ImageGespräch mit Johanna Weichselbaumer über die Möglichkeit zur Stärkung der Demokratie in den Gemeinden. Johanna Weichselbaumer ist beratende Gemeinderätin in Alkoven (OÖ) und bei der Solidarwerkstatt aktiv.


WERKSTATT-Blatt: Du bist seit der letzten Gemeinderatswahl in der Gemeinde Alkhoven aktiv. Welche Erfahrungen hast Du bisher gesammelt?

Johanna: Seit den letzten Gemeinderatswahlen bin ich nun, nach vorheriger großer Skepsis, Mitglied einer Bürgerliste. Meine Einstellung war und ist auch noch, dass die Parteizugehörigkeit eine untergeordnete Rolle spielen soll, um wirklich gemeinsam auf gegenseitiger wertschätzender Basis konstruktiv arbeiten zu können. Auch im Hinblick auf die von außen kommenden Schwierigkeiten und Herausforderungen ist dies der einzige Weg, um gemeinsam stark auftreten zu können. Leider ist dies bei uns und auch in den meisten anderen Gemeinden keineswegs der Fall. Abstimmungen sind großteils parteigebunden, die Konkurrenz der Fraktionen zueinander ist mehr oder weniger stark ausgeprägt, gegenseitige Schuldzuwei- sungen sind an der Tagesordnung, gegenseitiges Kritisieren, ob berechtigt oder nicht, sich auf Kosten anderer über jemand lustig zu machen oder ihn/sie als dumm hinzustellen.

Ich will damit sagen, dass sich die Verantwortlichen in der Gemeindepolitik mit diesem Konkurrenz-Machtverhalten in der Basis immer mehr schwächen. Die Folgen spüren wir von Jahr zu Jahr mehr. Der Unmut der Bevölkerung steigt und das Vertrauen in Parteien sinkt zunehmend. Vermehrt hört man die Äußerungen: “Wir sind nur vor den Wahlen wichtig, nachher sind wir ihnen eh wieder egal! Jetzt verspricht a jeder wieder so viel, halten und umsetzten tuats kana! Also, egal wem ma wählt, a jeda will halt nur an die Macht!“ usw. Diese Schwachstellen an der Basis sind meiner Meinung für Probleme von außen sehr willkommen, da wir uns auf diese Weise nicht rechtzeitig und gemeinsam wehren können. Die Folgen kennen wir ja alle: jährlich steigende Abgaben, systematisches Aushungern- folglich ist früher oder später der Finanzhaushalt nicht mehr auszugleichen und der Abgang in die Klauen der Abhängigkeit der Landesebene ist vorprogrammiert, des weiteren der Bundesebene und schließlich von der EU-Maschinerie.

WERKSTATT-Blatt: Siehst Du Möglichkeiten, diese Fehlentwicklung zu verändern?

Johanna: Sicherlich können wir Widerstand leisten, Forderungen stellen, durchführbare Lösungen ausarbeiten, usw. Doch wie wollen wir das mit diesen Voraussetzungen durchführen? Es ist nur möglich, wenn wir uns nicht als Vertreter einer Fraktion sondern als Menschen die Hände reichen. Weg vom parteigefälligen Denken- hin zum eigenständigen Denken!  Das Gefühl beseitigen, dass dem ganzen politischen Geschehen immer mehr den Anschein eines seelen- oder gefühlslosen Apparates gibt. Der Mensch reagiert darauf zunehmend mit Angst und Ablehnung! Um dies zielführend zu ändern müssen wir, meiner Meinung ganz unten an der Basis, also in den Gemeinden beginnen. Eine Stärkung wäre durch eine fördernde Teilnahmemöglichkeit jedes Einwohners durchführbar.

WERKSTATT-Blatt: Wie könnte das einer Meinung nach konkret ausschauen?

Johanna: Um die Bedürfnisse und Anliegen der Bürger_innen wirklich dementsprechend erfüllen zu können, müssen wir kleinere Gruppen bilden. Das heißt, wo jeder jeden kennt, nämlich das Dorf bzw. in Stadtgemeinden jeweils kleinere Sprengel oder Siedlungen. Je nach Einwohnerzahl eines beliebigen Dorfes oder Sprengels werden geeignete Kandidaten ausgesucht. Z.B 1:100. Jeder Kandidat muss einen dementsprechenden Vertrag zustimmen und unterschreiben, um eine konstruktive Arbeit zum Wohle aller Dorfbewohner zu sichern. Bei einem Verstoß gegen diesen Vertrag muss eine dementsprechende Abwahlmöglichkeit gewährleistet sein. Dann werden Dorf- oder Siedlungsvertreterwahlen organisiert! Dies soll natürlich eine klare Personenwahl sein! Die Kandidaten mit den meisten Stimmen sind dann VertreterInnen des Dorfs oder Wohnsprengels.

Es soll eine Räumlichkeit im Dorf, Sprengel oder Siedlung zur Verfügung gestellt werden. Dort muss mindestens einmal pro Woche in einem bestimmten Zeitraum ein Vertreter anwesend sein. So besteht die Möglichkeit für jeden Einwohner diese Dorfstelle mit seinem Anliegen oder auch Ideen und Impulsen aufzusuchen. Auch für gemeindebezogene Bürgerbefragungen, die viel öfter stattfinden sollten und anfallende Volksbegehren wäre dies ein geeigneter, leicht erreichbarer Ort. Diese Dorf- oder Sprengelvertreter_innen müssen bei jeder Gemeinderatssitzung mit einbezogen werden und parteiunabhängig bleiben.

Auf diesem Wege sehe ich auch eine gute Möglichkeit, zwischen den Menschen wieder mehr Kontakt und Nähe herzustellen, woraus wiederum viel Neues und Schöpferisches entstehen kann. So kann auch Demokratie wieder spürbar, greifbar und erreichbar werden! So könnten wir der jetzigen gefährlichen Bewegung von oben nach unten, die den Mensch nach seiner gewinnbringenden Nützlichkeit missbraucht, stark und gemeinsam entgegenwirken. Eine Gegenbewegung, die stärker ist, weil sie das Leben in sich birgt und den Mensch im Kern erfasst! Auch im Sinne eines voraussichtigen Denkens mit weitem Blick in die Zukunft einen Weg für unsere Kinder zumindest vorzubereiten!