ImageAm Höhepunkt der Krise argumentierten einige WirtschaftswissenschafterInnen, dass die raschest wirksame Maßnahme gegen steigende Arbeitslosigkeit und Wirtschaftseinbruch die Erhöhung der Finanzmittel der Gemeinden für dringend notwendige Infrastrukturinvestitionen wäre. Doch überall – in OÖ natürlich unmittelbar nach der Landtagswahl – zeigt sich: Bei den Gemeindebudgets wird als erstes der Sparstift angesetzt. Die Gemeinden haben kaum Möglichkeiten sich legistisch zu wehren. Rudi Schober, Gemeinderat in Ottensheim, analysiert in seinem Beitrag nicht nur die Ursachen der Finanzknappheit der Gemeinden und macht Vorschläge zu deren Überwindung, er hinterfragt auch das bestehende föderale System mit der völligen Abhängigkeit der Gemeinden von Bund und Ländern

Dass die Wirtschaftskrise samt der folgenden Depression sich fortsetzend auch in den Gemeinden ankommen wird, ist keinem schlauen Buch entnommen. Im Winter 2008 wurden seitens der OÖ Landesregierung die zu erwartenden Rückgänge der Bundesertragsanteile für Gemeinden mit ca. -5,% prognostiziert; mit dem Hinweis, dass dieser Umstand in der laufenden Finanzplanung zu berücksichtigen sei. In Wahrheit liegt der Rückgang bei minus 6,23% (2009) gegenüber den Bundesertragsanteilen von 2008. Dies angesichts der Situation, dass der von der Regierung aufgezwungene Sparauftrag gemäß dem den Maastrichtkriterien geschuldeten Stabilitätspakt, von 2009 weg, jährlich  kumulierend 0,1% bis 2013 auf 0,5% ansteigend Budgetüberschüsse zu erwirtschaften, umzusetzen ist.

Länderfett kontra Gemeindehunger


Nach den Landtags und Gemeinderatswahlen 2009 in Oberösterreich wird seitens der amtierenden Landesregierung kundgetan, in welchem Ausmaß nochmals die Budgets der Gemeinden zusammengestrichen werden sollen/müssen. Denn es besteht die Gefahr, dass die Anzahl der Gemeinden welche nicht ausgeglichen bilanzieren können von derzeit 80 auf 300 und mehr steigt. Wohlgemerkt die Gemeinde als Organ, welches der stärksten Aufsicht und Kontrolle der Landesregierung unterliegt. Da klingt es nach Hohn und Spott, wenn Landesräte unken, dass die fetten Jahre vorbei und die zuvor in den Parteizentralen akkordierten Wahlversprechen schwer einzuhalten sind. Um jede größere Investition muss sowieso jahrelang gebettelt werden und bei verschiedenen Landesfürsten zu Kreuze gekrochen werden, um als unterstützungswürdig zu gelten. Aber was bedeutet „die fetten Jahre für die Gemeinden sind vorbei“? Real bedeutet dieser Budgetvoranschlag für 2010 einen Rückgang der Gelder aus dem Bundesbudgetausgleich für die OÖ Gemeinden von ca. 10,5% gegenüber 2008! Oder geschätzte 100 bis 150 Mill. Euro, welche in unseren Etats fehlen.


Andererseits sind die Zuzahlungsverpflichtungen der Gemeinden im Jahr 2009 für die Sozialhilfeverbände um ca. 4%  und die Krankenanstaltenverbände um ca. 12% wahrhaft explodiert, mit prognostizierter Fortsetzung der Steigerung im Jahr 2010. Dies ist wiederum dem Beitragsausfall durch die hohe Arbeitslosigkeit und dem jahrelangen Lohndruck verursacht.


