Rede von Hans Henning Scharsach, Publizist und Antifaschist, beim kulturpolitischen Aschermittwoch am 5. März 2025 in Ried.

 

 

Liebe Freundinnen und Freunde, meine sehr verehrten Damen und Herren,

bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich mich bei jeder und jedem einzelnen von euch bedanken, dass ihr gekommen seid, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen.

Die Koalitions-Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind gescheitert und wir alle wissen, dass es dabei nicht in erster Linie um die Politik der kommenden Jahre ging. Es ging um mehr.

  • Es ging um den Bestand unserer liberalen Demokratie,
  • um die Verteidigung unsere Verfassung.
  • um die Freiheit von Presse und ORF.
  • Es ging um unseren Rechtsstaat.
  • Und es ging um Menschenrechte.

Die gescheiterten Koalitionsverhandlungen haben auch gezeigt, wie sehr die FPÖ von Burschenschaftern dominiert wird. Vier der fünf Männer aus dem Verhandlungsteam von Herbert Kickl gehören deutschnationalen schlagenden Verbindungen an.

Christian Hafenecker (Nibelungia zu Wien), Norbert Nemeth (Olympia), Arnold Schiefer (Teutonia), Reinhard Teufel (Brixia)

Die Gefahr, dass Österreich von jenen rechtsextremen Burschenschaftern übernommen wird, die für die ideologische Ausrichtung der FPÖ verantwortlich sind, ist vorerst abgewendet. Unsere liberale Demokratie ist intakt geblieben.

Rosenkranz / Libertas

Trotzdem hat diese Legislaturperiode mit einem Triumph des Rechtsextremismus begonnen. Die Parteien der Mitte haben mit Walter Rosenkranz einen Mann zum Parlamentspräsidenten mitgewählt, der zu einer dauerhaften Belastung für unsere Demokratie zu werden droht.

Einige Journalisten waren gewissenhaft genug, in meinen Büchern nachzublättern, wer das ist und woher der kommt. Andere haben wenigstens ins Internet geschaut.

Die Politiker nicht. Sie haben ihn gewählt, weil das immer schon so war, ohne sich zu informieren, wofür dieser Mann steht.

Walter Rosenkranz ist Mitglied einer der schlimmsten und radikalsten deutschnationalen schlagenden Studentenverbindungen. Seine Burschenschaft Libertas steht für den Antisemitismus in seiner schrecklichsten, in seiner tödlichsten Form.

Die Libertas, der Rosenkranz angehört, hat nationalsozialistische Geschichte geschrieben. Das hat schon viele Jahre vor Hitlers Terrorherrschaft begonnen.

Unter Georg Ritter von Schönerer, dem prominentesten Mitglied dieser Verbindung, hat die Libertas bereits 1878, als erste deutschnationale Studentenverbindung, den Arierparagraphen eingeführt.

Schönerer forderte als Führer der „Alldeutschen Partei“

  • die „Eliminierung des Fremdkörpers Judentum“.
  • Er wollte die Kunst aus der „Verjudung“ befreien.
  • Er forderte die Entfernung von Juden aus dem Staatsdienst,
  • aus Schulen, Universitäten, Vereinen und Zeitungen.

Schönerer rief zur „Ausrottung der parasitären Rasse auf“. Und er plädierte im Wiener Parlament dafür, eine „Prämie für jeden niedergemachten Juden“ auszusetzen. Als Parteichef hat sich Schönerer als „Führer“ anreden und mit „Heil“ grüßen lassen.

Zuletzt machte Schönerer dann etwas, das ihm und seiner Libertas einen festen Platz in den Geschichtsbüchern eintrug. Gemeinsam mit einem deutschnationalen Burschenschafter aus Bonn gab er dem Antisemitismus eine neue, eine tödliche Form.

Früher hatte sich der Antisemitismus gegen Menschen jüdischen Glaubens gerichtet. Dieser Feindschaft, die oft in Ausgrenzung und sozialer Ächtung mündete, ließ Juden die Möglichkeit, etwa zum Christentum zu konvertieren und sich so der Verfolgung zu entziehen.

Schönerer schob dem einen Riegel vor. Er erfand gemeinsam mit seinem Burschenschafter-Freund Heinrich von Treitschke den sogenannten „Rassen-Antisemitismus“: Er erklärte Juden zu einer „Rasse“.

Aus dieser Definition gab es kein Entrinnen. Diese aus der Burschenschaft von Walter Rosenkranz stammende Definition wurde zur Grundlage des fabriksmäßig organisierten Massenmordes in den Vernichtungslagern der Nazis.

Hitler hat sich in „Mein Kampf“ ausdrücklich auf Schönerer bezogen und ihn als seinen geistigen Vater bezeichnet.

Wie sehr Schönerers historische Großtat bis heute gewürdigt wird, haben Redakteure des „Standard“ erlebt. Diese wurden in der Libertas empfangen. Es war der Versuch dieser Burschenschaft, Journalisten von ihrer demokratischen Prinzipientreue zu überzeugen.

Die Redakteure aber registrierten vor allem eines: Das Bild von Hitlers geistigem Vater hängt dort bis heute an der Wand.

Der historische Ruhm, Wegbereiter für Hitlers mörderische Rassenpolitik gewesen zu sein, ist nicht die einzige Besonderheit der Libertas. Die Burschenschaft unseres Parlamentspräsidenten pflegt auch privilegierte Beziehungen zur radikalen Neonazi-Szene.

