Der MAN-Betriebsrat organisiert am Do, 15.10.2020 einen Warnstreik gegen die Schließung des MAN-Werks. Ab 12.30 Uhr findet am Steyrer Stadtplatz eine Kundgebung statt. Die Solidarwerkstatt ruft auf, den Kampf der Beschäftigten zu unterstützen. Unsere zentralen Forderungen  im Kampf gegen die Werksschließung:
Vollbeschäftigungspolitik jetzt!
    - Aktive Industriepolitik!
    - Für eine soziale und ökologische Wende!
    - Niemanden zurücklassen!

Aktive Industriepolitik! Industriekommissionen einberufen!

Über 400.000 Menschen sind arbeitslos, über 400.000 Menschen sind in Kurzarbeit. Insgesamt wird von einer schnellen Erholung der Wirtschaft ausgegangen. Dennoch erreichen uns täglich neue dramatische Nachrichten über Massenkündigungen und Betriebsschließungen. Z. B. vom MAN Werk in Steyr. Die öffentliche Hand muss aktiv werden. Es braucht eine aktive Industriepolitik. Betriebe dürfen nicht einfach geschlossen werden. Die um ihre Arbeitsplätze kämpfenden Kolleginnen und Kollegen müssen unterstützt werden. Österreich braucht eine effiziente, nachhaltige Industrie. Es werden jetzt auch Fehlentwicklungen, wie die einseitige Ausrichtung am deutschen Exportwunder deutlich.

Wir fordern von der Bundesregierung die sofortige Einberufung von Industriekommissionen für von Massenkündigungen bedrohte Industriebetriebe. Diese Kommissionen müssen neben den Vertretern der Bundesregierung, der Eigentümer, der Länder, der Gemeinden, v. a. auch die Arbeiterinnen und Arbeiter über ihre Vertretungen miteinbeziehen. Diese Kommissionen sollen prüfen, inwieweit

  • technische Alternativen im Rahmen der gegebenen Produktionsinfrastruktur möglich sind, und welche neue Produktionsinfrastruktur aufgebaut werden könnte und müsste.
  • diese technischen Alternativen mit ökologischen und sozialen Zielsetzungen in Einklang gebracht werden können.
  • Welche Investitionen notwendig sind und wie die dafür erforderlichen Mittel mobilisiert werden können.
  • Wieviel Zeit ein derartiger Umstrukturierungsprozess in Anspruch nehmen wird.
  • Welche Schulungen für die ArbeiterInnen notwendig sind?

Dort wo Eigentümer nicht bereit oder schlicht überfordert sind, wenn es darum geht, die Mittel für die notwendigen Investitionen zu mobilisieren, sollte über (Teil-)Verstaatlichungen, Eigenkapitalzuschüsse, Belegschaftsübernahmen u.a. in die Eigentumsverhältnisse eingegriffen werden. Dabei ist auf höchstmögliche Flexibilität und Vielfalt zu achten.

Zusätzlich brauchen wir Maßnahmen für Neuverteilung der Arbeit und Gesundheitsschutz wie die sofortige Abschaffung des 12-Stunden-Arbeitstages/der 60-Stunden-Arbeitswoche und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.

Vollbeschäftigung ist möglich! Für eine ökosoziale Wende!

Wir fordern Vollbeschäftigung. Vollbeschäftigung ist möglich. Es gibt genügend gesellschaftlich nützliche Arbeit, die erledigt werden muss. Es kann nicht darum gehen, die Gesellschaft unter einen Glassturz zu stellen. Jetzt in der Krise müssen die Weichen für eine soziale und ökologische Wende gestellt werden. Wir brauchen eine Ausweitung der Beschäftigung in vielen Bereichen: in den Bereichen Gesundheit und Pflege, öffentlicher Verkehr und erneuerbare Energien, sozialer Wohnbau und kommunale Dienstleistungen, Ernährungssouveränität und umweltfreundliche Landwirtschaft uvm. Für diese soziale und ökologische Wende braucht es einen starken eigenständigen industriellen Kern in Österreich.
Die EU-Kommission hat mit der Einführung des EU-Fiskalpakts (2012) ununterbrochen Druck gemacht, die öffentlichen Investitionen zu beschneiden und Sozialausgaben zu senken. Das hat maßgeblich zum Anstieg vor allem der Langzeitarbeitslosigkeit beigetragen. Für Vollbeschäftigungspolitik und ökosoziale Wende brauchen wir aber eine massive Ausweitung der öffentlichen Budgets,

  • um gute Pflegeleistungen für alle zu gewährleisten und Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern,
  • um den öffentlichen Verkehr flächendeckend zugänglich und attraktiv zu machen,
    um Bildung und Ausbildung für alle unabhängig von der sozialen Herkunft zu ermöglichen,
  • um mit einer flächendeckenden, kostenlosen Kinderbetreuung Beruf und Familie vereinbar zu machen,
  • um durch die Ausweitung des sozialen Wohnbaus die Wohnungsnot zu bekämpfen
  • um durch thermische Wohnsanierung einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten u.v.m.