Die bundesweiten Steuerausfälle z.B. durch den Einbruch bei der schon vielfach reduzierten Körperschaftssteuer beträgt satte 42% oder ca.1,7 Mrd. Euro. Der Steuerausfall durch den Wegfall der Erbschafts-und Schenkungssteuer beträgt mind. 300 Mill. Euro. Die Rückzahlung der vom Europäischen Gerichtshof gekippten Getränkesteuer kostet einige Zehnmillionen Euro. Und das binnen Tagen geschnürte Bankenhilfspaket kostet allein 2009 satte 4 Mrd. Euro, welche zur Eigenkapitalbildung in den Tresoren der Banken unproduktiv verschwinden.

Bei der Mehrwertsteuer gibt es einen Rückgang von nur 1,02% auf 16,19 Mrd. Euro, bei der Lohnsteuer um 5,75% auf 14,53 Mrd. Euro. Der Rückgang bei der Einkommenssteuer beträgt dagegen schon 9,6%  auf 1,23 Mrd. Euro.

Vermögensschutzmanie führt zur Staatsbudgetdepression


Dass Konzerne in dieser Krise zu arg gebeutelt werden ist aufgrund der Dividendenpolitik bei ATX-Unternehmen nicht wahrzunehmen. Von 1995 bis 2007 wuchsen die Dividenden um fas 400%, während die Löhne und Gehälter um gerade 40% anstiegen.(Quelle: Statistik Austria) Bereits 2007 wurden 26% des Gewinns, der im ATX notierten Unternehmen als Dividende ausbezahlt, 2008 stieg dieser Anteil auf 93%. (Quelle: ÖGPP). Und das bitte steuerschonend mit 25% Kapitalertragssteuer endbesteuert, während der Grenzsteuersatz für Einkommen über 50.000,- Euro für die meisten anderen Einkünfte ansonsten 50% beträgt.


Es gibt sogar Betriebe wie die Post und Telekom, welche höhere Dividenden ausschütten als Gewinne gemacht wurden, dies spiegelt die Zuversicht auf hohe Gewinne in den zukünftigen Bilanzjahren wieder, oder fahrlässiges Ruinieren des Betriebes durch rückgängige Investitionen und damit Ausräumen des Eigenkapitals. Die durchschnittlichen Managergehälter von ATX Betrieben stiegen bis 2008 auf das 48 fache eines durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen.


Wir sehen also: bei Massensteuern, z. B. der Lohnsteuer, gibt es wenig bis geringe Einbußen, bei Steuern auf Konzerne und Vermögen gibt es massive Rückgänge und einzig die größten Nutznießer der Finanzmarktliberalisierung die Banken bekommen unglaubliche Hilfspakete zum Füttern Ihrer modrigen Tresore. Das diese Gelder des Bankenhilfspaketes in Manier der Wal Street-Zocker vergeben wurde, nämlich mit einer Verzinsung von 8-9,35%, lässt an dem Verstand dieser Regierung zweifeln. Einerseits ein Konjunkturpaket welches International verglichen einer leeren Zündholzschachtel gleicht, andererseits Zinsen für Bankenhilfsgelder verlangen die derzeit mit Seriösen Finanzgeschäften nicht zu verdienen sind und die Institute noch weiter in dubiose und verlustreiche Geschäfte treibt. Sollte ein Konjunkturpaket, welches den Namen verdient, bei den Gemeinden ankommen, so muss die Regierung die Zinsen auf mindestens jene Geldmenge die im Zuge des Bankenhilfspaketes  an die Institute ausgeschüttet wurde, drastisch Reduzieren. Eine weitere Auflage muss sein, das diese Stützungsgelder mit stark reduzierten Zinssatz an die Kommunen für Investitionen ausgeschüttet werden. So kann mit den 25 Mrd. Euro des derzeitigen Bankenhilfspaket ein Konjunkturpaket für Österreichische Kommunen geschnürt werden, welche eine negative Konjunkturspirale verhindert und trotzdem das Eigenkapital Österreichs sichert durch Investitionen in moderne Infrastruktur.

Sparen sich die Gemeinden wirklich reich?