Unter anderem erkannte sie dem neonazistischen „Bund freier Jugend“ einen Geldpreis zu, für (Zitat) „herausragende Taten im Sinne des national-freiheitlichen Gedankens.“

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer aber bezeichnet die Aktivitäten des Bundes freier Jugend in einem Gutachten als eindeutig neonazistisch. In den Publikationen würden

  • „nationalsozialistische Ideen verherrlicht“,
  • nationalsozialistische Verbrechen „zynisch geleugnet“ und
  • NS-Biografien als „Vorbild“ dargestellt.
  • Daneben werde „Rassenhass“ gepredigt und
  • (Zitat) die ständige „Kampfbereitschaft der nationalen Jugend“ eingefordert. Was so viel heißt wie: Zur Gewalt aufgerufen.
  • Und bei den „herausragende Taten im Sinne des national-freiheitlichen Gedankens“ handle es sich vor allem um die Organisation von Neonazi-Aufmärschen.

Die Libertas begründete die Preisvergabe für die Neonazis unter anderem damit, dass der Bund freier Jugend (Zitat) „für seine volkstreuen Aktivitäten stärkster staatlicher Repression“ ausgesetzt sei.

Tatsächlich standen vor und während der Preisvergabe mehrere Mitglieder des Bundes freier Jugend wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung vor Gericht.

Die von der Burschenschaft Libertas angeführte staatliche Repression, aber ist ein Ausdruck für politische Willkür und Gewalt in autoritären Systemen. Diesen Ausdruck für die Durchsetzung demokratisch zustande gekommener Gesetze zu verwenden, ist ein unfassbarer Frontalangriff auf Demokratie und Rechtsstaat.

Und nicht zuletzt: Die Finanzierung von Neonazis und ihre neonazistischen Aktivitäten fällt nach österreichischem Recht eindeutig unter den Verbrechenstatbestand der nationalsozialistischen Wiederbetätigung.

Eindeutig positioniert hat sich Walter Rosenkranz auch persönlich. In seinem Beitrag für einen Sammelband würdigte er den prominenten Nationalsozialisten Johann Stich als „Leistungsträger“ seiner Libertas.

Dieser Mann, der von seinen Waffenbrüdern bis heute als „Symbol für Charakterstärke“ bewundert wird, hat als Generalstaatsanwalt am Wiener Oberlandesgericht noch in der letzten Phase des Krieges siebzehn Todesurteile erwirkt.

Schimanek

Auch in seinem unmittelbaren politischen bzw. beruflichen Umfeld zeigte Walter Rosenkranz keine Scheu vor prominenten Namen des Rechtsextremismus. Als sein Büroleiter fungierte bis vor Kurzem Rene Schimanek.

Dieser ist auf einem Foto von 1987 mit Schlagstock und Springerstiefeln zu sehen, wie er gemeinsam mit seinem Bruder Hans-Jörg (jun.) mit Gottfried Küssel mitmarschiert.

Küssel war Gründer der VAPO, der Volkstreuen außerparlamentarischen Opposition. Diese hatte sich die „Zerschlagung der Demokratie“ und die „Neugründung der NSDAP“ zum Ziel gesetzt.

1994 wurde im Prozess gegen Hans-Jörg Schimanek jr. das Video einer so genannten „Ausbildung“ von VAPO-Aktivisten gezeigt. Burschen im Alter zwischen 13 und 20 Jahre wurden im „schnellen und lautlosen Töten von Feinden“ unterrichtet. Schimanek selbst gab als Ausbildner die Befehle:

Von hinten an den Feind anschleichen, Mund zu halten, Messer in den Hals rammen und durch die Kehle ziehen und zuletzt dem auf dem Boden liegenden den „finalen Leberstich“ versetzen.

Da blieb die von Neonazis geschürte Illusion von Körperertüchtigung und Lagerfeuerromantik solcher Wehrsportübungen auf der Strecke. Die Laienrichter waren Zeuge geworden, wie der Mord an Demokraten trainiert wurde.

Der Bruder dieses Hans Jörg Schimanek jr. war bis vor kurzem Büroleiter unseres Parlamentspräsidenten und als solcher in die Schlagzeilen geraten. In einem von ihm gemieteten Forsthaus in Langenlois, in dem er seinen Wohnsitz gemeldet hatte, waren bei einer Hausdurchsuchung ein Munitionslager und NS-Devotionalien gefunden worden.

Offenbar hatte Rene Schimanek dort nicht mehr gewohnt, das Haus jedoch den Söhnen seines Bruders zur Verfügung gestellt, die zu den Führern einer allzeit gewaltbereiten deutschen Neonazi-Miliz zählen.

Der deutsche Verfassungsschutz geht davon aus, dass die so genannten „Sächsischen Separatisten“ – abgekürzt SS – Anschläge in Deutschland verüben und Langenlois als Versteckt bzw. Rückzugsort verwenden wollten.

Für Rene Schimaneks Rückzug als Büroleiter von Rosenkranz sorgte schließlich eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Diese legten einen E-mail-Verteiler vor, in dem sich Familienmitglieder der Schimaneks mit anderen Rechtsextremen ausgetauscht hatten.

Rene Schimanek soll darin eine seriöse Dokumentation über Adolf Hitler als „Geschichtslüge“ bezeichnet haben. Unterschrieben waren einige der Mails mit GruSS, wobei GruSS mit einem groß geschriebenen SS endete.

Nicht einmal das ließ Rosenkranz an seinem Büroleiter zweifeln. Rene Schimanek sei eine (Zitat) „integre Persönlichkeit“. „Vorwürfe und Verdrehungen“ würden aufgeklärt und Schimanek rehabilitiert werden.

