ImageSeit Frühjahr dieses Jahres befinden sich 30 AbfallberaterInnen der MA 48 in Wien in einem Arbeitskampf gegen die Wiener Stadtregierung, um einer drohenden Verschlechterung ihrer ohnehin prekären Arbeitssituation mit zeitlich befristeten Werkverträgen entgegenzutreten und um in ein reguläres Anstellungsverhältnis überstellt zu werden. Die Reaktion der Verantwortlichen in der Stadt bestand darin, die Werkverträge mit 31. Juli 2012 ersatzlos auslaufen zu lassen. Die Initiative der 30 AbfallberaterInnen, die sich dadurch nicht unterkriegen lassen will, gab uns das folgende Interview.


Frage: Ihr befindet euch seit Frühjahr 2012 in einem Arbeitskampf gegen die Gemeinde Wien. Kannst du kurz schildern, wie es dazu kam und worum es dabei genau geht?

Wir Wiener AbfallberaterInnen haben viele Jahre lang im Auftrag der MA 48 Abfallberatung in Wien gemacht. Um den Job überhaupt machen zu können, mussten wir Gewerbescheine lösen, also uns selbstständig machen. Wir haben jedes Jahr von der MA 48 einen neuen Werkvertrag bekommen, jeweils befristet auf 12 Monate.

Letztes Jahr im Herbst haben wir gehört, dass sich in unserem Job etwas ändern soll, uns wollte aber niemand von der MA 48 Konkretes sagen. Ende Dezember 2011 haben wir dann, wie jedes Jahr, unsere neuen Werkverträge bekommen, aber diesmal nur auf 3 Monate befristet und nicht wie üblich auf ein Jahr. Natürlich waren wir deshalb ziemlich verunsichert, wir wollten Genaueres wissen, die MA 48 hielt sich aber bedeckt. Unsere Hauptansprechpartner bei der MA 48, also jene zwei Personen, die für die AbfallberaterInnen zuständig sind, haben uns sogar beruhigt und gemeint, dass es keinen Grund gibt, sich einen neuen Job zu suchen. Wir wollten trotzdem mit dem Personalchef und dem Abteilungsleiter sprechen, aber das wurde uns vehement ausgeredet; sie haben gemeint, wir würden uns damit nur selbst schaden. Nun, wenn man die Strukturen innerhalb der MA 48 ein bisschen kennt, dann ist man über diese Warnung nicht allzu verwundert.

Jedenfalls haben wir weitergearbeitet, als dann im Frühling zehn AbfallberaterInnen plötzlich und klammheimlich zu einem Gespräch eingeladen wurden. Diesen Personen wurde ein Dienstvertrag angeboten, ein sehr sehr schlechter, quasi ein nackter Dienstvertrag, ohne Anrechnung von Vordienstzeiten. Das Pikante war, dass diesen Personen ein „Maulkorb“ verpasst wurde, sie durften oder sollten mit anderen  AbfallberaterInnen über die Inhalte dieses Gesprächs nicht sprechen.

Zum Unglück der MA 48 sind die AbfallberaterInnen nicht nur kollegial, sondern auch freundschaftlich verbunden - so blieben die Gespräche nicht geheim und wir drängten die Zuständigen, uns endlich aufzuklären.

Man hat uns dann ganz kühl und emotionslos die Hiobsbotschaft überreicht, nämlich dass zehn AbfallberaterInnen fix angestellt werden sollten, alle anderen sollten lediglich Spitzenzeiten abdecken, das nach wie vor mit Werkvertrag, also selbstständig.

Uns war klar, die schicken uns in die Armut und denken sich absolut nichts dabei.

Wie gesagt, das Angebot für die Dienstverträge war ein sehr schlechtes, von dem man mehr schlecht als recht leben kann.

Aber eine Selbstständigkeit kann man nicht aufrechterhalten, indem lediglich übrig gebliebene Termine abgefangen werden.

