In der obersteirischen Gemeinde Bruck an der Mur sind die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, in einer Volksbefragung darüber zu entscheiden, ob Wald in Gemeindebesitz privatisiert werden soll. Die Bürgerinnen und Bürger der steirischen Gemeinde Bruck an der Mur müssen sich entscheiden.


In der obersteirischen Gemeinde Bruck an der Mur wird gewählt. Allerdings geht es zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt nicht um deren politische Vertreter, sondern um die Frage, ob ein beträchtliches Stück ihres Stadtforstes veräußert werden soll.

Es geht um nicht weniger als 700 ha der insgesamt 1800 ha der Waldfläche in Gemeindebesitz. Jener Teil der außerhalb der Grenzen des Gemeindegebietes liegt, des sogenannten Forstreviers Zlatten.

Vorneweg. Für den Verkauf treten die, mit absoluter Mehrheit regierenden, Sozialdemokraten ein. Dagegen positionieren sich alle anderen Gemeinderatsfraktionen, also ÖVP, FPÖ, KPÖ, Grüne und NEOS. Wie es zu einer derart sonderbar scheinenden Konstellation kommt, werden wir weiter unten noch erörtern.

Zunächst aber, was spricht für den Verkauf des Waldes? Die Kassen der Gemeinde sind klamm, es gibt kaum Spielräume. Bruck hatte bereits vor den noch dazu kommenden Corona-Folgen, einen finanziellen Konsolidierungsbedarf von 1,5 Millionen Euro pro Jahr bis 2025. Jetzt kommen noch 4 Millionen an Abgang hinzu.

Die Stadt hatte und hat also ein enormes strukturelles Defizit zu verkraften, bei einem gleichzeitigen beachtlichen Investitionsbedarf. Die evidenzbasierten Schätzungen belaufen sich auf 28 bis 30 Millionen Euro für eine Mittelschule, eine Sporthalle, einen Sportplatz, eine Volksschule, eine Kinderkrippe, eine Hortgruppe und die Integration einer Volksschule in eine andere samt deren Ausbau.

Dies sind alles gewichtige Gründe für den Verkauf, doch das lässt noch einiges außer Acht. Der Forstbetrieb, so wie er jetzt ist, hat in den letzten 10 Jahren Einnahmen von 3,1 Millionen Euro eingebracht. Verkauft werden kann aber nur der profitable Teil des Waldes. Sollten also diese 700 ha veräußert werden, würde der Betrieb defizitär werden.

Zudem kommt noch, dass nicht sichergestellt werden kann, dass nach einem möglichen Verkauf, der freie Zugang für Wanderer und Mountainbiker gewährleistet ist, noch können flächige Rodungen ausgeschlossen werden.

Dazu gibt es in Bruck bereits ein exemplarisches Beispiel. In einem anderen beliebten brucker Naherholungsgebiet, am Krecker, ist schon eine solche flächige Schlägerung durchgeführt worden.

Die Argumentation der Bürgermeisterpartei, man würde doch großflächige Sperrungen und Betretungsverbote mittels vertraglicher Restriktionen ausschließen, läuft aus rechtlichen Gründen ad absurdum. Da das Forstgesetz ein klares Recht eines Eigentümers zu derartigen Sperrungen vorsieht, kann eine vertragliche Regelung keinesfalls dieses geltende Recht aushebeln und wäre somit jedenfalls nichtig.

Und andererseits muss ebenfalls klargestellt werden, dass die Finanzierung der oben angesprochenen dringend erforderlichen Investitionen nicht zwingen an einen Waldverkauf gebunden sind.

Zum einen ist die Sanierung der Neuen Mittelschule jetzt schon in der budgetären Planung enthalten, zu ihrer bedarf es also gar keinen Verkauf, sie kann mit derzeitigen Mitteln, jetzt schon, finanziert werden.

Was die restlichen Projekte anbelangt, so müssen diese auch nicht in diesem Jahr schon erfolgen. Sie könnten in ein einem Stufenplan, nach und nach bis 2025, abgearbeitet werden. Es muss nicht alles auf einmal erledig werden.

Eine dritte Maßnahme ist eine bereits überfällige Konsolidierung. Bei den Gemeindewohnungen haben wir einen Leerstand von 16 Prozent. Zudem ist seit 1994 eine vom Gemeinderat angeordnete Indexierung nicht durchgeführt worden, mit einem Schaden, der in die Millionen gehen könnte. Die Ermittlungen laufen derzeit noch.

Zudem hat die Gemeinde lange Jahre ein defizitäres Reisebüro erhalten. Dieses hat bis zu etwa 300.000 Euro Verlust in einem Jahr erwirtschaftet. Es ist nicht klar, wieso dieser Betrieb nicht eher eingestellt worden ist, aber ein vages Indiz könnte sein, dass die jetzige SPÖ-Vizebürgermeisterin in diesem Reisebüro arbeitet.

Daneben gibt es noch einige kleinere Vorschläge. Zum Beispiel die Reduktion der Referenten und Referentinnen auf die nötigsten. Dazu hat es im Gemeinderat sogar schon einmal einen Konsens gegeben, nicht mehr aber seit die SPÖ wieder allein regiert. Oder auch die Reduktion des Saliers der Kulturreferentin GR Mag.a Kerstin Koch-Pernitsch, die als einzige 15 Prozent des Bürgermeistergehaltes erhält, und dabei wohl eher zufällig die Lebensgefährtin des Bürgermeisters ist.

Klar ist, dass diese kleinen Stellschrauben nicht ausreichen werden, sosehr sie auch geboten sind. Aber zusammengenommen mit all den anderen Vorschlägen, der Streckung der Investitionen über die Jahre, der Finanzierung von Darlehen mit den Einnahmen aus dem Stadtwald, der Konsolidierung des Budgets, mit all den Vorschlägen, die am Tisch liegen. – Wenn man das zusammennimmt mit der bisher verabsäumten aber dennoch bis dato dringenden Courage, sich endlich auf die Hinterbeine zu stellen und bei Land und Bund um erforderlichen Mittel zu streiten, dann kann auch eine Bildungsinvestition ohne Waldverkauf funktionieren.

Stattdessen wird aber in den letzten Jahrzehnten eine rigorose Privatisierungspolitik verfolgt. 2001 ist die Sparkasse verkauft worden, danach folgten ein Gemeindewohnhaus und die Hälfte der brucker Stadtwerke. Und erst vor kurzem wurde bekannt, dass etwa 30 Wohnungen genau jener Stadtwerke am Gemeinderat und an der Öffentlichkeit vorbei verkauft worden sein könnten. Wohnungen eines Gemeindebetriebs, von der die regierende SPÖ immer behauptet hatte, dass eine Umwandlung der Stadtwerke in eine GmbH keine nennenswerten Folgen haben würde.

Ob eine solche Verkaufspolitik oder eine andere Strategie die Zukunft unsrer Stadt bestimmen sollte, das liegt nun in den Händen der Bruckerinnen und Brucker.

Die Entscheidung liegt bei der Bevölkerung am 19.09.2021.

Thomas Pierer
(14.9.2021)