Für Demokraten muss das unfassbar sein:

  • Der Präsident des österreichischen Parlaments ist Mitglied jener Burschenschaft, in der der Rassenantisemitismus erfunden wurde und damit die Voraussetzung für den fabriksmäßigen Massenmord an sechs Millionen Juden geschaffen wurden.
  • Unser Parlamentspräsident kommt aus einer Burschenschaft, die ein Bild des geistigen Vaters von Adolf Hitler bis heute stolz an der Wand hängen hat.
  • Unser Parlamentsprädient ist Mitglied einer Burschenschaft, die privilegierte Kontakte zu neonazistischen Organisationen unterhält und deren neonazistische Aktivitäten mit einem Preis gefördert hat.
  • Unser Parlamentspräsident ist Mitglied einer politischen Gemeinschaft, die Demokratie und Rechtsstaat verhöhnt, indem sie die Durchsetzung von parlamentarisch beschlossenen Gesetzen als „staatliche Repression“ bezeichnet.
  • Unser Parlamentspräsident ist Mitglied einer Burschenschaft, die eine Neonazi-Gruppierung finanziert hat und nach österreichischem Recht damit eigentlich den Verbrechenstatbestand der nationalsozialistischen Wiederbetätigung erfüllt hat.
  • Unser Parlamentspräsident hat einen nationalsozialistischen Staatsanwalt, der noch in der Endphase des Krieges siebzehn Todesurteile erwirkt hat, in einem Sammelband seiner Libertas als „Leistungsträger“ herausgestellt.
  • Unser Parlamentspräsident hatte als Büroleiter einen Mann angestellt, der schon vor 38 Jahren als Teilnehmer neonazistischer Wehrsportübungen in Erscheinung trat und der sein Forsthaus einer Neonazi-Gruppe als Rückzugsraum überlassen hat.
  • Und Walter Rosenkranz hat sich auf Vorhaltungen von Journalisten von all diesen Tatbeständen nie distanziert, hat immer nur herumgeredet, beschönigt und beschwichtigt und für Schimanek die Unschuldsvermutung eingefordert.

Zwei Ebenen des Rechtsextremismus

Liebe Freundinnen und Freunde, Rechtsextremismus und Rassismus spielen sich auf zwei Ebenen ab. Die untere Ebene hat unsere oberösterreichische Abgeordnete Sabine Schatz in Anfragen an den Innenminister mehrfach thematisiert. Die Antworten waren jeweils erschreckend: Die Zahl rechtsextremer Straftaten steigt von Jahr zu Jahr. Und Oberösterreich ist immer und immer wieder einsame Spitze.

Seit Jahren sind wir in Österreich mit Schändungen von Gedenkstätten und jüdischen Friedhöfen konfrontiert, mit antisemitischen Schmieraktionen, mit neonazistischen Postings, mit Mordaufrufen in den sozialen Medien, mit der Entdeckung von Waffenlagern bei Neonazis und mit Gewaltverbrechen bis hin zu Brandstiftungen.

Und trotzdem geht die viel größere Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat vom intellektuellen Oberbau des Rechtsextremismus aus: Von den ideologischen Vordenkern in den deutschnationalen schlagenden Burschenschaften, die für das politische Klima verantwortlich sind, das solche Straftaten hervorbringt.

  • Wie einst die Nazis spalten sie mit ihrem völkischen Nationalismus die Gesellschaft.
  • Wie einst die Nazis diskriminieren Burschenschafter Menschen anderer Herkunft, anderer Religionen, anderer Hautfarbe und anderer politischer Überzeugung.
  • Wie einst die Nazis schaffen sie Feindbilder, denen sie alles in die Schuhe schieben, was in der Gesellschaft schiefläuft.
  • Wie einst die Nazis schüren sie damit Missgunst, Neid, Angst und Hass und bereiten damit den Boden für rechtsextreme Gewalt.

Mit genau diesen Methoden haben die Burschenschaften einst Hitlers Rassen- und Vernichtungspolitik den Weg bereitet.

Mehr als 100 Jahre vor Beginn der nationalsozialistischen Terror-Herrschaft, bei der Gründungsveranstaltung der Burschenschaften, dem legendären Wartburgfest von 1817, wurde eine Resolution des Heidelberger Professors Jakob Friedrich Fries verlesen, in der gefordert wurde (Zitat) „die Kaste der Juden mit Stumpf und Stiel auszurotten“.

In der Verbotszeit vor 1938 fungierte „jede einzelne Burschenschaft“ als (Zitat) „in sich geschlossener Kampftruppenteil für den illegalen Nationalsozialismus“. So hat das der Rektor der Wiener Universität in einer Festschrift formuliert.

Danach fungierten Burschenschafter als Wegbereiter, Vordenker, Gestalter und Exekutoren von Hitlers mörderischem Regime.

  • Burschenschafter haben die Bücherverbrennungen der Nazis in 63 deutschen Städten organisiert.
  • Burschenschafter haben Hitlers Marsch auf die Feldherrenhalle organisiert.
  • Burschenschafter haben den nationalsozialistischen Juliputsch von 1934 in Wien angezettelt.

Nach dem Einmarsch machten Burschenschafter in Hitlers Vernichtungsbürokratie Karriere.

  • Es waren Burschenschafter, die bei diesem größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte an den Schalthebeln saßen.
  • Es waren Burschenschafter, die in den Vernichtungslagern den Massenmord organisierten.

Liebe Freundinnen und Freunde, das alles hätte längst in Vergessenheit geraten können, hätten sich die Burschenschaften nach Kriegsende von ihren nationalsozialistischen Wurzeln gelöst und um einen Neuanfang bemüht.

Aber nein! Die Burschenschafter sind ihren nationalsozialistischen Traditionen bis heute treu geblieben.

