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Souveränität statt EU-Protektorat
Island und Griechenland sind voll durch die Finanzkrise getroffen worden. Der Umgang mit der Krise unterscheidet sich jedoch grundlegend. Während die griechische Wirtschafts durch das EU-Spardiktat stranguliert wird, befindet sich die isländische Wirtschaft wieder auf dem Weg der Erholung.


Island und Griechenland sind beides Länder, die durch die Finanzkrise besonders hart getroffen wurden. Die griechische Tragödie ist bekannt. Griechenland wurde quasi unter Vormundschaft der „Troika“ von EU-Kommission, EZB und IWF gestellt, die eine drakonische Sozialabbau, Lohnverzichts- und Privatisierungspolitik über das Land verhängten. Die Konsequenz: Die Wirtschaft schmiert nun vollständig ab: 2010 schrumpfte die Wirtschaft um 4,5%, bis zum zweiten Jahresdrittel 2011 um weitere 7,5%. Die Arbeitslosigkeit stieg von 9,6% (2009) auf 16,3%; bei den 15-19.-Jährigen ist jeder Dritte arbeitslos. Infolge der Rezession sind trotz der drakonischen Sparpakete die Schulden noch weiter gestiegen, weil die Einnahmen wegbrechen. So weit, so schlecht.

Souveränität statt EU-Protektorat. Das Nicht-EU-Land Island ging einen anderen Weg. Im Oktober 2008 gingen 85 Prozent des isländischen Bankensystems bankrott. Viele SparerInnen verloren ihre Ersparnisse, da nur max. 20.000 Euro erstattet wurden. Da viele KundInnen bei isländischen Banken aus Großbritannien und den Niederlanden nach den dort geltenden viel höheren Vorschriften entschädigt wurden, erhoben Großbritannien und die Niederlande horrende Entschädigungsforderungen in der Höhe von vielen Milliarden: Plus Zinsen von 5,55%. Das isländische Parlament beugte sich zwar  diesen Forderungen, doch es hatte die Rechnung ohne die Bevölkerung gemacht. Eine Massenbewegung erzwang eine Volksabstimmung. 93% stimmten gegen die Zahlungen an Großbritannien und die Niederlande. Darauf handelte die Regierung ein Abkommen aus, das bereits weitaus bessere Bedingungen für Island vorsah. Doch auch dieses wurde in einer Volksabstimmung von 60% zu Fall gebracht.

Als EU-Mitglied hätte sich Island des Drucks  Großbritanniens und der Niederland nicht erwehren können. Aber auch darüber hinaus erwies sich die Nicht-EU-Mitgliedschaft als Segen: Die isländische Krone hat zwar durch Abwertung knapp die Hälfte ihres Werts gegenüber dem Euro verloren. Doch zugleich stärkte das die Konkurrenzfähigkeit einheimischer Produzenten, es profitierte der Export des Landes, vor allem die Fischindustrie und die Landwirtschaft. Betrug der Rückgang des BIP in 2009 noch  6,8, so waren es 2010 nur noch 1,1 Prozent. Für 2011 wird bereits wieder ein Wachstum von 2,3–2,5 Prozent erwartet. Das Finanzierungssaldo des Staatshaushalts belief sich 2008 auf ein Minus von 13,5 Prozent. Es verringerte sich 2009 auf 9,3 und in 2010 auf minus 5,7 Prozent. Für 2011 wird nur noch ein Defizit von 2,5 bis drei Prozent erwartet. Damit würde es sogar die Defizitkriterien der EU erfüllen.

Doch dorthin will ohnehin eine Mehrheit der IsländerInnen nicht mehr. Der Vergleich, wie es Griechenland, Portugal oder Irland als EU-Protektorate derzeit ergeht, hat vielen die Augen geöffnet. In Griechenland hat bereits die Ankündigung, das Volk zu befragen, zu einem EU-Putsch und der Einbeziehung rechtextremer Kräfte in die Regierungsgeschäfte geführt.

Quellen:
Island nach dem Crash (Junge Welt, 12.10.2011)