Wir haben begonnen, uns regelmäßig zu Krisensitzungen zu treffen – und Ende März war dann die Initiative Abfallberatung geboren.

Zunächst ging es einmal darum, dass wir uns nicht länger von der MA 48 für dumm verkaufen lassen wollten, also haben wir beschlossen, uns zu organisieren.

Wir haben ein Ziel formuliert, und zwar sollten ALLE AbfallberaterInnen ein rechtskonformes Dienstverhältnis erhalten mit allem, was dazugehört – denn das, haben wir herausgefunden, steht uns eigentlich schon immer zu. Und dafür haben wir uns organisiert, dafür wollen wir kämpfen.

Das ist eine ganz simple Forderung, sollte man meinen, eigentlich ist das ein Wahnsinn, dass wir für Dienstverhältnisse, die uns laut Gesetz ohnehin zustehen würden, kämpfen müssen.

Der besonderen Art des Abteilungsleiters haben wir es zu verdanken, dass wir sogar zu einem sehr schönen Kampfspruch gekommen sind: „Wir bleiben lieber stehen“. Wir geben nicht eher auf, bis wir endlich unser Recht bekommen, und zwar ALLE.

Frage: Was habt ihr in der Abfallberatung gemacht und was passiert damit jetzt?


Als multiprofessionelles Team aus PädagogInnen, NaturwissenschaftlerInnen und TechnikerInnen war es unsere Aufgabe, vor allem die Wiener Bevölkerung für die Belange der Abfallvermeidung zu sensibilisieren: beginnend beim „Mistkasperl“ im Kindergarten über verschiedene themenspezifisch und von uns konzipierte Schulstunden und Workshops (Biokreislaufworkshop, Papierworkshop, Mistmeister usw.) für Volksschulen und Gymnasien bis hin zu Vorträgen und Exkursionen für höhere Bildungseinrichtungen und internationale Fachdelegationen.

Am Misttelefon waren wir für alle möglichen Fragen aus der Wiener Bevölkerung an die MA 48 in erster Instanz verantwortlich.

Darüber hinaus waren wir nicht nur in der Umweltbildung und beim Misttelefon aktiv, wir haben zahlreiche andere Aufgaben „des Hauses“ erledigt. Neben einfachen Lagerarbeiten waren wir für die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen oder die Planung von Messeständen zuständig. Regelmäßig hat man unsere Arbeitskraft auch dafür verwendet, um Botendienste und Sekretariatsarbeit zu erledigen oder um bei diversen Festen Geschirr zu waschen.

Was mit der Abfallberatung im Moment passiert oder wie es in Zukunft weitergehen wird, das entzieht sich leider unserer Kenntnis. Wir haben seit 1. Juli 2012 keine Aufträge mehr bekommen, am 31.Juli 2012 sind die Werkverträge ausgelaufen.

Frage: Seid ihr über die heftigen Reaktionen der Gemeinde Wien eigentlich erstaunt? Wie erklärt ihr euch diese bzw. habt ihr euch von Rot-Grün anderes erwartet?

Nicht erstaunt, viel mehr empört, aber nicht über die Reaktionen, die erst jetzt zu Tage treten, sondern viel mehr über die Ignoranz, die uns über die letzten Monate entgegengebracht wurde. Immerhin ging und geht es nicht nur um das bloße Durchsetzen unserer Ansprüche, sondern um die Existenz von über 30 AbfallberaterInnen.

Natürlich wurden unsere Aktionen anfangs von der Hoffnung getragen, die Stadt Wien würde als vorbildlicher Arbeitgeber ihren Fehler erkennen, uns unsere Arbeit unter rechtskonformen Bedingungen wieder aufnehmen lassen und vielleicht wäre ja auch eine kleine Entschuldigung von der MA 48 gekommen. Naiv, aber auch in unseren Köpfen hinterließen die unzähligen Imagekampagnen, in denen sich die Stadt Wien nur zu gerne als sozialer und gerechter Arbeitgeber darstellt, eine gewisse Wirkung.