Als nach Kriegsende das ganze Ausmaß der Verbrechen sichtbar wurde, haben die Burschenschaften nicht einmal die schlimmsten Nazi-Verbrecher aus ihren Mitgliederlisten gestrichen. Im Gegenteil: Beim alljährlichen Toten-Gedenken der Burschenschaften wird Jahr für Jahr der „besonderen Verdienste“ der Verstorbenen gedacht.

Für aufgeklärte Demokraten ist das unfassbar: Da werden heute noch die „besonderen Verdienste“ von Burschenschaftern wie Ernst Kaltenbrunner gewürdigt, der als Chef des Reichssicherheitshauptamtes die zentrale Figur in Hitlers Terror- und Tötungsmaschinerie war.

Oder die „besonderen Verdienste“ von Burschenschaftern wie Irmfried Eberl, der als Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka zu den Organisatoren des fabriksmäßig organisierten Massenmordes zählte.

Verfassung / Antisemitismus

Österreich hat sich in seiner Bundesverfassung dazu verpflichtet, alle Spuren des Nationalsozialismus aus Gesellschaft und Politik zu tilgen. Ich glaube wir sind uns einig, was Spuren bedeutet: Auch kleinste Teile.

Zu den wichtigsten Traditionsmerkmalen der Burschenschaften zählt der Antisemitismus. Man kann das als aufgeklärter Demokrat kaum glauben: In den Burschenschaften von heute gilt immer noch der Arierparagraph der Nazis.

Der Arierparagraph aber ist kein kleiner, kein unbedeutender Teil von Hitlers Terror-Herrschaft. Er traf die Unterscheidung zwischen denen, die dazu gehörten und den anderen, die ausgegrenzt, ihrer Rechte beraubt, verfolgt, inhaftiert und zuletzt in den Vernichtungslagern millionenfach ermordet wurden.

Als gemäßigte deutsche Burschenschaften vor Jahren den Antrag stellten, den Arierparagraphen zu streichen und die Aufnahme nicht von der Abstammung, sondern von „Staatsbürgerschaft und Bekenntnis“ abhängig zu machen, haben österreichische Burschenschaften eine Protestresolution verfasst.

In dieser heißt es, mit diesem „Verrat“ würden sich die Burschenschaften (Zitat) „ihrem inneren Wesen nach selbst aufgeben“.

Der Antrag wurde zurückgezogen. Der Arierparagraph war gerettet. Und wir haben es schriftlich, von Burschenschaftern so formuliert: Antisemitismus und Arierparagraph beschreiben das „innere Wesen“ dieser deutschnationalen, schlagenden Studentenverbindungen.

Volksgemeinschaft

Das gleiche gilt für die Volksgemeinschaft. In der wissenschaftlichen Literatur wird diese als (Zitat) „zentraler Begriff der nationalsozialistischen Staatstheorie“ beschrieben. Der Verfassungsschutz des deutschen Innenministeriums bezeichnet die Volksgemeinschaft ein wenig volksnäher als (Zitat) „Wunschbild der Neonazis“.

Ich habe Anfang der neunziger Jahre mit meinem Buch „Haiders Kampf“ eine politische Diskussion über diesen Begriff ausgelöst. Jörg Haider hat darauf reagiert. Er ließ den schwer belasteten NS-Begriff 1997 aus dem Parteiprogramm streichen.

Unter Parteiobmannschaft des Burschenschafters HC Straches und unter redaktioneller Federführung des Burschenschafters Norbert Hofer wurde dieser Nazi-Begriff 2011 wieder in das Parteiprogramm hineingeschrieben.

Nationalsozialistische Wiederbetätigung

Auch das verfassungsrechtliche Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung wird in dem von Burschenschaftern redigierten „Handbuch freiheitlicher Politik“ attackiert. Es sei ein (Zitat) „Anschlag auf das politische Grundrecht auf Meinungsfreiheit“ liest man da. Burschenschafter sehen dadurch (Zitat)

„die Demokratie in der Republik Österreich insgesamt gefährdet“.

Das Problem ist mittlerweile ausjudiziert: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in zwei Urteilen festgestellt, dass die Agitation für ein System, das sechs Millionen Menschen in den Vernichtungslagern ermorden ließ und 55 Millionen Kriegstote hinterlassen hat, unter Verbot gestellt werden darf.

Burschenschafter hat der Richterspruch nicht daran gehindert, die Aufhebung des Verbotsgesetzes immer und immer wieder einzufordern.

Großdeutschland

Österreichs Bundesverfassung verbietet jede Werbung für Großdeutschland. Zum Wesen der Burschenschaften aber gehört das Bekenntnis zum „deutschen Vaterland“. Die österreichische Nation wird als „Hirngespinst“ lächerlich gemacht oder als „Missgeburt“ verunglimpft. Gleichzeitig wird Österreich von Burschenschaftern im typischen Nazi-Jargon immer noch als „Ostmark“ bezeichnet.

Die „Schmisse“, also diese typischen Gesichtsnarben nach den „Mensur“ genannten Fechtduellen, gelten Burschenschaftern als Beleg, notfalls ihr Blut für das „deutsche Vaterland“ zu geben.

Der oberösterreichische Burschenschafter und FPÖ-Parlamentarier Werner Neubauer begann seine Rede bei einer Anti-Minarett-Demo in Deutschland mit den Worten: (Zitat) „Liebe deutsche Landsleute. Ich darf das sagen, weil ich Deutscher bin…“

Das sagt ein österreichischer FPÖ-Politiker, der im österreichischen Parlament für Österreicherinnen und Österreicher Politik machen soll.

Und er ist nicht der einzige. Auch andere prominente Parlamentarier der FPÖ aus dem Kreis der Burschenschaften haben sich immer wieder stolz als „Deutsche“ deklariert.

