ImageDie Oberösterreichischen Nachrichten machen Stimmung gegen den nicht kommerziellen TV-Sender dorf tv. Ein Beitrag von Otto Tremetzberger, Autor und Geschäftsführer von dorf tv und Freies Radio Freistadt.

 

Nach vier Jahren redaktioneller Funkstille in den OÖN zum Thema DORF TV fand sich der Sender am 18. November überraschend als „Aufhänger“ im Blatt wieder: Titelblatt, halbe Kulturseite, Kommentar. Sogar der "Mostdipf" äußerte sich zu DORF TV.

Eine erstaunliche Präsenz. Kaum zu bezahlen. Und wohl auch einmalig. Niemand konnte sich bisweilen erinnern, dass über eine Initiative, die der "Freien Szene" zugeordnet wird, von den OÖN derart prominent berichtet wurde - zumal die OÖN-Berichterstattung zur "Freien Szene" generell eher mangelhaft ist.

Bemerkenswert auch das Niveau der Berichterstattung: Denn niemand konnte sich auf Nachfragen daran erinnern, dass in den OÖN jemals gegen eine kulturelle Einrichtung derart pauschal und unbelegt kampagnisiert worden wäre.

Im Tenor warfen die OÖN dem Freien Sender vor, „mehr als dürftiges“ und „uninteressantes“ Programm zu produzieren, dafür aber kräftig Förderungen zu kassieren - die OÖN im FPÖ-Jargon: "gefüttert" zu werden.

Warum man das alles überhaupt subventionieren soll, erschließe sich ihm nicht, postete Chefredakteur Gerald Mandlbauer auf Facebook.

Belege? Zum Beispiel über die angeblich "geringe Verbreitung" des Senders. Nein. Die OÖN, eine "qualitätsbewusste Zeitung, die sich an weltoffene, aufgeklärte und gesellschaftspolitisch interessierte Leserinnen und Leser richtet" (so Mandlbauer im "dorf tv- Mediengespräch"; http://www.dorftv.at/video/7460) argumentieren mit unbewiesenen Behauptungen.

Dass DORF TV "umstritten" sei und mit seiner angeblich "dürftigen Qualität Aufsehen erregt" war bis zum Zeitpunkt der OÖN Berichterstattung in der Öffentlichkeit (und auch bei DORF TV selbst) nicht bekannt.

Im Gegenteil: Mitglieder der OÖ Landesregierung, der LH von Oberösterreich, Mitglieder des OÖ Landtags, des Linzer Stadtsenats, des Linzer Gemeinderats und der Bürgermeister der Stadt Linz hatten erst kürzlich in Statements den Beitrag von DORF TV zur Medien- und Meindungsvielfalt in OÖ übereinstimmend positiv herausgestrichen. http://dorftv.at/video/21321

Die Hintergründe? Seit August wird DORF TV in das digitale Kabelnetz der LIWEST eingespeist. Jahrelang hatte sich die LIWEST, übrigens ein Unternehmen im indirekten Eigentum der öffentlichen Hand, beharrlich geweigert, den von der öffentlichen Hand finanzierten nichtkommerziellen Sender zu verbreiten. Während es gegenüber DORF TV immer hieß: "Kein Platz. Das Kabel ist voll" hat die LIWEST wiederholt kommerzielle und religiöse Sender sehr wohl neu hinzugekommen - zuletzt etwa das von Andi Borg beworbene Schlagerprogramm "Melodie TV".

Kabelverananstalter können aber gesetzlich verpflichtet werden, regionale Programme, die einen besonderen Beitrag zur Medien- und Medienvielfalt leisten, einzuspeisen. Auf diese "Must-Carry" Regelung hat sich DORF TV nach zahlreichen erfolglosen Gesprächen schließlich berufen und Anfang 2014 von der Medienbehörde KommAustria auch Recht bekommen. Anders als die LIWEST (und wohl auch die OÖN) war die Behörde der Meinung, DORF TV würde die oberösterreichische Medienlandschaft inhaltlich bereichern.

"Insgesamt schafft die Antragsstellerin mit dem auf einem offenen Zugang basierenden Programm 'DORF TV' einen 'Marktplatz der Meinungen' und damit einen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt, weil im bestehenden Programmangebot des Versorgungsgebietes ein Mangel an derartigen Themen gegeben ist, dem durch das Programmangebot der Antragsstellerin abgeholfen wird und durch das Konzept des offenen Zugangs eine Plattform zur Verfügung gestellt wird, die die Vielfalt der Meinungen und Anschauungen im Verbreitungsgebiet besonders widerspiegelt." (https://www.rtr.at/de/m/KOA196013093)

(Der von der Medienbehörde diagnostizierte "Mangel an Themen" in der oberösterreichischen Medienberichterstattung ist vor allem für Kulturschaffende, Kulturvereine und zivilgesellschaftlich engagierte Initiativen ein längst bekanntes Problem.)

Der LIWEST wurde in der Folge behördlich aufgetragen, DORF TV (allerdings gegen beträchtliche Kosten) einzuspeisen. Die LIWEST bekämpft den Bescheid mittlerweile vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Dass die LIWEST keine Freude damit hat, sei - neben den "hohen Förderungen" für den Sender und angeblicher Beschwerden von Kabelkunden - für Mandlbauer ein Anlass gewesen, "zu berichten". (http://cba.fro.at/274491)

Nun. Der Unmut und das Unverständnis über eine offensichtlich von vornherein intendierte Negativberichterstattung war spürbar. Der Sender DORF TV hat dabei viel Solidarität von unterschiedlichster Seite erfahren. Gottfried Hattinger in einem Brief an die OON: „Der polemische Ton Ihres Artikels - vor allem der Griff zur Steuerkeule - stammt aus der untersten Schublade des Boulevards, der einer 'Qualitätszeitung' äußerst schlecht ansteht.“

Auch Ex-Landesrat Josef Ackerl meldete sich in einem Kommentar zu Wort: „Der Angriff der OÖN auf DORF TV ist mehr als peinlich. (…) Offensichtlich ist die schwierige Lage der OÖN für diesen blindwütigen Angriff verantwortlich.“

Tatsächlich geraten die traditionellen Medien zunehmend wirtschaftlich unter Druck. Überall heißt es: Der Journalismus ist in der Krise. Vielfalt und Qualität leiden darunter. Viele meinen: Diese Entwicklung ist nicht mehr rückgängig zu machen. Die Medien - wie sie sind - sind nicht reformierbar. Was zählt sind echte Alternativen. Warum es Alternativen braucht zu dem, was es schon gibt? Einmal mehr weiß man es.

Otto Tremetzberger ist Autor und Geschäftsführer von dorf tv und Freies Radio Freistadt.
(10.1.2015)