ImageWenige Tage nach schwerer Herzoperation gefeuert!

Ein Kommentar von Edith Friedl

 

 

Das schrieb mir kürzlich ziemlich frustriert ein Bekannter:

„Ich wurde vor zwei Wochen am Herzen operiert. Drei oder vier Tage später rief mich mein Chef im Spital an und fragte mich, wie es mir ginge. Das Absurdeste daran war seine Frage, wann ich denn wieder zur Arbeit erscheine. Und das kurz nach der Operation!

Ich hatte ihm erklärt, dass ich noch eine Woche im Spital bleiben muss. Habe ihm auch erklärt, dass mir eine Reha in Groß-Gerungs genehmigt wurde. Derzeit warte ich auf den genauen Termin zur Aufnahme. In der Regel wartet man ein bis zwei Wochen. Danach eröffnete mir mein Chef, dass er sich eine so lange Abwesenheit von mir von der Arbeit nicht leisten kann, und einen neuen Mann einstellen müsse. Sagte noch, tut mir sehr leid und legte auf!!! - Ich bin also entlassen.“

Mein Bekannter Josef K. wurde zwar nicht entlassen, sondern „nur“ gekündigt. Denn es existiert in Österreich weder ein Kündigungsverbot im Krankenstand noch ein genereller Kündigungsschutz bei Krankheit. „Befindet sich ein Dienstnehmer im Krankenhaus, ist eine schriftliche Kündigung ins Krankenhaus zu übersenden. Eine durch die Post zugestellte Kündigung gilt dann als wirksam zugestellt, wenn der Kündigungsbrief auf dem Nachtkästchen deponiert wird“  heißt es dazu lapidar in einer WKO-Information.

Josef K. empfindet diese Kündigung als äußerst tragisch, denn er ist bereits über fünfzig und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Arbeit mehr finden. Sein Arbeitgeber  -  „Aumayr Früchte“ in Eferding - stellte ihn nach dem kurzen Anruf im Spital ohne mit der Wimper zu zucken aufs Abstellgleis. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen. So einfach ist das geregelt mit der Entsorgung von „Humankapital“: wenn es nicht mehr genügend abwirft, wird es abgestoßen. 

Es ist zwar arbeitsrechtlich legal, dass während eines Krankenstands gekündigt werden darf, aber ist es auch legitim? Nein, wenn man die Situation unter menschlichem Aspekt betrachtet, denn Josef K. legte sich nicht aus Jux und Tollerei unters Messer, sondern weil’s ihm gesundheitlich wirklich dreckig ging. Aber anstatt ihm ein bisschen Zeit zu lassen, damit er wieder auf die Beine kommt, wird er sofort abserviert – obwohl er  für die Firma lange als LKW-Fahrer schuftete.

Mein Bekannter ist mit seinem Rauswurf aus der Firma kein Einzelfall. Daher ist es nahe liegend, dass ArbeitnehmerInnen trachten, Krankenstände so kurz wie möglich zu halten, um ja nicht den Job zu verlieren. Das schlägt sich auch in den Statistiken nieder, die diesen Trend zu immer kürzeren Zeiten bestätigen. Das schlägt sich aber auch auf andere Weise nieder: Depressionen und ähnliche Beschwerden nehmen rapide zu. Die Leute haben keine Reserven mehr, weil sie am Limit sind. Bei meinem Bekannten schlug sich das aufs Herz – und die Kündigung versetzte ihm den letzten Schlag.

Was sagt die Gewerkschaft eigentlich zu diesen himmelschreienden Zuständen? Seit 1945 existiert der ÖGB und es ist seither nicht gelungen, dieses Damoklesschwert einer sofortigen(!) Kündigung  im Krankheitsfall abzuwenden! Das ist schlicht ein Skandal.

Hier wird ausschließlich nach Kosten-Nutzen agiert und die Wirtschafts-Lobby ist wie so oft Gewinnerin. Daher wurde das Wort „Humankapital“ schon vor sechs Jahren zum Unwort des Jahres gekürt: Denn wegen seiner kalten Fusion von Wirtschaft und Menschlichkeit erinnert es stark an das zum "Unwort des Jahrhunderts" erkorene "Menschenmaterial“.