Und uns Mandataren in den Gemeinden und Städten wird wiederholt vorgeschrieben, wie weit die Budgets zu reduzieren sind. Dies geht im Einzelnen in die Hunderttausende bis Millionen von Euro und so manche Einsparungsüberlegungen machen vor wirklich nichts halt. Weder bei Vereinen noch bei dringenden Investitionen in Schulen und anderen Gebäuden, bei Kanal und Wasserversorgung oder Sozialem, die Finanzrahmen sind durch die jahrelange Sparpolitik derart angespannt, das diese zu bersten drohen. Danach folgen Auszehrung und Vernachlässigung der Infrastruktur, des sozialen Gemeinwesens und letztendlich der Verkauf des restlichen öffentlichen Eigentums in Form von Verscherbelung der Wasser und Kanalanlagen, von Gemeindewohnungen und anderer Immobilien, der Verkauf von Nutzungsrechten, öffentlichen Einrichtungen und Final der Gang in Geschäftsformen wie Leasing, PPP-Projekte oder sonstige Verschuldungsformen.

Doch mit unserem gemeinsamen Willen und der öffentlicher Meinung muss es möglich sein, die Haushalte zu füttern: mit Geldern aus Steuern und Abgaben auf Vermögen, Vererbung und Schenkung, Wertschöpfung und vor allem den brachliegenden Geldern in den Tresoren zur angeblichen Stützung der Eigenkapitalquote der Banken. Diese müssen arbeitsplatzwirksam umgeleitet werden in Richtung Investitionen dadurch finanziell gestärkter Gemeinden, welche bisher schon ca. 80% der öffentlichen Investitionen tätigen und direkt in die dezentrale kleinräumige Wirtschaft fließen lassen. Damit fließen Steuern und Abgaben wieder in den Wirtschaftskreislauf. Dadurch lässt sich nicht nur die hohe Arbeitslosenquote senken, die Sozialversicherungsverbände und Sozialbudget stützen, sondern durch die höheren Gesamtabgaben steigen die gesamten Budgetmittel an. Durch rasche Investitionen in Wohnraum, Wohnraumsanierung, in erneuerbarer Energie wie Photovoltaik, Solarwärme, Windkraft und Biomasse würden nicht nur Zehntausende von Arbeitsplätzen in Zukunftstechnologien geschaffen, es sind auch nachhaltige Formen von Energiebereitstellung und dadurch krisensichere Arbeitsplätze. Durch die verstärkte Bereitstellung und Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmittel, können Projekte veralteter Mobilitätskonzepte wie Autobahnbau oder Megaorts- und Stadtumfahrungen fallengelassen werden, alterniv dazu schienengebundene Verkehrsmittel ausgebaut und attraktiviert werden. Allein in Linz sollen mit dem Bau der A26 Ringautobahn ca. 700 Mill. Euro in Beton gegossen werden, für Transit und letztendlich mehr verstopfte Strassen.

Wir sehen, es wird sehr viel Geld in den Kreislauf geschleust, doch derzeit nicht zwingend zugunsten derer, welche rasch kleinteilige arbeitsintensive Arbeitsplätze in der Fläche sichern, um ökologische, soziale und nachhaltige öffentliche Projekte zu finanzieren.

Fordern wir die Loseisung der Bankenhilfsgelder in der Höhe der zur Verfügung gestellten 25 Mrd. Euro und Sicherstellungen bis 100 Mrd. Euro für ein Gemeindenhilfspaket zur Entschuldung aller Österreichischen Gemeinden: zur Finanzierung der Aufgaben, welche wir als öffentliche Daseinsfürsorge erbringen müssen. Zur Finanzierung der Innovationen im Energiebereich, welche durch kleinteilige Strukturen zur Energieunabhängigkeit führen werden. Dies stellt eine langfristige Bildung von Eigenkapital außerhalb der Bankentresore dar, welche im Produktivbereich rasch wirksam, kleinräumig öffentlich gesteuert und durch die Gemeinden demokratisch am direktesten kontrolliert.