Die verfassungsfeindliche Werbung für Großdeutschland hat in den deutschnationalen Burschenschaften einen festen Platz. In einigen der so genannten „Buden“ – (das sind die Vereinslokale der Burschenschaften) – hängen Landkarten, die Deutschösterreich in den Grenzen von Hitler-Deutschland zeigen.

Die Statuten der pennalen Burschenschaft Vandalia, zu deren Mitgliedern neben Heinz Christian Strache und Johann Gudenus eine ganze Reihe anderer Funktionsträger der FPÖ zählen, nennen als Zielsetzung (Zitat):

„den Einsatz für die große Gemeinschaft des deutschen Volkes“.

Der Wahlspruch diese Burschenschaft lautet (Zitat): „Deutsch, einig treu und ohne Scheu“. Der Waffenspruch lautet (Zitat): „Die blanke Wehr für Deutschlands Ehr“.

Als die Burschenschaft Olympia den Vorsitz des Dachverbandes übernahm, dem deutsche und österreichische Burschenschaften angehören, forderte sie allen Ernstes (Zitat) „Österreich in die deutsche Wiedervereinigung einzubeziehen“. Deutlicher lässt sich Verfassungsfeindlichkeit nicht artikulieren!

Und was macht der so genannte Rechtsstaat? Was macht die Staatsanwaltschaft? Was macht das Justizministerium? Nichts! Das nenne ich Rechtsverweigerung.

Und was macht die FPÖ? Sie wettert gegen Antifaschisten und versucht, diese als gewalttätige Chaoten darzustellen. Dabei hat sich Österreich nach Kriegsende bewusst eine explizit antifaschistische Verfassung gegeben. Antifaschismus ist also vor allem eines: Verfassungstreue.

Mitglieder „keilen“

Liebe Freundinnen und Freunde, jetzt muss man sich natürlich die Frage stellen:

  • Wenn Burschenschaften sich in so extremer Weise gegen die österreichische Bundesverfassung stellen,
  • wenn Burschenschaften dort anknüpfen, wo der Nationalsozialismus aufgehört hat,
  • wenn sie nationalsozialistische Politikinhalte vertreten, gegen das Verbotsgesetz agitieren:

Wie kommen diese Studentenverbindungen in unserer aufgeklärten Demokratie zu ihren Mitgliedern?

Die Antwort darauf finden wir in einer Festschrift der Burschenschaft Olympia. Die Studentenverbindungen „keilen“ junge Menschen vom Land, die in der Stadt studieren wollen. Gekeilt wird

  • mit billigem Wohnraum,
  • mit organisiertem Gemeinschaftserlebnis samt Freibier,
  • mit kompetenter Studienbegleitung und
  • mit der Aussicht auf berufliche Protektion nach Abschluss ihres Studiums.

Und wenn die jungen Burschen dann einmal Mitglied sind, werden sie durch so genannte Bildungsveranstaltungen rücksichtslos indoktriniert: in eindeutig verfassungsfeindlichem und oft ebenso eindeutig neonazistischem Sinn.

Da werden ihnen Referenten vorgesetzt, die das gesamte Spektrum des Rassismus, des Antisemitismus und des Neonazismus abdecken.

Zum Teil sind das Brandredner, die von Nazi-Veranstaltung zu Nazi-Veranstaltung pilgern, um die braune Szene zu munitionieren: Antisemiten, braune Geschichtsfälscher, ehemalige Führer von neonazistischen Terror-Gruppierungen usw., usw…

Da ist es keine Überraschung, dass die Burschenschaft Aldania des Wiener FPÖ-Vorsitzenden Dominik Nepp, der eine ganze Reihe Wiener FPÖ-Politiker angehören, zu ihrem 130. Stiftungsfest den deutschen AfD-Politiker Matthias Helferich eingeladen hatte. Der Rechtsaußen der deutschen Schwesterpartei bezeichnet sich selbst als das „freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“ und passt damit perfekt in das Anforderungsprofil eines burschenschaftlichen Festredners.

Kurzer Blick nach Oberösterreich. In unserem Land hat die FPÖ fast alle Führungspositionen mit Burschenschaftern besetzt. Wie sehr diese deutschnationalen schlagenden Verbindungen Oberösterreichs FPÖ dominieren, zeigt ein auf einem Linzer Burschenbund-Ball aufgenommenes Foto der Arminia Czernowitz zu Linz.

Von 21 auf dem Bild erkennbaren Burschenschaftern sind mehr als drei Viertel als Politiker oder Funktionäre der FPÖ identifizierbar: Von Linzer Gemeinderäten über Bezirksvorsteher, Ortsparteiobmänner, Mitglieder der Bezirksparteileitungen bis hin zu Gemeindevorständen.

Während die meisten Burschenschaften ihre rechtsextreme Ausrichtung zu verbergen suchen, stellt die Arminia Czernowitz zu Linz ihre Verbundenheit mit dem Nationalsozialismus provokant zur Schau. Ihre Einladung zu einem Vortrag von Richard Melisch zeigt ein Originalplakat aus der Nazizeit, auf dem nur das Hakenkreuz übermalt ist.

FPÖ-Politiker bewerben die Veranstaltung ihrer Burschenschaft mit einem Original-Plakat aus der Nazi-Zeit: Das ist so ungeheuerlich, dass ich den Beweis dafür aus meinem Archiv mitgebracht habe.

  • Sie sehen oben die Einladung zu einer Veranstaltung mit Richard Melisch, der in seinen Vorträgen kein antisemitisches Vorurteil auslässt.
  • In der Mitte das Originalplakat der Nazis, das zu einem der beliebtesten Sujets bei Neonazi-Veranstaltungen geworden ist.
  • Und unten einen Aufmarsch der deutschen Neonazi-Gruppierung Freie Nationalisten, die dieses Nazi-Sujet stolz bei einer Demo zeigt.

