ImageWas bisher nicht gelungen ist, will die EU-Kommisson mit  "The Clean IT Project" erreichen. Laut Betreiber soll es die Nutzung des Internets durch Terroristen eindämmen. Doch wer das geheime durch die Bürgerrechtsorganisation EDRi veröffentlichte Papier von "Clean it" liest, dem steigen Zweifel hoch, ob der Ideen mit welchen dies erreicht werden soll. Vielmehr erscheint es als ein weiterer Versuch der EU-Kommission, das Internet unter Kontrolle zu bringen.

 

 

Das von der EU-Kommission geförderte Projekt "Clean IT - Reducing the impact of the terrorist use of the Internet (Saubere IT - Der Kampf gegen die illegale Nutzung des Internets)" will die Nutzung des Internets durch Terroristen eindämmen und die Öffentlichkeit vor Terrorseiten schützen, so die Projektbetreiber.

Erreichen will man dies laut einer,  der  Bürgerrechtsbewegung "European Digital Rights" EDRi vorliegenden Unterlage von "Clean IT" ,  durch umfassende Überwachungs- und Alarmsysteme bei den Providern und mittels Internetfilter, Terror-Alarmknöpfen in Browsern - um so das Netz von "terroristischen Inhalten" reinigen. Für Provider ist eine Haftpflicht  geplant und sie sollen die Ideen von Clean IT per Selbstverpflichtung umsetzen - Bürgerrechtler warnen vor einer Missachtung der Grundrechte. Bei der Suche nach verdächtigen Websites wird der ganze Datenstrom gefiltert und alles was nicht verschlüsselt ist, kann so nahe an Echtzeit vor Ort beim Provider eingelesen werden.

Privatisierung der Rechtsdurchsetzung

... "Die Vorschläge gehen komplett an demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien wie Gesetzen und richterlicher Kontrolle vorbei. Statt dessen sollen private Unternehmen ihre Geschäftsbedingungen anpassen, um unerwünschte Inhalte zu untersagen. Firmen sollen Inhalte nach Gutdünken entfernen, auch “eindeutig legale Inhalte”, ohne richterliche Anordnung oder Kontrolle. Die Privatisierung der Rechtsdurchsetzung schaltet in den Turbo-Gang." ... ( Andre Meister, Netzpolitik.Org,)

Erich Moechel (23.9.2012, Netzpolitik, Datenschutz auf FM4) "Binnen eines halben Jahres nach Abschluss des Projekts sollen EU-weit Hotlines zur Meldung "terroristischer Aktivitäten" im Internet eingerichtet und einschlägige nationale Gesetze überprüft werden." … "Dies soll unter der Vorraussetzung geschehen, dass Internetprovider künftig für "terroristische Aktivitäten" in ihren Netzen haftbar sind. Binnen eines Jahres sollen dann die "Strafverfolger in Sozialen Netzwerken patrouillieren", Internetprovider müssen ein Kennzeichnungssystem ("Flags") für terroristische Inhalte einrichten."…"Im zweiten Jahr steht dann, laut dieser mit September 2012 datierten Version von CleanIT, die Einführung "automatisierte Detektionssysteme" durch Strafverfolger und Provider an. Wie das funktionieren soll, wenn nicht einmal definiert ist, wonach gesucht wird, wird nicht näher erläutert.

Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit soll dabei ganz klar unterlaufen werden, heißt es in dem EDRi-Bericht. Vorschläge, die den Teilnehmer-Ländern als "need-to-know"-Grundlage übermittelt worden sind, beinhalten:

  • die Aufhebung aller gesetzlichen Bestimmungen, die der Filterung/Überwachung der Internetanschlüsse von Angestellten in Betrieben entgegenstehen

  • Strafverfolgungsbehörden sollen die Möglichkeit erhalten, Inhalte zu entfernen, "ohne die arbeitsintensiven und bürokratischen Prozeduren wie Notice&Takedown"

  •  "wissentlich" auf "terroristische Inhalte" zu verlinken soll "ganz genauso" strafbar sein wie "Terrorismus" selbst

  • Schaffung gesetzlicher Grundlagen für einen Klarnamenzwang, um eine anonyme Nutzung von Online-Diensten zu unterbinden

  • Internet Service Provider sollen haftbar gemacht werden, wenn sie keine "vernünftigen" Anstrengungen machen, technische Überwachungsmaßnahmen zur Identifizierung einer (unbestimmten) "terroristischen" Nutzung des Internets zu setzen

  • Anbieter von Filtersystemen für Endnutzer und deren Kunden sollen zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie "illegalen" Aktivitäten nicht melden, die sie über die eingesetzten Filter identifiziert haben

  • ...