Was sind eure weiteren Schritte und wie kann man euch unterstützen?


Letzte Woche fand eine Gemeinderatssitzung statt; die Umweltstadträtin musste endlich zu unserer Situation Stellung nehmen. Sie lehnt ein Treffen mit uns kategorisch ab, mit der Begründung, dass die Werkverträge korrekt seien.

Sie hat ebenfalls klargestellt, dass sie nicht die Ressourcen hätte, sich um alle ihre 7000 Untertanen zu kümmern.

Die MA 48 hat offenbar nichts verstanden - einige AbfallberaterInnen haben vom Personalchef der MA 48 eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch erhalten, und das – wie der Zufall so spielt – unmittelbar vor der Gemeinderatssitzung letzte Woche. Die Vermutung liegt natürlich nahe, der Öffentlichkeit von Seiten der MA 48 Gesprächsbereitschaft vorzutäuschen, aber wir haben unsere Forderungen mehrmals klar kommuniziert: Wir wollen eine Lösung für alle, für derart lächerliche Alibiaktionen haben wir kein Verständnis. Wir wundern uns vielmehr.

Aber eigentlich dürfte uns nichts mehr wundern, nach den Vorkommnissen der letzten Monate. Wir werden weiter stehen bleiben, wie es in unserem Slogan heißt, und langsam taucht das Thema Klage am Horizont auf, zumindest können wir so dem Abteilungsleiter der MA48 einen Herzenswunsch erfüllen.


Unterstützen kann man uns auf viele Arten:


Unterzeichne unsere Petition an Umweltstadträtin Ulli Sima

Und rufe auch andere dazu auf, unsere Petition zu unterschreiben. Petition für faire und rechtskonforme Arbeitsverhältnisse bei der MA 48: http://www.petitiononline.at/petition/die-initiative-fuer-faire-rechtskonforme-arbeitsbedingungen-bei-der-ma48/299


Unterstützte uns via Facebook

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Sprich über uns, leite Informationen weiter

Erzähle deinen FreundInnen, KollegInnen, NachbarInnen, Bekannten und Verwandten von der Initiative Abfallberatung und unserem Arbeitskampf. Leite Informationen über unsere Aktivitäten und Einladungen zu unseren Aktionen per Email weiter.

Verbreite unser Flugblatt

Ausdrucken, schneiden, weitergeben. Eine aktuelle Version unseres Flugblattes findest du hier: Flyer der Initiative Abfallberatung: Hast du gewusst, dass ...(PDF)

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Schreibe an die Verantwortlichen

Schicke EntscheidungsträgerInnen in der MA 48, in der Wiener Stadtregierung sowie im Wiener Gemeinderat ein Email. Erkläre dich solidarisch mit uns und unserer Forderung nach fairen und rechtskonformen Arbeitsverträgen, stelle Fragen nach Lösungsvorhaben für unsere prekäre Situation und wann hierfür notwendige Schritte gesetzt werden. Bringe deine Meinung zum Ausdruck!

Ein paar Kontaktadressen findest du hier:

StadträtInnen:

Ulli Sima, Umweltstadträtin (SPÖ): Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Sandra Frauenberger, Personalstadträtin (SPÖ): Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

GemeinderätInnen:

Erich Valentin, Gemeinderat und Vorsitzender Umweltausschuss (SPÖ): Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Jürgen Wutzlhofer, Gemeinderat und stv. Vorsitzender Umweltausschuss (SPÖ): Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Rüdiger Maresch, Gemeinderat und stv. Vorsitzender Umweltausschuss (Grüne): Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Monika Vana, Gemeinderätin, Schwerpunkt Arbeit und Europa (Grüne): Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

MA 48 - Magistratsabteilung für Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark:

Josef Thon, Leiter der MA 48: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Allgemeine Kontaktadresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!