Burschenschaftliche Medien

Die Indoktrination der jungen Studierenden findet jedoch nicht nur durch Vorträge, sondern auch durch die burschenschaftlichen Medien statt. Die mittlerweile eingestellt „Aula“, „Zur Zeit“,Eckart“ und andere rechtsextreme Publikationen haben die Machtübernahme der FPÖ seit Jahren systematisch vorbereitet.

Das burschenschaftlich geführte Magazin „Zur Zeit“, das einst vom heutigen „Krone“-Kolumnisten und Burschenschafter Andreas Mölzer geleitet wurde, hat Adolf Hitler als „großen Sozialrevolutionär“ gewürdigt. Der Holocaust wurde als „Dogma“ und „Mythos“ verspottet und das Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunal als „Schauprozess“ lächerlich gemacht.

In diesen burschenschaftlichen Medien wird die deutsche Kriegsschuld systematisch geleugnet und der nationalsozialistische Angriffskrieg als „notwehrhafte Präventivaktion     zum Schutz Europas“ ausgegeben.

Der fabriksmäßig organisierte Massenmord in den Gaskammern der Nazis wird von so genannten „Experten“ als „technisch gar nicht möglich“ in Abrede gestellt.

 Und in der burschenschaftlichen Jugendzeitschrift „Identität“ wurde allen Ernstes gefordert (Zitat) „Menschenrechte auf dem Müllhaufen der Geschichte zu entsorgen“.

Burschenschafterfeste

Zur Indoktrinierung des akademischen Nachwuchses tragen natürlich auch die Burschenschafterfeste bei, auf denen neonazistische Liedermacher für Stimmung sorgen, wie etwa der Nazi-Barde Frank Rennicke mit seinen Hitler- und Hess-Balladen.

Oder der mittlerweile verstorbene Michael Müller. Dieser Burschenschafter hat uns den wahrscheinlich schlimmsten Text hinterlassen, der je gereimt wurde. Er hat den Schlager von Udo-Jürgens, „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, umgedichtet: „Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis sechs Millionen Juden, da bleibt der Ofen an.“

Auch im Liederbuch der Burschenschaft, der Udo Landbauer angehört macht man sich über die Ermordung von sechs Millionen Juden lustig. Das mündet in die Textzeile: „Gebt Gas ihr alten Germanen, wir schaffen die siebente Million“.

Dieser Satz, „wir schaffen die siebente Million“, das ist Aufruf zum Massenmord, in gedruckter Form und öffentlich. Auch darauf hat Österreichs Justiz nicht reagiert. Auch das nenne ich Rechtsverweigerung.

Dass Mitglieder einer Burschenschaft, die solche Lieder hat drucken lassen, nicht vor Gericht, sondern wie Udo Landbauer in einem Regierungsamt landen, das zählt für mich zu den größten Skandalen den ich in 50 Jahren als Journalist und politischer Autor erleben musste.

Dieser Fall zeigt jedenfalls eines: Die große Gefahr für unsere Demokratie geht nicht nur von der FPÖ aus, deren Stimmenreservoir trotz aller Erfolge limitiert ist. Die vielleicht noch größere Gefahr geht von Parteien und Politikern der vermeintlichen Mitte aus, denen für den Machterhalt jedes Mittel recht ist. Und von der Industrie, die offenbar bereit ist, für das eine oder andere Prozent mehr Gewinn unsere Demokratie zu verkaufen.

Rechtsstaat

Eine alte Journalistenweisheit sagt: Das Archiv ist der schlimmste Feind unseriöser Politiker. Es lässt sich also auch heute noch lückenlos belegen, wie die kriminellen Aktivitäten von FPÖ-Politikern seit Jahrzehnten

  • die österreichische Demokratie destabilisieren
  • das politische Klima vergiften
  • und wie Spitzenpolitiker der FPÖ den Rechtsstaat verhöhnen.

Viele von euch sind zu jung, um sich an den Fall Peter Rosenstingl zu erinnern. Als Parlamentarier bekleidete er Ende der 90er Jahre zahlreiche Führungspositionen in der FPÖ und war unter anderem Obmann des Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender.

1998 setzte er sich mit 50 Millionen Schilling ins Ausland ab. Er wurde gefasst und wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Heute, mehr als ein Vierteljahrhundert später, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sieben hohe steirische FPÖ-Funktionäre, die in dringendem Verdacht stehen, Steuer- und Parteigelder in Millionenhöhe veruntreut zu haben.

Dazu zählen der ehemalige Verteidigungsminister und heutige Landeshauptmann Mario Kunasek, der ehemalige Grazer Vizebürgermeister und Finanzprüfer der Bundes- und Landes-FPÖ, Mario Eustacchio, und der ehemalige Grazer Klubchef Armin Sippel.

Matthias Eder, der ehemalige Klubdirektor und Finanzreferenten der Grazer FPÖ, hat der Staatsanwaltschaft mit seiner Selbstanzeige 700.000 Euro zur Wiedergutmachung des Schadens überwiesen.

Und wieder sind es die Politiker der Mitte, die Macht über Moral gestellt haben. Weil ÖVP und SPÖ ihren möglichen Koalitionspartner nicht verprellen wollten, blieben die kriminellen Machenschaften der FPÖ während des Wahlkampfes weitgehend unerwähnt.

Ich habe jetzt den größten Korruptionsfall Ende der 90er Jahre dem aktuellsten Skandal der Gegenwart gegenübergestellt. Was in den 25 Jahren dazwischen passierte, das ist

Einmalig in der Kriminalgeschichte westlicher Demokratien.

