Eignen wir uns mehr Demokratie an Eine überwältigende Mehrheit von 72% der Österreicher_innen befürwortet Volksabstimmungen, die die Bevölkerung auslösen kann. Im "Demokratiepaket" der Regierungsparteien ist das jedoch nicht enthalten. Eine Allianz von vielen Initiativen, darunter die Solidar-Werkstatt, macht nun Druck für mehr direkte Demokratie.

Eignen wir uns unsere Demokratie an!

Kurz vor Weihnachten hatten uns die Regierungsparteien ihr „Demokratiepaket“ vorgestellt. SPÖ-Klubobmann Cap hat es überschwänglich als „europaweit vorbildhaftes Paket der Direkten Demokratie“ bezeichnet. Wer diese Nebelschwaden der Selbstbeweihräucherung beseite schiebt, kann nicht übersehen, dass die Regierungsparteien das bestehende Volksbegehren mit der neuen Plenarsitzung des Nationalrats und mit der neuen Möglichkeit von Online-Unterstützungserklärungen nur behübschen wollen. An der Wirkungslosigkeit von Volksbegehren wollen die Regierungsparteien hingegen weiterhin nichts ändern.

Die aktuelle große Umfrage über „Direkte Demokratie in Österreich“ von Univ.-Prof. Dr. Max Haller hat einen breiten Konsens der Österreicher_innen für Direkte Demokratie sichtbar gemacht. Eine überwältigende Mehrheit von 72% der Österreicher_innen befürwortet Volksabstimmungen, die die Bevölkerung auslösen kann. Sollen wir es wirklich stillschweigend hinnehmen, wenn sich das Parlament, also unsere eigenen „Repräsentant_innen“, weigern, unserem demokratischen Willen zu entsprechen?

Wie ein Demokratisierungsprozess im 21. Jahrhundert unter Einbindung der Bürger_innen ablaufen soll, hat Island nach dem Bankencrash anschaulich vorgezeigt. Anders als auf Island durfte in Österreich die Bevölkerung, der Souverän, noch nie, weder 1918 noch 1945, entscheiden, wieviel Mitentscheidung der Bevölkerung offen stehen soll. Nach beinahe 100 Jahren Bundes-Verfassungsgesetz ist es überfällig, dieses grundsätzliche Demokratiedefizit Österreichs zu beheben und Souveränität der Bevölkerung nicht länger auf eine symbolische Höflichkeitsfloskel zu reduzieren, sondern real ernst zu nehmen.

Gemeinsam mit vielen Initiativen, u.a. der Solidar-Werkstatt, tritt mehr demokratie! für einen Demokratiesierungsprozess ähnlich wie auf Island ein und hat den Aufruf www.demokratie2013.at auf der gleichnamigen Website gestartet. Ein nach Zufallsprinzip bzw. repräsentativ zusammengesetzter „Bürger_innenrat“ soll einen Direkt-Demokratie-Vorschlag erarbeiten. Die Bevölkerung soll anschließend in einer Volksabstimmung entscheiden, wie viel Direkte Demokratie sie haben will und welcher Direkt-Demokratie-Vorschlag daher in Kraft treten soll – jener dieses Bürger_innenrats oder jener des „Demokratiepakets“ der Regierungsparteien.

Die Zeit drängt! Die Regierungsparteien wollen ihr „Demokratiepaket“ bereits am 16. April im Verfassungsausschuss beschließen. Gerade im laufenden Wahljahr bestehen gute Chancen, den Widerwillen der Regierungsparteien gegen wirksame Direkte Demokratie aufzubrechen, zumal die Regierungsparteien für ihr „Demokratiepaket“ eine 2/3-Mehrheit und somit Stimmen der Oppositionsparteien benötigen. Im Window of Opportunity der nächsten Wochen ist daher eine Anstrengung und ein Beitrag von jeder und jedem Einzelnen gefordert! Unsere parlamentarischen „Repräsentant_innen“ müssen auf vielfältige Weise zu spüren bekommen, dass wir nicht länger bereit sind, auf Direkte Demokratie „von unten“ zu verzichten!

Erwin Leitner

mehr demokratie!-Vorstandsvorsitzender

mehr-demokratie.at