ImageAm 21. Mai wurden 23 TierrechtsaktivistInnen frühmorgens aus ihren Betten gerissen. 10 von ihnen sind nach wie vor in Untersuchungshaft. Am Montag, 7. Juli findet die nächste Haftprüfungsverhandlung statt. In zahlreichen Städten international und in Österreich fanden gestern Solidaritätsdemonstrationen und Kundgebungen statt. In Linz beteiligten sich 200 Menschen - von Menschenrechtlern bis zu Atomkraftgegnern - an der Demonstration durch die Landstraße. Viele hatten erkannt, heute trifft es TierschützerInnnen, morgen kann es alle treffen.


Am Montag, 7. Juli findet die nächste Haftprüfungsverhandlung statt. In zahlreichen Städten international und in Österreich fanden gestern Solidaritätsdemonstrationen und Kundgebungen statt. In Linz beteiligten sich 200 Menschen - von Menschenrechtlern bis zu Atomkraftgegnern - an der Demonstration durch die Landstraße. Viele hatten erkannt, heute trifft es TierschützerInnnen, morgen kann es alle treffen. Besonders laut wurde der Demonstrationszug vor den Geschäftsräumen der Fa. Kleiderbauer, die in Verdacht steht, die staatliche Repression gegen die TierschützerInnen "bestellt" zu haben. Begleitet wurde die Demonstration vom OÖ Gegentonorchester. Die sehr lebendige Veranstaltung machte deutlich: Mit solchen Methoden lassen sich engagierte Menschen nicht fertig machen. Im Gegenteil: Das ruft erst recht Solidarität hervor. So rückte der im Zuge der paranoiden Terrorgesetzgebung gestaltete §278 des StGB insgesamt in den Blickpunkt der AktivistInnen.

 
Bei der Abschlußkundgebung am Taubenmarkt sprach Thomas Schobesberger von der Tierrechtsgruppe Linz: "Ist es Zufall, dass es gerade diejenigen trifft, die unbequem sind? Wer hier an einen simplen Zufall glaubt, der glaubt noch immer an die Illusion vom tadellosen Rechtsstaat. Es dürfte außerdem kein Zufall sein, dass die Justiz gerade nach einer Erfolgreichen Kampagne gegen Treibjagden bei einer großen Versicherungsgesellschaft zuschlägt. Jahrelang gelang es Tierschützern, Mitglieder der Jägerschaft, der auch zahlreiche Personen der einer gewissen Regierungspartei angehören, auf Grund ihres schändlichen Verhaltens öffentlich zu demütigen. Vertreter der Agrar-Industrie, der Tierversuchslobby, Innenminister Platter und nicht zu letzt die Geschäftsführung des Modehauses Kleider Bauer mussten sich immer wieder zu Recht bloßstellen lassen. Die Vermutung drängt sich auf, dass jene, die der Politik und der Wirtschaft zu unbequem sind, willkürlich von der Bildfläche entfernt werden."

Boris Lechthaler von der Werkstatt Frieden&Solidarität stellte einleitend klar, daß es nur eine Frage der Zeit war, bis die seit den Terroranschlägen von 2001 immer paranoidere Antiterrorgesetzgebung gegen politisch mißliebige Menschen angewendet wird. Seit Jahren wird an unseren Grund- und Freiheitsrechten gesägt und gehobelt. Die vorliegende Interpretation des §278a des StGB, mit der TierrechtlerInnen zu einer kriminellen Organisation gestempelt werden, kriminalisiert insgesamt jegliches Engagement, das gegeignet ist, die Wirtschaft zu schädigen, z. B. auch jenes, das sich gegen die zivile Nutzung der Kernenergie richtet. Die jüngste Diskussion über eine Volksabstimmung zu EU-Verträgen, zeigt den zunehmenden Hass der Eliten auf die Bevölkerung, insbesondere auf Menschen, die sich für ihre Rechte und die Rechte anderer engagieren und damit ihren Plänen im Wege stehen. Dieser Hass kann jederzeit in offene Repression umschlagen. "Unsere Antwort kann nicht ebenso Hass lauten, sondern liegt in der Stärke, die aus unserer Solidarität und Organisiertheit entspringt. Manche mögen fragen, warum engagiert ihr euch für Menschen, die sich für Tierrechte engagieren? Wir engagieren uns, weil, wenn wir unseren Respekt vor einer menschengerechten Umwelt, unseren Tieren, Profitinteressen opfern, opfern wir auch unseren Respekt vor unseren Mitmenschen und letztlich vor uns selbst. Deshalb stehen wir hier und fordern die sofortige Freilassung der widerrechtlich inhaftierten TierrechtlerInnen!", erklärte Lechthaler abschließend.