Unter Parteiobmann Jörg Haider ist die FPÖ zu einer – und ich sage das jetzt ganz bewusst: zu einer kriminellen Vereinigung mutiert. Praktisch die gesamte Parteiführung von damals ist mittlerweile rechtskräftig verurteilt. Einige sind mittlerweile sogar mehrfach vorbestraft.

Wir haben den spektakulären Prozess gegen Karl Heinz Grasser und Walter Meischberger als Fortsetzungskrimi in den Medien miterlebt. Der ehemalige freiheitliche Finanzminister wurde in erster Instanz zu acht Jahren unbedingt verurteilt.

Für Meischberger, der die Geschicke der FPÖ jahrelang als Bundesgeschäftsführer und Generalsekretär gelenkt hat, war es bereits der zweite Schuldspruch: Immerhin sieben Jahren Haft.

Diese beiden Urteile sind nicht – oder noch nicht – rechtskräftig. Viele Dutzend Verurteilungen anderer führenden FPÖ-Politiker aber haben längst Rechtskraft erlangt.

  • Der einstige Klubobmann und stellvertretende Parteiobmann Peter Westenthaler wurde wegen schweren Betrugs und falscher Zeugenaussagen gleich zweimal verurteilt.
  • Der ehemalige FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gernot Rumpold wurde zweimal verurteilt, beide Male wegen Korruptionsdelikten im Zuge illegaler Parteienfinanzierung.
  • Ewald Stadler, Mitglied des Bundesparteivorstandes, wurde wegen schwerer Nötigung und falscher Zeugenaussage schuldig gesprochen.
  • Dazu kommt eine lange, lange Reihe von rechtskräftigen Urteilen wegen rassistisch oder neonazistisch motivierter Straftaten, Wiederbetätigung, Verhetzung, Holocaust-Leugnung, usw.
  • Wegen solcher Straftatbestände wurden mehrere prominente Parlamentarier der FPÖ verurteilt, zum Beispiel Karl-Heinz Klement, der als Generalsekretär einst zu den mächtigsten Politikern der FPÖ zählte. Oder prominente Parlamentarier wie John Gudenus, Susanne Winter, Werner Königshofer. Dazu eine lange, lange Liste von freiheitlichen Mandataren auf Landes- und Gemeindeebene.

Und als sich Haider im Jahr 2000 aus Wien verabschiedete, um die schwarz-blaue Koalition zu ermöglichen, da trug er die FPÖ-Korruption nach Kärnten, wo diese ab 2005 zur BZÖ-Korruption mutierte.

  • Uwe Scheuch, den Haider zum stv. Landeshauptmann und Nachfolger als Kärntner Parteiobmann machte, ist mittlerweile gleich viermal rechtskräftig verurteilt.
  • Weitere rechtskräftige Urteile gab es gegen Haiders Nachfolger, Landeshauptmann, Gerhard Dörfler,
  • gegen die beiden freiheitlichen Regierungsmitglieder Harald Dobernig und Günter Willegger.
  • Haiders langjähriger Sekretär Gerold Mikscha hatte sich rechtzeitig vor Beginn der Prozesslawine abgesetzt, nach Paraguay wie die Ermittler vermuteten.

Aber es sind nicht nur Haiders Parteifreunde, die da verurteilt wurden. Es sind auch Haiders Lobbyisten, Haiders Steuerberater, Haiders Werbeberater, Haiders Bankberater, Haiders Pressesprecher, und nicht zuletzt Haiders Koalitionspartner.

Im Verfahren gegen den ehemaligen Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz wurde deutlich, dass dieser ja nur Beitragstäter war. Ausdrücklich hielt der Richter fest, dass Haider „nur auf Grund seines Ablebens“ nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnte.

Weil Martinz als Haiders Stellvertreter mit diesem gemeinsame Sache gemacht hatte, wurde er wegen Untreue zu viereinhalb Jahren verurteilt.

Und dann kam Strache, dessen kriminelle Energie alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte. Gemeinsam mit dem Wiener FPÖ-Chef Johann Gudenus versuchte er, Österreichs größtes Printmedium unter Kontrolle der FPÖ zu bringen damit den politischen Wettbewerb zu verfälschen und die Pressefreiheit als Grundlage unserer demokratischen Kultur auszuhebeln.

Wäre Strache gelungen, was er in Ibiza einzufädeln versucht hat, der materielle und moralische Schaden für unsere Demokratie hätte alles in den Schatten gestellt, was Österreich seit Kriegsende erlebt hat.

Bei keiner der unzähligen Straftaten von Spitzenpolitikern der FPÖ, die zum Teil auch Regierungsämter innehatten, handelt es sich um Kavaliersdelikte. Es sind schwere und schwerste Verbrechen:

  • Untreue,
  • Urkunden- und Beweismittelfälschung,
  • schwerer gewerbsmäßiger Betrug,
  • Amtsmissbrauch,
  • Bestechung und Bestechlichkeit,
  • Nötigung im Amt usw, usw.

Liebe Freundinnen und Freunde, eine solche Häufung krimineller Aktivitäten durch Politiker einer einzigen Partei hat es in der politischen Kultur westeuropäischer Demokratien bisher nie und nirgends gegeben.

Wenn sie selbst im Internet recherchieren, werden sie zu ähnlichen Ergebnissen kommen wie ich: Politiker der FPÖ wurden mehr als zehnmal so oft rechtskräftig verurteilt wie Politiker aller anderen im Parlament vertretenen Parteien zusammen.

Und immer, wenn ein Prozess gegen FPÖ-Politiker mit einem Schuldspruch geendet hat, erleben wir das gleiche unwürdige Schauspiel: Die Freiheitlichen sprechen von Politwillkür, Gesinnungsjustiz, von einem politischen Schauprozess.

