ImageDer Aktionstag am 5. November war mit zehntausenden Menschen, die in den verschiedenen Uni-Städten für freie Bildung vom Kindergarten bis zur Uni demonstrierten, ein großer Erfolg. Die Besetzungen an den Unis gehen überall weiter. Neben der Aufstockung der materiellen Mittel für die Bildung wird lautstark der freie Zugang zu höherer Bildung gefordert. Denn durch den sog. EU-Bologna-Prozess sollen die Hochschulen in Richtung eines Zwei-Klassen-Studium umgekrempelt werden.



Den Startschuss für den sog. "Bologna-Prozess" gab - wie bei vielem - der sog. "European Round Table of Industrialists" (ERT), eine der mächtigsten EU-Lobbyorganisationen, die aus den Chefs der 48 größten europäischen Industriekonzerne besteht (derzeitige ERT-Mitglieder sh. http://www.ert.be/members_a_to_z.aspx). Im Jahr 1995 publizierte der ERT das Papier „Education for Europeans – Towards the Learing Society“, in dem gefordert wird, die Bildung "stärker auf die Bedürfnisse der Wirtschaft" auszurichten, der Großindustrie eine „aktivere Rolle an den Universitäten“, und weiterreichende Qualifikation erst „erfahreneren Studierenden“ und dem „akademischen Stab“ vorzubehalten. Im sog. „Bologna-Prozess“ beginnen die EU-Staaten ab 1999 die ERT-Vorgaben sukzessive umzusetzen. Im Kern geht es um die Spaltung in ein reduziertes, hochgradig verschultes Bachelorstudium (3 Jahre), an das sich erst mit dem Master (2 Jahre) und dem Doktor (3 Jahre) wissenschaftliche Qualifizierung anschließt.

Mit der UG-Novelle 2009 haben die Regierungsparteien auch in Österreich das Tor weit dafür aufgemacht, sowohl am Beginn des Studiums als auch beim Übergang vom Bachelor zum Master eine selektiven Flaschenhals einzuziehen, um nur mehr einem kleinen Teil der Studierenden weitergehende wissenschaftliche Qualifikation zu ermöglichen. Derzeit laufen bereits an vielen Unis Vorstöße, solche Zugangshürden einzuführen.

Kampf für Bildung für alle = Kampf für Demokratie. Der Widerstand gegen die Bologna-konforme Unilandschaft, gegen die Einführung von Zugangsbeschränkungen am Beginn und während des Studiums ist nicht nur bildungspolitisch geboten, es ist auch ein Kampf gegen den fortschreitenden Demokratieabbau. Die Hierarchisierung von Bildungsmöglichkeiten, die Aufspaltung in Schmalspur- und Elitenbildung führt zur demokratiegefährdenden Verfestigung elitärer politischer und ökonomischer Kasten. Schon die Durchsetzung des Bologna-Prozesses, der von den Zirkeln der Großindustrie über die Regierungen und deren Parteigliederungen EU-weit durchgewunken wurde, zeigt, wie hohl viele demokratische Rituale mittlerweile geworden sind. Der Aufstand der Studierenden, der Kampf für bessere Studienbedingungen ist daher auch ein Kampf für eine demokratischere Gesellschaft – sowohl in seiner Form als auch in seinem Inhalt. 

Stefan Daxner, Werkstatt-Mitglied und Aktivist in der Studierendenbewegung an der Uni Linz: „Der EU-Bologna-Prozess bedeutet die Einführung des Zwei-Klassen-Studiums: Schmalspurausbildung, Verschulung und materieller Mangel für die Masse, wissenschaftliche Qualifizierung unter Vormundschaft von Konzerninteressen für eine kleine Elite. Dagegen wehren wir uns. Der Kampf gegen die Einführung von Zugangsbeschränkungen und Selektionshürden gehört zu den wichtigsten Aufgaben unserer Bewegung.“

Aktuelle Informationen aus den besetzten Hörsälen auf www.unsereuni.at