Die Gemeinden geraten immer mehr in die Zwickmühle zwischen steigenden Abgaben und sinkenden Ertragsanteilen. Serie von Rudolf Schober, eh. Gemeinderat in Ottensheim, in der er sich mit der finanziellen Aushungerung und politischen Entmündigung unserer Gemeinden beschäftigt.
Für meine Heimatgemeinde Ottensheim bei Linz wird die Beziehung zur offiziösen oberösterreichischen Landesregierung mit einer für 2024 betitelten Landesumlage von Euro 274.200,- vorbelastet. Einspruch zwecklos, da vorgeschrieben. Dazu gesellt sich mit Vorschreibung von Jänner 2024 ein vorläufiger Krankenanstaltenbeitrag nach dem oö Krankenanstaltengesetz in der Höhe von EUR 1.589.563,-.
Kumuliert übersteigen diese beiden vorgeschriebenen Summen den finanzverfassungsrechtlich zulässigen Höchstbetrag von 7,66 % der ungekürzten rechnungsmäßigen Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben erheblich. Nicht nur fassungsloses Kopfschütteln, sondern kommunale Gegenwehr ist nunmehr angesagt. Der Ottensheimer Gemeinderat legte - politisch zahnlos, aber leider die einzige Möglichkeit von Gegenwehr - dagegen formellen Einspruch ein. Zudem wurde in einem weiteren Gemeinderatsantrag mehrheitlich eine Petition verabschiedet, welche die Landesregierung auffordert, die in OÖ noch immer eingehobene Landesumlage in Höhe von 274.200 Euro für 2024 doch endlich zugunsten der notleidenden Gemeinden zumindest vorübergehend zu sistieren. (1) Das Ergebnis ist offen, denn Vernunft beginnt mit dem Verstehen.
Bildung runter…
Doch es wird sich mit einem Sistieren von Landesumlagen nichts am grundsätzlichen Problem der gesteuerten massiven Unterfinanzierung der österreichischen Gemeinden und des damit verbundenen Absinkens von Investitionen in den öffentlichen Bereichen ändern. Damit sprechen wir ein strukturelles Versagen der allgemeinen Politik an. Seit Jahrzehnten müssen unsere Kommunen unter dem Diktat von Maastricht-Kriterien, europäischen Fiskalpakten und fragwürdigen Schuldenbremsen ihre Budgets zusammenstreichen. Zulasten sozialer oder kommunaler menschenverbindender, daseinsorientierter Aufgaben.
Jede Gemeinde ist Schulerhalter und im Sinne von allgemeiner Bildung für soziale Kompetenz und vorbereitende Ausbildung sowie für das weitere berufliche Fortkommen unseres Nachwuchses zuständig.
Wenn die Bundesregierung den öffentlichen Haushalt 2024 für Bildung inflationsbereinigt um sage und schreibe 90 Millionen Euro senkt (sh. Grafik), dann muss von einem gravierenden politischen Versagen für eine wissensbasierte Gesellschaft gesprochen werden. Bei bewusster Kürzung der öffentlichen Bildungsbudgets bleibt die konfrontative Frage offen, wer kommt in die öffentliche Schule und wer geht in die teure Privatschule. Fazit: Das Bildungsprivileg wird weiter verschärft.
… und Militär rauf
Was jedoch im Gegensatz zu Bildungseinrichtungen in extrem wenigen österreichischen Gemeinden existiert, sind Militäreinrichtungen wie Kasernen, Panzerdepots und diverse Waffenlager. Mit dem Bundesbudget 2024 werden aber finanzielle Weichen gestellt, welche unseren Kindern die Zukunft raubt und im schlechtesten Falle unsere Zukunft in kriegerische Konflikte verwickeln wird. Den Kürzungen im Bildungsbereich von 90 Millionen Euro für 2024 steht eine inflationsbereinigte Steigerung des österreichischen Militärbudgets um gewaltige 558 Millionen Euro gegenüber. (2) Aufrüstung im Militärpakt der Europäischen Union für zukünftige Kriege hat höhere Priorität als umfassende Bildung unserer Kinder für die Zukunft. Es hat den menschenfeindlichen Anschein, das Bildungsministerium wird die Verlierenden dieses kaputtgesparten Bildungssystems schnurstracks in die Kasernen des Militärs vermitteln, denn im Schützengraben braucht es keine Philosophie, außer die des Kapitalismus und des freien Marktes.
Ich komme nochmals auf meine Heimatgemeinde Ottensheim zurück, die so wie alle 2.095 Gemeinden Österreichs ihren finanziellen Beitrag zum gesamten Sozialsystem beisteuern. So entwickelt sich beispielsweise für unsere Gemeinde Ottensheim der Pflichtbeitrag der Krankenanstalten nach dem oö. Krankenanstaltengesetz in bislang schwindelnde Höhe von EUR 1.589.563,- für das Jahr 2024. Bei einem Bruttogemeindehaushalt von gut 10 Millionen Euro.
Abschaffung der kalten Progression führt zu fehlenden Kommunalinvestitionen
Nicht nur für Ottensheim bedeuten diese stetig steigenden, teilweise im zweistelligen Prozentbereich liegenden, kaum mehr stemmbaren Leistungen für unser noch immer leidlich gutes Gesundheitssystem eine Überforderung. Auf die nicht unberechtigte Frage hin, wieso für die Gemeinden solche Pflichtbeiträge in schwindelerregendem Tempo ansteigen, hat zum Beispiel der Kärntner Landeshauptmann Kaiser eine starke Vermutung geäußert. Er machte Ende 2023 darauf aufmerksam, dass letztendlich die Gemeinden die finanziellen Auswirkungen einer Abschaffung der sogenannten kalten Progression bei Lohnsteuern zu stemmen haben werden. Die Bundesregierung schafft die kalte Progression bei Lohnsteuern ab, ohne jemals eine wirkliche Gegenfinanzierung dafür geschaffen zu haben.
So kommt es, dass die Gemeinden horrend steigende Beiträge in den Sozialstaat beisteuern müssen, die Steuerentlastung bei der Lohnsteuer jedoch wiederum hauptsächlich Besserverdienenden zugutekommt. Genau hingesehen, profitieren niedrige Einkommen davon um die 60 Euro pro Jahr, hohe Einkommen bis zu 470 Euro, dem Achtfachen. Zwischen 2024 bis 2027 wird dadurch mit Mindereinnahmen von kumuliert 25,6 Milliarden Euro zu rechnen sein, welche den Gemeinden zum Gutteil beim Bundesfinanzausgleich vorenthalten werden. Für was? Diese nicht unerheblichen Budgetmittel gehen den Gemeinden zum Beispiel bei der freien Finanzspitze für ab. Das bedeutet im Wesentlichen das nochmalige wiederholte Schrumpfen von Investitionen im öffentlichen kommunalen Bereich.
Rudolf Schober
Anmerkungen:
(1) Zentrum für Verwaltungsforschung P.Biwald 22.02.2024
(2) Momentum Institut, Budget 2024, S. 27
(3) Werkstatt-Blatt 4/2023, S.8