Harald Vilimsky hat wieder einmal gezeigt, dass das Neutralitätsbekenntnis der FPÖ ein Betrug ist - aber keiner hat ein Interessen ihn der Lüge zu überführen.


Harald Vilimsky, Spitzenkandidat der FPÖ für die Wahl zum Europäischen Parlament, hatte vor Kurzem einen Auftritt in der Pressestunde. Dort brachte er zum wiederholten Mal vor, dass sich seine Konzeption der EU auf das Szenario 4 der (seinerzeitigen) EU-Kommission unter Jean Claude Juncker stützt. Lesen wir nach, was dieses Szenario 4 im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik will: „Die EU spricht mit einer Stimme zu allen Themen der Außenpolitik; eine Europäische Verteidigungsunion wird geschaffen. … Gemeinsame Verteidigungskapazitäten werden eingerichtet.“

Im Klartext: Schluss mit dem Einstimmigkeitsprinzip in der Außenpolitik, gemeinsame Aufrüstung bis hin zu gemeinsamen EU-Streitkräften, gemäß dem Prinzip: mit einer Stimme sprechen und mit einer Faust zuschlagen. Genau in diesem Sinn stieß Vilimsky auch gleich mit Forderung „einer gemeinsamen Operation europäischer Heere und Polizeieinheiten zum Schutz der Außengrenzen“ nach. Mit der Neutralität Österreichs ist dieses Szenario 4 in keiner Art und Weise vereinbar. Denn Neutralität bedeutet genau das Gegenteil: kein Mitmarschieren bei Militärpakten und Großmachtarmeen und Unabhängigkeit in der Außenpolitik, um Raum für eine aktive Friedens- und Dialogpolitik zu haben.

Die Journalisten hätten die anschließende Neutralitätsrethorik Vilimskys augenblicklich der Lächerlichkeit überführen können, wenn sie gewollt hätten. Sie taten es nicht. Auch die politischen Mitbewerber taten es nicht, sondern wiederholten bloß ihr altes Mantra, die FPÖ wolle den Öxit. Sie hörten nicht, dass die FPÖ genau das Gegenteil forderte, nämlich den nächsten Schritt der EU-Militarisierung: die Zentralisierung der Außen- und Sicherheitspolitik. Oder besser gesagt: Sie wollten es nicht hören. Es wäre doch zu peinlich, wenn die Parteiführungen sich gegenseitig überführen würden, dass ihre öffentlichen Bekenntnisse zur Neutralität gleichermaßen Lug und Betrug sind und sie hinter den Kulissen gemeinsam – wenn auch mit verteilten Rollen – eine eigenständige österreichische Friedens- und Neutralitätspolitik zu Grabe tragen wollen.