Rede von Boris Lechthaler (Solidarwerkstatt Österreich) bei der Demonstration gegen den rechtsextremen Burschenbundball in Linz.


Liebe Freundinnen und Freunde!

Sind es nicht diese zwei Mahnungen, die seit dem Mai 1945 die Grundlage jeglicher Politik bilden? Bilden sollten! Ja bilden sollten, sind wir gezwungen, an diesem 4. Februar, wenige Minuten vor Beginn des Burschenbundballs, des größten rechtsextremen Vernetzungstreffens Oberösterreichs, einzugestehen.

In wenigen Tagen jährt sich der Beginn der militärischen Invasion der Russischen Föderation in die Ukraine. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz sprach in diesem Zusammenhang von einer Zeitenwende.

Dem muss ich widersprechen: Der Beginn dieses Krieges markiert keine Zeitenwende! Wir kommen aus und wir leben in einer Periode des permanenten Kriegs. Nichts anderes war und ist der War on Terror des Westens! Irak, Jugoslawien, Kolumbien, Kongo, Afghanistan, Sudan, Libyen, Syrien, Türkei, Palästina. Diese Liste von Kriegsschauplätzen der lezten Jahre ließe sich fortsetzen.

Diese Liste demonstriert aber auch: Militärische Gewalt ist kein taugliches politisches Instrument im 21. Jahrhundert. Nirgends konnten die politischen Ziele mit Gewalt durchgesetzt werden. Und auch Russland ist damit gescheitert.

Die Friedensbewegung erkennt in der Charakterisierung des 24. Februar als Zeitenwende, deshalb den simplen Versuch, damit eine neue Welle der Hochrüstung zu legitimieren. So haben sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dazu verpflichtet bis zum Jahr 2025 zusätzlich 200 Mrd Euro in Rüstung zu investieren.

Wir sehen: Aufrüstung, Blockbildung und Krieg führen immer weiter an den Rand des Abgrunds. Die Missachtung des Gewaltverbots der Vereinten Nationen ist offenkundig kein Privileg des Westens. Ist es das, was uns Russland mit der Invasion in die Ukraine demonstrieren wollte? Eine Demonstration, die bereits in den ersten Tagen in einem Desaster mündete. Die offene Drohung des Ersteinsatzes von nuklearen Massenvernichtungswaffen und die gewaltsame Annexion ukrainischen Territoriums Ende September 2022 markieren keine Zeitenwende, sondern eine neue Qualität der menschheitlichen Rückwärtsentwicklung in Folge der Geringschätzung des Gewaltverbots der Vereinten Nationen. Diese Annexionen sind tätige Verachtung des Gewaltverbots der Vereinten Nationen. Diese Annexionen anzuerkennen, wäre das Ende der derzeitigen internationalen Ordnung.

Wir brauchen aber eine Weiterentwicklung der internationalen Ordnung zu mehr Kooperation auf Augenhöhe. Auch um Klimagerechtigkeit zu erreichen. Wir brauchen ein Gemeinsames Haus Europa unter Einschluss Russlands und der USA.

Die EU kann dieses gemeinsame Haus nicht sein, weil sie sich selbst als Imperiums versteht.

Nie wieder Faschismus!
Nie wieder Krieg!

Liebe Freundinnen! Liebe Freunde!

Unzweifelhaft leben wir aber heute in einer Zeit der Kriege und des Krieges. Wie steht es im Angesicht dieser Kriege um die Losung „Nie wieder Faschismus!“?

Wir wissen, die Freiheitliche Partei Österreichs, die FPÖ, steht ideologisch in einer Denktradition, die Menschen slawischer Herkunft und insbesondere Russ*innen als Menschen zweiter Klasse betrachtet. Die FPÖ war die einzige Partei, die 1955 gegen das Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität gestimmt hat. Heute fordert die FPÖ, Keine Sanktionen Österreichs gegen Russland und eine neutrale Außen- und Sicherheitspolitik.

Was sollen wir davon halten?

Die Arminia Czernowitz, jene deutschnationale Burschenschaft, die heute Abend den Burschenbundball ausrichtet, ist nicht nur eine der wesentlichsten Personalrekrutierungspools für die FPÖ, sie hat auch nach wie vor einen Antisemitismusparagrafen in ihren Statuten, eine Regelung die die Mitgliedschaft Menschen jüdischer Herkunft ausschließt. Das hat die Führung der FPÖ vor wenigen Jahren nicht daran gehindert, nach Israel zu reisen, um dort ihre Unterstützung für eine Politik der Apartheit, der Gewalt und Vertreibung zum Ausdruck zu bringen.

Einige führende FPÖ Politiker begründen ihre Opposition gegen die Sanktionen damit, dass sie wirkungslos seien, weil die russische Bevölkerung viel leidensfähiger als wir seien. Ja genau, und schwarze Menschen sind weniger schmerzempfindlich als die hochsensitiven Weißen, könnte man gleich ergänzen. Wir sehen bei der FPÖ schimmert überall der alte Rassismus durch, auch wenn er versucht sich kulturalistisch zu verkleiden.

So wie jetzt bei Landeshauptmannstellvertreter Haimbuchner, wenn er in der Migrationsdebatte argumentiert, er wolle keine Zuwanderung von Menschen, mit denen ein Teilen unserer Werte, so wörtlich, „nicht möglich“ sei. Die FPÖ an der Regierung hat in krassem Widerspruch zu den Rechtspflichten eines neutralen Staates alle Schritte zur Beteiligung Österreichs an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit in der EU, eine Art militärischem Kerneuropa mitgetragen.

Der FPÖ geht es nicht um Frieden mit Russland und Respekt vor der Neutralität, sondern um die Zerstörung der internationalen Ordnung und die Beseitigung des Gewaltverbots der Vereinten Nationen. Das Recht des Stärkeren soll wieder uneingeschränkt etabliert werden.

Es geht der FPÖ auch nicht um ein souveränes Österreich. Es ist genau diese Burschenschafter FPÖ, die das Bekenntnis zur deutschen Kulturnation, wieder in ihr Programm geschrieben hat, weil ihr der Kleinstaat Österreich zuwider ist. Daran ändert sich auch nichts, wenn Herbert Kickl sich olivgrün kleidet, um unsere Grenzen mit Gewalt gegen Flüchtende zu verteidigen.

In der Republik Österreich gilt seit 1947 das NS Verbotsgesetz. Das NS Verbotsgesetz wurde nicht eingeführt, um ein paar Kellernazis und ein paar verirrte Jugendliche strafrechtlich verfolgen zu können. Das NS-Verbotsgesetz verbietet jede Form der nationalsozialistischen Wiederbetätigung, zur Sicherung der Selbständigkeit und Unabhänigkeit der Republik Österreich. Das sollte die FPÖ bedenken. Nicht nur, wenn sie nach der Regierung greift.

Nie wieder Faschismus!
Nie wieder Krieg!

Diese Losungen gehören zusammen. Ein gutes Leben für Alle! Solidarität, Anteilnahme! Klimagerechtigkeit! Das können wir nur erreichen, wenn wir die Kriege beenden, und die Faschisten von der Macht fernhalten.

Der Landeshauptmann von Oberösterreich, Thomas Stelzer, ist deshalb gefordert, endlich seine schützende Hand von diesem Ball, von der rechtsextremen FPÖ zurückzunehmen.

(4.2.2023)