Das nun vorliegende „Überwachungspaket“ der Regierung bedroht unsere Privatsphäre und greift tief in unsere demokratischen Grund- und Freiheitsrechte ein. Dieses „Überwachungspaket“ ist Teil einer Politik, die im Namen der Sicherheit einen Teufelskreis der Unsicherheit in Gang setzt.


Bereits im Frühjahr 2017 peitschte die Regierung im Eilzugstempo ein neues Versammlungsgesetz durch den Nationalrat, das tiefe Einschnitte in das Verfassungsrecht auf Versammlungsfreiheit bringt. Ebenfalls noch vor der Sommerpause erfolgte eine gefährliche Novellierung des Strafgesetzes: Mit der Schaffung des Straftatbestands »Staatsfeindliche Bewegungen« droht nicht mehr die Straftat selbst, sondern die Gesinnung bestraft zu werden (Gesinnungsstrafrecht). Mit dem nun vorliegenden Überwachungspaket nimmt der „gläserne Mensch“ immer mehr Realität an.

„Bis ins Wohn- und Schlafzimmer überwacht“

Was beinhaltet dieses Überwachungspaket:

=> Vorratsdatenspeicherung 2.0, die von Höchstgerichten schon mehrmals für unvereinbar mit unseren Grundrechten erklärt wurde, kommt durch die Hintertür zurück: durch Quick freeze von Kommunikationsdaten auf Anordnung des Staatsanwalts –Verkehrsdaten, Zugangsdaten und Standortdaten sollen im Anlassfall bis 12 Monate gespeichert werden.

=> Einsatz von  „Bundestrojaner“ – d.. Überwachung der Internetkommunikation (WhatsApp, Skype ...) und der Computerinhalte mittels staatlicher Spionagesoftware

=> Videoüberbespitzelung samt Vorratsdatenspeicherung: Das Innenministerium erhält Zugriff auf die Video- und Tonüberwachung aller öffentlichen und privaten Einrichtungen, denen ein öffentlicher Versorgungsauftrag zukommt (lt. ARGE Daten gibt es bereits jetzt ca. 1 Million Kameras in Österreich – das entspricht 1 Kamera je 8 BürgerInnen). Für den Zugriff auf diese Daten braucht es keinen konkreten Verdacht, es reicht die Vorbeugung wahrscheinlicher Angriffe.

=> Vollbespitzelung auf Österreichs Straßen: Künftig soll auch auf allen österreichischen Straßen von jedem Auto der Lenker des Fahrzeugs, das Kennzeichen, Marke, Typ und Farbe erfasst werden. Die Speicherung der Daten ist bis zu 5 Jahre möglich.

=> Ausweitung von Lauschangriffen: Deutlich niedrigere Hürden für die Möglichkeit von Lauschangriffen auf private PKWs.

=> Lokalisieren und Abhören von Gesprächen: Einsatz von sog. IMSI-Catchern zur Lokalisierung von Handys ohne der Mitwirkung des Netzbetreibers. Es ist sehr wahrscheinlich, dass mit diesen Geräten auch Gesprächsinhalte abgehört werden sollen, denn das ist die eigentliche Funktion von IMSI-Catchern. Dazu passt auch das geplante Verbot von anonymen Wertkarten für mobile Telefone.

=> Willkürliche Netzsperren: Es soll Providern möglich gemacht werden, Pornographie, gewaltverherrlichende Darstellungen oder strafrechtlich relevante Urheberrechtsverletzungen im Internet zu sperren. Durch die Regelung ist es der Willkür des Providers überlassen, ob, wann, wie, warum und wie lange solche Inhalte zensiert werden. Für betroffene InhalteanbieterInnen und NutzerInnen gibt es keinerlei Rechtsschutz oder Beschwerdemöglichkeit.

