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Der “European Round Table of Industrialists” (ERT) gilt als das Zentralkomitee der EU-Großindustrie. In ihm sind – nach einem gewissen Rotationsprinzip – die Vorsitzenden von 45 europäischen Industriekonzernen versammelt. Der ERT gilt als strategischer Mastermind der beiden zentralen EU-Pfeiler, des EU-Binnenmarktes und der Währungsunion. Unmittelbar nach seiner Gründung im Jahr 1983 legte der ERT ein Papier für die Schaffung eines einheitlichen EU-Binnenmarkts mit Freihandel und Kapitalverkehrsfreiheit auf den Tisch – und erhielt ihn 1986 durch die sog. „Einheitlichen Europäischen Akte“. Der damalige EG-Kommissionspräsident Jacques Delors gab zu, der ERT sei "die treibende Kräfte hinter dem Binnenmarkt" gewesen.

“Und sie taten es.” 1990 mahnte der ERT eine Währungsunion inklusive restriktiver Budgetpolitik ein – und bekam sie 1991 mit dem Maastricht. In den 90er Jahren wurde dann die Realisierung der Währungsunion aktiv gegen alle Widerstände durchgedrückt. Keith Richardson, früherer Generalsekretär des ERT, schildert das durchaus selbstbewusst: "Wir schrieben allen Regierungschefs einen formellen Brief mit dem Inhalt 'Wenn Ihr Euch am Madrider Gipfel trefft, solltet Ihr gefälligst ein für alle Mal festhalten, dass die Währungsunion am durch den Maastrichter Vertrag festgelegten Tag mit den in Maastricht beschlossenen Kriterien startet'. Wir schrieben ihnen, wir forderten sie dazu auf. Und sie taten es." (1)

Auch viele EU-Projekte gehen auf die Initiative der EU-Großindustrie zurück: z.B. den Bau von 12.000 Autobahn-Kilometer im Rahmen der sog. „Transeuropäischen Netze“, die EU-Osterweiterung, um die westeuropäischen Multis billige, gut ausgebildete Arbeitskräfte, Investitionsmöglichkeiten und neue Absatzmärkte zu erschließen, oder der sog. „Bologna-Prozess“, mit dem die EU-Hochschulen im Sinne der Konzerne entdemokratisiert wurden.

(1) Europe, Inc, Dangerous Liaisons between EU Institutions and Industry, 1997