Wer sind die Beteiligten:

Das EU-Projekt Clean IT wurde von den Niederlanden (Nationaler Koordinator für Terrorismusbekämpfung und Sicherheit), Deutschland (BMI), Königreich Großbritannien (Home Office), Belgien (CUTA-Koordinationsstelle zur Bewertung der Bedrohungslage) und Spanien (CNCA-Nationales Anti-Terrorismus-Zentrum) initiiert haben sich mit Europol zusammen geschlossen. Weitere Staaten wie Dänemark (PET), Ungarn (Ministry of Interior), Rumänien (SRI), Griechenland und nun auch Österreich (BMI) sind hinzugekommen. In einen “Public-Private-Dialogue” , werden Provider, soziale Medien, Portalbetreiber und Vertreter von Unternehmen und Lobbygruppen eingebunden. 

Österreich, Ungarn und Rumänien haben den Status kostenfreier Mitdiskutanten. Clean IT erhielt im Mai von der EU-Kommission 400.000 Euro (Steuergelder!). Für ein Projekt zur Terrorismusbekämpfung bei dem noch nicht einmal genau definiert ist, was die Betreiber unter "terroristischen Inhalten" verstehen. Obwohl es ja offiziell genau dafür ins Leben gerufen wurde?!

"Unterdrückungsregimes werden das nächste Mal darüber lachen, wenn die EU ihnen etwas über die freie Meinungsäußerung im Netz erzählt",  (McNamee, CEO der Dachorganisation EDRi.)

Laut EDRi habe es seitens von Clean IT nie einen Plan zur Identifizierung konkreter Probleme gegeben. Wie schnell etwas als Terrorismus bezeichnet werden kann haben wir erlebt als die EU-Abgeordnete Gallo im Juni 2012 die ACTA-Kampagne als "milde Form des Terrorismus" bezeichnet und als Desinformations-Kampagne abtun wollte. Diesen demokratischen Einsatz engagierter Menschen gegen ACTA gar als "eine milde Form des Terrorismus, die den Menschen Angst macht" bezeichnet hat. Oder ganz konkret in Österreich wo 13 TierrechtsaktivistInnen für ihr Engagement gegen Tierquälerei  nach dem Anti-Mafiaparagrafen § 278a angeklagt wurden. Werden dann unbequeme Menschen, Organisationen, ... des Terrorismus beschuldigt, nur weil sie andere Meinungen vertreten und dies öffentlich z.B. in friedlichen Aktionen kundtun, dies auf Webpages, in e-mails, auf FB veröffentlichen? Meinungsfreiheit?  Wohin führt dieser Weg, wo zu unserer aller Sicherheit? Die Vermutung liegt nahe, das ähnlich wie auch bei anderen Überwachungs-Maßnahmen zu unserer aller Sicherheit, wie die Vorratsdatenspeicherung, IDECT etc. auch bei Clean IT jene die es treffen soll, also kriminelle Organisationen und Terroristen, Wege finden werden um diese Maßnahmen zu unterlaufen.

Fahrplan

Österreich ist Gastgeber der nächsten Clean-IT Konferenz die von 5. - 6. November in Wien statt finden wird. Die Endpräsentation ist für Februar 2013 geplant, wo man dann lt. homepage alle Pläne und Dokumente publizieren will.


mehr zum Thema Clean ITQuellen und mehr zum Thema:

http://www.cleanitproject.eu
http://www.cleanitproject.eu/faq/
http://www.edri.org/files/cleanIT_sept2012.pdf
http://futurezone.at/netzpolitik/9795-acta-kampagne-milde-form-des-terrorismus.php

http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Projekt-CleanIT-Projektleiter-verteidigt-Online-Terrorbekaempfung-1719384.html
http://futurezone.at/netzpolitik/11504-clean-it-plaene-zur-internet-zensur-in-europa.php
https://netzpolitik.org/2012/clean-it-die-eu-kommission-will-das-internet-uberwachen-und-filtern-ganz-ohne-gesetze/
http://fm4.orf.at/stories/1705281/