=> Aushebelung des Briefgeheimnisses: Sobald es zur Aufklärung einer Straftat, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, dient, können Briefe beschlagnahmt bzw. geöffnet werden. De facto ein Freibrief, zur Aufhebung des Briefgeheimnisses. Metternich lässt grüßen.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Gerhart Holzinger erhebt angesichts dieser Überwachungspläne warnend die Stimme: „Wollen wir in einer Welt leben, die den Einzelnen auf Schritt und Tritt bis ins Wohn- und Schlafzimmer überwacht?“ (Standard, 17.2.2017)

Überwachungspaket = Umsetzung der EU-Anti-Terror-Richtlinie

Dieser Ausbau des Überwachungsstaates durch das neue Regierungsprogramm geht Hand in Hand mit der EU-Anti-Terror-Richtlinie, die im Februar 2017 im EU-Parlament mit großer Mehrheit beschlossen wurden. Durch die darin weit gefasste Definition von „Terrorismus“ können Regierungen auch Gewerkschafts-, Umwelt-, Tierrechts- oder Bürgerrechtsbewegungen mit der Begründung „Terrorismus“ kriminalisieren. Wer zum Beispiel „grundlegende politische, verfassungsrechtliche, wirtschaftliche oder soziale Strukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation“ in Frage stellt, bzw. wer „vorsätzlich Handlungen begeht oder androht“, die zu „größeren wirtschaftlichen Verlusten“ führen, gerät ins Visier dieser EU-Richtlinie. Aktionen wie die Besetzung der Hainburger Au könnten dadurch als „terroristischer Akt“ gewertet und mit hohen Strafen verfolgt werden. Das Überwachungspaket ist in vielerlei Hinsicht eine Umsetzung der EU-Antiterror-Richtlinie in nationales Recht (z.B. Bundestrojaner, Ausweitung von Lauschangriffen und Videoüberwachung, Internetsperren, usw.)

Diese Politik schafft nicht Sicherheit sondern Unsicherheit!

Immer enger wird das Überwachungskorsett gezurrt - für ein vermeintliches Stück mehr an Sicherheit. Diese Radikalisierung von Überwachungsstaat und Demokratieabbau geschieht vor dem Hintergrund eines unsozialen, neoliberalen EU-Konkurrenzregimes, das soziale Existenzunsicherheit und Umweltzerstörung fördert. Sie ist eine Bedrohung für Gewerkschaften, FreihandelskritikerInnen, Sozial- und Umweltbewegungen und alle Menschen, die sich für ihre demokratischen Rechte engagieren. Diese autoritäre Entwicklung im Inneren geht Hand in Hand mit einer zunehmenden Militarisierung nach außen. So beschlossen die EU-Regierungschefs im Sommer 2017 die Einrichtung eines milliardenschweres EU-Rüstungs- und Rüstungsforschungsbudgets. Die EU-Machthaber drängen auf einen raschen Einsatz der EU-Battlegroups in Afrika und anderen Weltregionen, um ihre Politik des globalen Freihandels durchzusetzen. Genau diese Politik provoziert wiederum Fluchtbewegungen und Gegengewalt – ein Teufelskreis, der nicht Sicherheit, sondern immer mehr Unsicherheit schafft.

Wehren wir uns!

Um in Sicherheit unsere demokratischen Rechte ohne Angst wahrnehmen zu können, müssen unsere Privatsphäre, unserer Grund- und Freiheitsrechte vor Repression geschützt werden. Deshalb ist es jetzt wichtiger denn je, sich nicht einschüchtern zu lassen. Engagieren wir uns gemeinsam gegen diese Eingriffe in unsere Privatsphäre, gegen die Kriminalisierung von politischem Engagement und für Meinungsfreiheit. Sagen wir:

  • NEIN zu Repression! NEIN zum Überwachungsstaat!
  • JA zur Verteidigung unserer Grund- und Freiheitsrechte!
  • JA zu faktenbasierten Sicherheitspolitik – statt Panikmache!
  • JA zu Wirtschafts- und Sozialpolitik, die soziale Sicherheit gewährleistet und den Menschen soziale Existenzängste nimmt.
  • JA zu einer aktiven Friedens- und Neutralitätspolitik statt mitmarschieren bei EU-Militärmissionen. Denn wer Sicherheit für seine BürgerInnen schaffen will, darf keine Gewalt exportieren!


Eine Reihe von Organisationen rufen daher zur Mahnwache
„Überwachungspaket stoppen!“ auf.
Fr, 8. September 2017, 16 bis 18 Uhr, vor der SPÖ-Zentrale (Landstraße 36, 4020 Linz)
Nähere Informationen folgen.

Bitte rasch noch unterstützen: Einwendungsaktion gegen das Überwachungspaket! siehe: https://www.überwachungspaket.at/