminellen Organisation“ angehören, dienen E-Mails, in denen die AktivistInnen Verständnis für Maßnahmen wie Tierbefreiungen äußerten. Den mageren Fakten steht zugleich ein enormen Überwachungs- und Bespitzelungsaufwand gegenüber: Insgesamt wurden 12 Telefone abgehört, 17 Personen rund um die Uhr observiert, zwei Autos mit Peilsendern ausgestattet. Alleine die Telefonfirmen verrechneten den Behörden für die Überwachung 100.000 Euro. Trotzdem dieser Bespitzelungen keinen konkreten Tatverdacht ergaben, wurden am 21. Mai 2008 frühmorgens 23 TierrechtsaktivstInnen aus ihren Betten gerissen, ihre Wohnungen durch Hausdurchsuchungen verwüstet. Über 10 von ihnen wurde die Untersuchungshaft verhängt. 105 Tage lang. Das Innenministerium hat der Firma Kleiderbauer die Gefälligkeit erwiesen und die Tierschützer weggesperrt, damit diese ungestört ihren Pelzgeschäften nachgehen kann. Geschäftsinteressen stehen offensichtlich über dem Versammlungsrecht.

Hintergrund für diese skandalöse Vorgehensweise gegenüber politisch engagierten Menschen ist der § 278 a („Bildung einer kriminellen Organisation“). Dieser Paragraf, der angeblich zur Bekämpfung von Mafiaorganisationen geschaffen wurde, wird nun zur Kriminalisierung von politischem Engagement eingesetzt. Im Jahr 2002 wurde auf Grund eines Beschlusses der EU-Innenminister der § 278 b hinzugefügt („Bildung einer terroristischen Organisation“), in dem die EU-Definition des „Anti-Terrorkampf“ wortwörtlich übernommen wurde. Dieser ist so weit gefasst, dass heute eine Aktion wie die Besetzung der Hainburger Au bereits als „terroristische“ Aktion verfolgt werden könnte.

Umso wichtiger ist es, jetzt nicht locker zu lassen und Widerstand gegen die §§ 278 ff zu leisten!Weitere Demonstrationen gegen § 278 ff:

INNSBRUCK
Fr, 5. September 2008
Demozug durch Innsbruck, Treffpunkt: Triumphpforte, 17 Uhr

GRAZ
Fr, 5. September 2008
Demozug durch Graz, Treffpunkt: Hauptplatz 13, 16 Uhr

SALZBURG
Fr, 5. September 2008
Kundgebung Am Platzl (vor Kleider Bauer), 15-18:30 Uhr

WIEN
Sa, 6. September 2008
Demonstration: § 278a abschaffen!
Stopp der Kriminalisierung von politischen AktivistInnen
Auftaktkundgebung: 14:00 Uhr vor dem Justizministerium
Museumstraße 7, 1080 Wien
Abschlusskundgebung: ca. 16:30 am Ballhausplatz

Nächstes Treffen der OÖ Plattform gegen § 278 ff:
Mittwoch, 17. September 2008
19 Uhr, Büro der Werkstatt Frieden & Solidarität (Waltherstraße 15, 4020 Linz)