Am 2. Dezember 2019 fand am Martin Luther-Platz in Linz eine Kundgebung der Initiative „Nie wieder Landesförderung für die rechtsextreme Szene!“ statt. Der Hintergrund: In den letzten zehn Jahren flossen 835.000 Euro an Subventionen des Landes Oberösterreich an die rechtsextremen deutschnationalen Burschenschaften.

 Alleine 2017 waren es 120.000 Euro, 2018 110.000 Euro, die für Burschenschaften mit so klingenden Namen wie „Germania zu Ried“ und „Ostmark zu Linz“ vom Land OÖ spendiert wurden. Die antifaschistische Bewegung – nicht zuletzt die Solidarwerkstatt - hat massiven Druck gegen diese skandalösen Förderungen gemacht. Mit Erfolg: 2019 ist zum ersten Mal kein Geld mehr an diese rechtsextremen Verbindungen geflossen. Entwarnung kann deshalb freilich nicht gegeben werden. Denn der Landeshauptmann lehnt jede Festlegung ab, diese deutschnationalen Burschenschaften auch in Zukunft nicht zu finanzieren. Deshalb forderte die Kundgebung am 2. Dezember den OÖ Landtag auf, "die Landesregierung zukünftig dazu zu verpflichten, in keinem Fall die deutschnationalen Buschenschaften mit Landesmitteln zu fördern". Ob der Landtag einen solchen Antrag beschließen wird, wird sich in den nächsten Tagen zeigen, da von 3. – 5.12.2019 der Budget-Landtag stattfindet.

Hier einige Auszüge aus den Reden bei der Kundgebung:

Christian Eder (Mauthausenkomitee St. Valentin): „Politik und Gesellschaft müssen gut überlegen, welches Geschichtsbild sie tradieren. Und wofür Subventionen gerechtfertigt sind, und wofür nicht. Sicher nicht für ewig gestriges Gedankengut, das auch von so manchen Angehörigen einer bestimmten politischen Partei in unserem Land zumindest in Ansätzen geteilt wird. Exempla docent, die Beispiele lehren es, und die vom Mauthausen Komitee Österreich dokumentierten 169 „Einzelfälle“ vom Februar 2013 bis zum 2. August 2019." (hier die gesamte Rede).

Robert Eiter (Sprecher des OÖ Netzwerkes gegen Rassismus und Rechtsextremismus): „Es ist demokratiepolitisch völlig untragbar, wenn das Land Oberösterreich deutschnationale Burschenschaften fördert, die beispielsweise einen Neonazi-Liedermacher zu einem Geheimkonzert einladen oder das Treuelied der SS singen. Deshalb begrüße ich sehr, dass infolge der heftigen Proteste der antifaschistischen Bewegung heuer noch keine Landessubvention an die Burschenschaften geflossen ist. Ich hoffe, dass das so bleibt, und verspreche besondere Wachsamkeit. Höchste Zeit ist es für Landeshauptmann Thomas Stelzer, auch persönlich die Konsequenzen zu ziehen und den Burschenbundball künftig nicht mehr zu besuchen. Es wäre mehr als fahrlässig von ihm, ewiggestrigen Burschenschaften weiterhin den Anschein der Salonfähigkeit zu verleihen.“ (hier die gesamte Rede).

Nina Andree (Sozialistische Jugend OÖ): "Im Jahr 2018 hatten wir 41 Frauenmorde in Österreich. Auch heuer gab es bereits 19! Und letztes Jahr kürzte man sowohl österreichweit, als auch in Oberösterreich, Fraueneinrichtungen und die Burschi-Schmissgesichter konnten sich sowohl über Landes-, als auch Bundesförderungen freuen! Das ist Schwarz-Blaue Politik! Das ist Politik gegen Frauen!" (Hier die gesamte Rede).

Hauptredner der Kundgebung war der bekannte Buchautor und Menschenrechtsaktivist Hans Henning Scharsach. Er zeigte anhand der Geschichte der deutschnationalen Burschenschaften klar auf: „Die Burschenschaften waren nicht Wegbegleiter, sondern Wegbereiter der nationalsozialistischen Terrorherrschaft!“ Doch auch nach 1945 erwiesen sich die Burschenschaften als nicht lernfähig und tradierten das NS-Gedankengut weiter: Übelste Neonazi-Liedermacher, die die Ermordung von 6 Millionen Juden besingen, traten auf ihren Buden auf. Im alljährlichen „Totengedenken“ für verstorbene Burschenschafter ehren sie NS-Massenmörder wie Ernst Kaltenbrunner (als Leiter des Reichssicherheitshauptamtes für die Ermordung einer Millionen Menschen verantwortlich) oder Irmfried Eberl (Leiter des Vernichtungslagers Treblinka). Besonders hohes Ansehen genießt in Burschenschafterkreisen Rudolf Hess, der zu einer Neonazi-Ikone aufstieg, weil er bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen kundtat: „Ich bereue nichts. Würde ich wieder am Anfang stehen, würde ich wieder alles so machen.“ Die Burschenschaften haben nach wie vor den „Arier-Paragraphen“ in ihren Statuten, sie pflegen ein völkisches, antidemokratisches Gesellschaftsbild, machen die österreichische Nation verächtlich und betreiben großdeutsche Propaganda. Scharsach: „Die österreichische Verfassung verpflichtet dazu, ‚alle Spuren des Nazismus‘ zu beseitigen. Dass die Burschenschaften in Österreich nicht verboten worden sind, kann daher nur als Rechtsbeugung bezeichnet werden.“  (ausführlich dazu ein Vortag von H. H. Scharsach in diesem Video).

Boris Lechthaler (Solidarwerkstatt Österreich) schloss daran an: „Anstatt den deutschnationalen Rechtsextremismus mit Landesmitteln zu fördern, muss endlich das NS-Verbotsgesetz angewandt werden. In Oberösterreich häufen sich rechtsextreme Straftaten. Der Landeshauptmann meint, es gebe keine rechtlichen Möglichkeiten dagegen vorgehen zu können. Lanciert werden Vorschläge sogenannte Antiextremismusbestimmungen ins Vereinsgesetz aufzunehmen. Das ist überflüssig und kontraproduktiv. Die Ideologie und Politik der Identitären und der sie tragenden deutschnationalen Szene ist rassistisch und gegen die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Republik gerichtet. Sie sind damit Wiederbetätigung im nationalsozialistischem Sinne." (hier die gesamte Rede).

Es wird spannend, ob der derzeit tagende OÖ Landtag sich zu einem Beschluss durchringen wird, der die Landesregierung dazu verpflichtet, in Hinkunft die deutschnationalen Burschenschaften in keinem Fall zu fördern.

>> Vorankündigung:
Das Kleine OÖ-Netzwerktreffen gegen Rassismus und Rechtsextremismus findet am Dienstag, dem 28. Jänner 2020, um 16.30 Uhr im Volkshaus Kleinmünchen in Linz (Dauphinestraße 19) statt.

Kundgebung Antifa 01