Jörg Haider hat einst ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes als „Faschingsentscheidung“ verhöhnt und angeregt, Österreichs Verfassungsrichter „auf das ihnen zustehende Maß zurechtzustutzen“.

Und was sagt FPÖ-Chef Herbert Kickl zu dieser unfassbaren Serie an Verbrechen von Spitzenpolitikern seiner Partei? Der Mann, der Volkskanzler werden will, empfindet Verurteilungen von FPÖ-Politikern nicht als Schande für seine Partei, sondern (Zitat) „als Schande für Österreichs Justiz“.

Und jetzt, liebe Freundinnen und Freunde, kommt der Satz, der möglicherweise für mich der wichtigste dieses Vortrags sein könnte. Für alle FPÖ-Politiker und alle in diesem Vortrag Erwähnten, die nicht oder noch nicht rechtskräftig verurteilt sind, gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

Remigration

Und damit bin ich beim nächsten Thema: Ende 2023 wurde bekannt, dass Europas bekanntester Rechtsextremist, der Burschenschafter Martin Sellner, in einem Kreis von befreundeten Burschenschaftern, polizeibekannten Rechtsextremisten, AfD-Politikern und CDU-Mitgliedern des äußerst rechten Randes einen „Remigrationsplan“ vorgestellt hat.

Dabei wurden alle bisher gültigen roten Linien überschritten. Sellners Remigrations-Plan richtet sich nicht gegen zugezogene Ausländer. Er fordert Massenabschiebung, Deportation und Vertreibung von deutschen und österreichischen und Staatsbürgern mit Migrationshintergrund. Diesen soll die Staatsbürgerschaft entzogen werden, um sie abschieben zu können.

Und während sich die Empörung der Demokraten in zahlreichen deutschen und österreichischen Städten in Demonstrationen Luft machte, entnahmen wir den OÖ Nachrichten, wie weitgehend unser stv. Landeshauptmann Manfred Haimbuchner mit diesen Plänen übereinstimmt.

Haimbuchner ist wie Martin Sellner Burschenschafter. Wie Martin Sellner fordert Haimbuchner gesetzliche Möglichkeiten, Eingebürgerten die Staatsbürgerschaft entziehen zu können, was eine anschließende Abschiebung möglich machen würde.

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, die Zeit reicht einfach nicht aus, all das, was in Burschenschaften passiert, auch nur annähernd aufzählen zu können. Tatsache ist, dass

  • die bekanntesten und gewaltbereitesten Neonazis dieses Landes aus Burschenschaften hervorgegangen sind.
  • Burschenschafter organisieren Neonazi-Aufmärsche und treten bei Neonazi-Aufmärschen als Redner auf.
  • Burschenschafter machen sich für die Aufhebung des Verbotsgesetzes stark.
  • Burschenschafter beteiligen sich an Traditionsveranstaltungen der Waffen-SS, die für die schlimmsten Verbrechen des Zweiten Weltkrieges steht.
  • Burschenschafter stehen an vorderster Front der so genannten Revisionisten, also der braunen Geschichtsfälscher, die versuchen, Deutschland von der Kriegsschuld frei zu sprechen und NS-Verbrechen zu verharmlosen.
  • 1987 schlug der Dachverband „Deutsche Burschenschaft in Österreich“ Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß für den Friedensnobelpreis vor

Ich glaube: eine größere Provokation kann es für Demokraten nicht geben.

             Demokratie

Liebe Freundinnen und Freunde, Burschenschaften haben sich immer wieder als Feinde der Demokratie und als Anhänger des Führersystems ausgewiesen. Sie haben nicht nur gegen das Frauenwahlrecht gekämpft, sondern auch gegen das gleiche Männerwahlrecht, bei dem die Stimme des Akademikers gleich viel zählt wie die eines Arbeiters.

Auf einer Website des burschenschaftlich geführten Freiheitlichen Akademikerverbandes fand ich den folgenden Eintrag eines Burschenschafters und Autors des Burschenschafter-Blattes Aula:

  • (Zitat) „Demokratie schafft immer Unordnung. Sie spaltet das Volk. Sie ist eine Fehlgeburt der Geschichte, die Hure des Westens.

Demokratie als „Fehlgeburt der Geschichte“ und „Hure des Westens“: Präziser kann man es nicht auf den Punkt bringen, was unserem Land droht, wenn sich die Zivilgesellschaft den burschenschaftlichen Anschlägen auf unsere politische Kultur des demokratischen Miteinander nicht entschlossen in den Weg stellt.

Liebe Freundinnen und Freunde, Wir erleben, dass die Politiker der Mitte diesen burschenschaftlichen Angriffen auf Demokratie, Verfassung, Rechtsstaat, Pressefreiheit und Menschenrechte und dieser zerstörerischen Lawine aus Kriminalität, Hass, Lüge, Desinformation und Ausgrenzung nichts entgegenzusetzen haben.

Jetzt stehen WIR in der Verantwortung: Es ist die Zivilgesellschaft, die sich den von der FPÖ ausgehenden Anschlägen auf unsere politische Kultur des demokratischen Miteinander in den Weg stellen muss.

Und darum bitte ich euch: Werdet laut. Meldet euch zu Wort. Geht auf die Straße. Schreibt Leserbriefe. Sprecht mit euren Freunden, mit den Menschen in eurem sozialen Umfeld.

Errichten wir gemeinsam ein Bollwerk der Menschenrechte und der Menschlichkeit, ein Bollwerk des demokratischen Miteinander ein Bollwerk der Solidarität und der Nächstenliebe.

Darum bitte ich euch! Dafür danke ich euch!

Liebe Freundinnen, liebe Freunde: NIE WIEDER IST JETZT