Es gab noch einige spontane Redebeiträge und einen musikalischen Ausklang durch das OÖ Gegentonorchester.
Demonstrationen für die Freilassung der politischen AktivistInnen fanden auch in Wien, Graz, Salzburg, Innsbruck sowie in Städten in der BRD, Schweiz, Großbritannien und Indien statt.
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Solidarität mit den politischen Gefangenen OÖ
Waltherstraße 15
4020 Linz

OFFENER BRIEF

Sofortige Freilassung der inhaftierten Tierrechts-AktivistInnen!

An
Frau Justizministerin
Maria Berger

Linz, 11. Juli 2008

Sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Berger,

am frühen Morgen des 21.05.2008 kam es im Zuge eines konzertieren Polizeieinsatzes bundesweit zu 23 Hausdurchsuchungen und 10 Verhaftungen von Tierrechts-AktivistInnen.

Sowohl der Polizeieinsatz als auch die Verhängung der Untersuchungshaft sind grob unverhältnismäßig. So wurden Türen eingerammt und vermummte Polizeieinheiten stürmten mit gezogenen Pistolen die Wohnungen. Es kam in Folge zu massiven verbalen und körperlichen Einschüchterungen und Demütigungen. Mittlerweile ist auch an die Öffentlichkeit gedrungen, dass über langen Zeitraum hunderte Menschen bespitzelt wurden.

Als Grund für die Razzien und die Inhaftierung der 10 Tierrechts-AktivistInnen wird von der Staatsanwaltschaft der § 278a StGB ("kriminelle Organisation") angeführt. Beweise zur Existenz einer "kriminellen Organisation" blieben die Behörden allerdings bisher schuldig. Den Beschuldigten konnte bis jetzt keine konkrete Straftat nachgewiesen werden.

Es kann in einem Rechtsstaat nicht angehen, dass Menschen ohne triftige Gründe monatelang in Untersuchungshaft genommen, dadurch von ihren Familien getrennt werden und ihre Arbeit verlieren. Wir sehen darin eine grobe Verletzungen der Bürgerrechte und eine enorme Gefahr für die Demokratie. Die §§ 278a, b etc. erweisen sich in den Händen sich offensichtlich verselbständigender Staatsapparate als bedrohliches Instrument, politisch engagierte Menschen zu kriminalisieren. Mit jedem Tag, mit dem die Haft der Tierrechts-AktivistInnen länger aufrecht erhalten bleibt, setzen sich die Behörden mehr dem Vorwurf aus, als verlängerter Arm von Geschäftsinteressen zu agieren, um auf diese Art und Weise lästige KritikerInnen mundtot machen wollen.

Als Justizministerin haben Sie das Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft und haben es daher in der Hand, die Haft der 10 AktivistInnen zu beenden. Wir fordern Sie auf, von diesem ministeriellen Weisungsrecht Gebrauch zu machen und deren Freilassung sofort in die Wege zu leiten.

Mit freundlichen Grüßen

Im Namen der Plattform Solidarität mit den politischen Gefangenen OÖ

Maria Auer, Florian Klabacher, Daniela Kolano, Bettina Kollegger, Boris Lechthaler, Gerald Oberansmayr, Rudi Schober