Gemeindestatus: Maul halten, Hände falten

Im föderalen System Österreichs wird ausgeblendet, das Bund und Länder über die wichtigste Einheit, die Gemeinden entscheidet, ob und welche Rechte und Pflichten von dieser wahrzunehmen sind. Dieses von den einzelnen Bundesländern mit Zähnen und Klauen verteidigte föderale System der Finanzierung und Entscheidungen der führt zu einer absoluten Abhängigkeit der Gemeinden von den vielschichtigen Entscheidungen in Bund und Land. Nicht nur die fehlende Mitsprache bei wichtigen Entscheidungen, auch in Finanzfragen, stehen die Vertreter der Gemeinden aufgrund der fehlenden Einnahmen und daraus genötigtem Bittstellertum, auf schwachen Beinen. Die Systematik der Verteilung von Bedarfszuweisungen  für Projekte, welche die Gemeinden zu finanzieren haben, erinnert an längst vergangene Zeiten. Mit jahrelangen Planungs- und Prioritätenlisten welche sich ständig ändern können, regelmäßigen Gesichtswäschen bei den Landesräten und deren wahltaktischen Entscheidungen, werden die Vertreter der Kommunen auf Ihre Rolle hingewiesen, Entschieden wird andernorts, nicht im Gemeinderat.

Geld kommt von den Landesräten und dort wird real entschieden über Pflegeheime, Schulsanierungen oder Neubauten, öffentliche Verkehrsmittel usw.. Ist es nicht längst an der Zeit, solche quasifeudalen Verhältnisse zu hinterfragen und zu verändern in Richtung demokratischer Entscheidungen vor Ort und finanzieller Ausstattung, welche Entscheidungen bei Planung, Investitionen und deren Finanzierung nicht der Obrigkeit überlässt. Dadurch wird es auch möglich, so manchem nicht erwünschten Zwang aus marktradikalen Mechanismen entgegenzutreten und für die Bewohner/Innen Entscheidungen zu treffen, welche als nachhaltig und sozial vertretbar sind und nach wirklich demokratischen Entscheidungsprozessen erfolgt sind.

Gleichstellung der Gemeinden mit finanzieller Absicherung ist sozialer Reichtum


Darum fordern wir den gleichberechtigten Rechtsstatus der Gemeinden im föderalistischen Bundesstaat gegenüber Land und Bund in Bezug auf finanzielle Ausstattung der Gemeinden, eigenständige Vertretung nach Außen in Fragen von Investitionen, Infrastruktur und Entscheidungen, welche selbstbestimmte Weiterentwicklungen in Fragen von Energie, Bildung und Sozialem Vorschub leisten.


14.12.2009
Schober Rudi


 
Umverteilung der besonderen Art


Mit Steuergeschenken an Konzerne und Reiche machen sich Bundespolitiker international besonders beliebt. Geht den öffentlichen Haushalten dadurch das Geld aus,  werden Landesfürsten besonders kreativ und schreiben den Gemeinden die Gegenfinanzierung vor. In Oberösterreich durch einen von der Landesregierung den Gemeinden verordneten Wassermindestpreis. Sollte die Gemeinde ihren Haushalt trotzdem nicht ausgeglichen bilanzieren können oder knapp davor stehen, muss eine nochmals verordnete zusätzliche Wassersteuer eingehoben werden. Mit 0,2 Euro pro Kubikmeter Wasser erscheint das nicht sehr aufregend. Der Durchschnittswasserverbrauch pro Person liegt bei 130 Liter am Tag, macht pro Jahr 47,4 m3 und damit Zusatzwassersteuer von 9,48 Euro aus. In einem 4 Personenhaushalt kommen damit im Jahr schon Zusatzkosten von 37,92 Euro zur Gesammtrechnung. Auf die Einwohner von OÖ umgelegt sind das schon satte 9,48 Mill. Euro zusätzliche Lebensaufwände. Wir erinnern uns an die Zeiten, in denen Konzerne und Aktionäre schamlos märchenhafte Gewinnzahlen hinausposaunten und abkassierten, Steuergeschenke in Gönnermanier gewährt wurden. In Zeiten von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit  und leeren Kassen kommt niemand auf die Idee, dieser besonderen Art von Umverteilung Einhalt zu gebieten?