Am 1. Jänner 2023 sind zu Ehren des ukrainischen NS-Kollaborateurs Stepan Bandera ca. 100 Angehörige der ukrainischen Diaspora unter rot-schwarzen UPA-Fahnen im Wiener Stadtzentrum herumgezogen. Ein Skandal, der medial weitgehend ausgeblendet wurde. David Stockinger, Mitglied des Bundes sozialdemokratischer Freiheitskämpfer, richtet sich deshalb mit einem Brief an antifaschistische Verbände. 


Dieses E-Mail geht an den Bund Sozdem. Freiheitskämpfer, KZ-Verband Wien,
Dokumentationsarchiv des Österr. Widerstandes und Mauthausen-Komitee Österreich, sowie Erinnerungspolitische Sprecherin SPÖ NR Sabine Schatz

Sehr geehrte Damen und Herren der antifaschistischen- und Opfer-Verbände, werte Frau NR Schatz!

Nachdem nun ca. 2 Wochen vergangen sind und ich weder in den "etablierten Medien", noch seitens der Politik, noch seitens der antifaschistischen- und Opfer-Verbände dazu irgendeine Stellungnahme gehört oder gelesen hätte, habe ich mich nun entschieden, dieses E-Mail zu verfassen. Ich behalte mir auch vor, dieses E-Mail als offenen Brief zu verwenden.

Am 1. Jänner 2023 sind zu Ehren von Stepan Bandera ca. 100 Angehörige der ukrainischen Diaspora unter rot-schwarzen UPA-Fahnen im Wiener
Stadtzentrum herumgezogen, haben damit einem Faschisten, Antisemiten und Massenmörder die Aufwartung gemacht und zudem auch noch antirussische Hetzparolen von sich gegeben.

Nun verurteile ich den völkerrechtswidrigen russischen Einmarsch und bin selbstverständlich auch für humanitäre Hilfe für Geflüchtete aus
der Ukraine. Das gebietet unumstößlich das Völkerrecht und der Humanismus. Es kann jedoch nicht angehen, dass aufgrund des Krieges in der Ukraine nun Angehörige der ukrainischen Diaspora in Österreich "Narrenfreiheit" haben. Wenn hier Österreicher einer deutschen Nazi-Figur gehuldigt hätten, wäre zu Recht das Verbotsgesetz/Wiederbetätigung zur Anwendung gekommen. Dass die
"etablierten Medien" hier nicht weiters darüber berichten, ist auch nicht verwunderlich, herrscht hier ja leider ein sehr einseitiges Narrativ vor.

Was wäre - zu Recht - für eine Aufregung, wäre die russische Diaspora marschiert und hätte anti-ukrainische Hassparolen skandiert.

Nach Recherche im Internet habe ich lediglich diese Berichte gefunden:
https://www.vienna.at/ukrainische-diaspora-marschierte-in-wien/7824694
https://zeitungderarbeit.at/politik/ukrainische-faschisten-marschieren-durch-wien/

Auf die Person Stepan Bandera, die faschistische OUN-Bewegung und die militante UPA brauche ich hier nicht näher einzugehen. Ein Nazi-Kollaborateur, dessen Organisation zur Massenmörderin an Juden, Polen, Weißrussen, Russen, sowjetischen Ukrainern und Partisanen wurde. Es kommt nicht von ungefähr, dass gerade seit den Ereignissen in Kiew 2013/2014 Stepan Bandera in der Ukraine offiziell wieder zu einem Nationalheiligen gemacht wurde. Das ist kritikwürdig, ist jedoch Angelegenheit der Ukraine.

Unsere Angelegenheit und vor allem die Angelegenheit jedes aufrechten Antifaschisten, ist es jedoch, wenn einem Faschisten hier bei uns gehuldigt wird bzw. Hassparolen gegen eine Nation kundgetan werden und damit defacto
der furchtbare Krieg auch nach Wien, in die Hauptstadt des neutralen Österreichs, getragen wird. Das Letzte was wir in Wien brauchen, ist eine (offene)
Auseinandersetzung zwischen der ukrainischen und russischen Diaspora. Das neutrale Österreich sollte vielmehr die friedliche Begegnungsstätte der Konfliktparteien werden.

Ich ersuche Sie in diesem Sinne öffentlich-medial tätig zu werden und freue mich über eine zeitnahe Stellungnahme Ihrer Organisation!

Mit antifaschistischen und rot-weiß-roten Grüßen!

David Stockinger
Mitglied Bund sozdem. Freiheitskämpfer
Antifaschist