Als Kickl auf dem blauen Pferd posierte, ahnte er in seiner selbstverliebten Arroganz wohl nicht, dass er damit das bis dato heimliche Parteiabzeichen und „mission statement“ der FPÖ einer breiten Öffentlichkeit vorführte.

Anfangs glaubten viele noch, das Foto, auf dem der blaue Innenminister Kickl hoch zu Roß samt blauem Majestätsumhang thront, sei ein Fake. Doch bald wurde klar: Das Foto ist echt und zeigt den Rechtsausleger bei einer PR-Tour für berittene Polizei in Wien. Wir wissen nicht, was in Kickl vorging, als er sich in den Sattel schwang, die Symbolkraft des Bildes geht jedenfalls weit über den begrenzten Horizont des blauen Innenministers und den seiner schlechten PR-Berater hinaus.

Zum einen hat es bei vielen rasch die Assoziation mit dem „Bundestrojaner“ auslöste, also die Installierung staatlicher Spionage Software auf unseren Handis und PCs, wo sich der Staat – gleich einem „trojanischen Pferd“ unter Ausnützung gefährlicher Sicherheitslücken – sich in unsere Privatsphäre einschleust. Auf der Oppositionsbank geißelte Kickl den „Bundestrojaner“ noch als „Stasi-Methoden“, als Innenminister wird er zum Exekutor dieser Spitzelmethoden.

Doch auch diese Assoziation greift zu kurz: Denn die Rechtsextremen sind die „Trojaner“ der Mächtigen schlechthin. Lange Zeit gebärdeten sie sich als „soziale Heimatpartei“, Freihandelsgegner und EU-Opposition. Dadurch sollte der berechtigte soziale Protest rassistisch kanalisiert, der Widerstand gegen Sozialabbau und EU gespalten, gelähmt bzw. in die rechtsextreme Ecke entsorgt werden. Kaum auf der Regierungsbank öffnet sich der Bauch der blauen Pferdes – und heraus hüpfen die Janitscharen der Industriellenvereinigung und der EU-Kommission, um frei nach dem Motto „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ jenen ins Gesicht zu sch….., die sie in großen Massen gewählt haben: Arbeitszeitverlängerung, Abschaffung der Notstandshilfe, Durchsetzung von CETA, Mitmarschieren bei der EU-Militarisierung, Demontage der Neutralität, Ausbau des Überwachungsstaats, uswusf.

Durch diese „Trojaner“-Strategie wurden freilich nicht nur viele WählerInnen der FPÖ düpiert, sondern auch jene „Linke“, die ihre EU-Apologetik mit dem Kampf gegen die rechtsextreme FPÖ rechtfertigten – und nun feststellen müssen: Mit ihrer EU-Apologetik haben sie mitgeholfen, die Rechtsextremen als „trojanische“ Pseudoopposition so stark zu machen, dass diese nunmehr in Regierungsämtern dem EU-Establishments bereitwillig zur Hand gehen können, um weiter die Axt an Sozialstaat, Demokratie, Arbeitsrechte und Neutralität zu legen. Im brutalen Sozialdarwinismus – der Bekämpfung und Verachtung von Benachteiligten und Schwächeren – finden Rechtsextremismus und EU-Neoliberalismus zusammen. Die Rechtsextremen leisten unschätzbare Dienste für das EU-Establishment – auf den Oppositionsbänken im Bauch des Pferdes ebenso, wie wenn sie sich als Minister aufs Pferd schwingen.

Als Kickl auf dem blauen Pferd posierte, ahnte er in seiner selbstverliebten Arroganz wohl nicht, dass er damit das bis dato heimliche Parteiabzeichen und „mission statement“ der FPÖ einer breiten Öffentlichkeit vorführte. Es gilt, die Augen zu öffnen.

Gerald Oberansmayr
(März 2018)