Diese Ausweitung der öffentlichen Budgets sichert und schafft Arbeitsplätze sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Industrie. Eine solche Ausweitung der öffentlichen Ausgaben ist keine Verschwendung, wie uns EU und Industriellenvereinigung immer einreden wollen. Im Gegenteil: Die eigentliche Verschwendung ist die Massenarbeitslosigkeit. Sie verhindert, dass die Menschen ihre Kraft und ihr Wissen für eine Gesellschaft, die sich an ökologischen und sozialen Zielen orientiert, entfalten können.

Vollbeschäftigungspolitik braucht Souveränität!

Vollbeschäftigungspolitik erfordert nicht nur die Mobilisierung finanzieller Mittel und der kreativen Ressourcen aller Menschen, sondern auch wirtschaftspolitische Souveränität, weil uns sonst die Hände gebunden sind. Das steht in unversöhnlichem Widerspruch zu den neoliberalen EU-Rahmenbedingungen. Selbst jetzt mitten in einer tiefen Krise will uns die EU-Kommission vorschreiben, ob bzw. in welchem Ausmaß wir mit unserem eigenen Geld Arbeitsplätze und Betriebe retten dürfen. Die ganze EU ist so konstruiert, dass den Staaten die demokratischen Steuerungsmöglichkeiten in der Wirtschaftspolitik aus der Hand geschlagen werden. Das verhindert die notwendige Ausweitung der öffentlichen Budgets für Soforthilfen und für eine ökosoziale Wende. EU-Vorgaben blockieren auch eine aktive Industriepolitik. Deshalb können große Konzerne Staaten erpressen und ihre Standorte beliebig in Billiglohnländer verlagern, wie das auch MAN plant. Die EU-Kommission hat bereits angekündigt, die Vergabe der Gelder aus dem „Wiederaufbaufonds“ an die alten neoliberale Vorgaben zu knüpfen: Sozialabbau, Privatisierung, Ausweitung des Niedriglohnsektors und Schwächung gewerkschaftlicher Rechte.

Niemanden zurücklassen –
Arbeitslosengeld rauf auf 80%!

Im September 2020 waren fast 30% mehr Menschen arbeitslos als im September des Vorjahres. Die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich gegenüber dem Vorjahr sogar verdoppelt. Über sechs Arbeitslose stellen sich derzeit um eine offene Stelle an.

Arbeitslosigkeit ist mit einem dramatischen Einkommensverlust verbunden, weil die Nettoersatzrate in Österreich nur 55% beträgt. Arbeitslose Menschen verlieren 45% des Einkommens, die laufenden Lebenshaltungskosten bleiben aber zumeist gleich. Vielen droht deshalb der Absturz in die Armut. Das verschärft auch die Wirtschaftskrise, weil es an Nachfrage fehlt. Hohe Arbeitslosigkeit schwächt auch die Beschäftigten, weil der Druck auf die Löhne zunimmt und Niedriglohnsektoren leichter ausgeweitet werden können.

Einmalzahlungen reichen bei weitem nicht. Wir fordern daher: Niemanden zurücklassen – rauf mit dem Arbeitslosengeld auf 80% und der Notstandshilfe auf 75% des Letzteinkommens. Sofort und dauerhaft!

Kundgebung gegen die MAN-Werksschließung am 15.10. in Steyr

Trotz einer Standortgarantie bis 2030 will MAN das Werk in Steyr bis 2023 schließen. Das würde 2.300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen den Arbeitsplatz kosten. Die Produktion soll nach Polen und in die Türkei verlagert werden. Gleichzeit beschloss im September die Konzernmutter Traton bei einem Umsatz von 11 Milliarden Euro eine halbe Milliarde an Dividenden auszuschütten. Die MAN-Betriebsräte haben für Donnerstag, 15. Oktober einen Warnstreik und Kundgebung in Steyr angekündigt (12.30 Uhr, Stadtplatz). Erich Schwarz, Betriebsratsvorsitzender MAN Steyr:  "Wir werden den Verhandlungen durch gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen den notwendigen Nachdruck verleihen."