EU-Handelskommissarin Malmström will TTIP und CETA auch in Kraft setzen, bevor die nationalen Parlamente zustimmen. Grundlage dafür ist der dubiose Artikel 188n*) des EU-Vertrags. Die parlamentarische Bürgerinitiative „FAIR-HANDELn statt FREI(?)HANDEL!“ bekommt dadurch zusätzliche Bedeutung.
Die neue EU-Handelskommissarin Cäcilia Malmström hat angekündigt, dass sie sich vorstellen können, die Freihandelsabkommen TTIP (mit den USA) und CETA (mit Kanada) „vorläufig in Kraft“ zu setzen, auch wenn die nationalen Parlamente dem noch nicht zugestimmt hätten. Damit bestätigt sich, wovor die Solidarwerkstatt gewarnt hat. Denn im EU-Vertrag von Lissabon ist ein besonders gerissener Artikel, der Artikel 188n VAEU *) (Vertrag über die Arbeitsweise der EU) hineingemogelt worden: die sog. „vorläufige Anwendung“ von völkerrechtlichen Abkommen. Im Klartext heißt das, dass die EU-Institutionen solche Verträge auch dann „vorläufig anwenden“ können, wenn es nicht die notwendige Zustimmung der nationalen Parlamente gibt.
Das besonders Heimtückische: Diese „vorläufige Anwendung“ gilt für die Dauer des Ratifikationsprozesses, es wird aber nichts darüber ausgesagt wird, was passiert, wenn dieser Ratifikationsprozess scheitert, weil nationale Parlamente zur Zustimmung nicht bereit sind. In Deutschland wurde der wissenschaftliche Dienst des Bundestages angefragt, was die Nichtratifizierung durch nationale Parlamente für völkerrechtliche Verträge bedeuten würde, die durch die EU „vorläufig angewendet“ werden. Die Antwort: Gar nichts. Diese „vorläufige Anwendung“ kann also die dauerhafte Entmündigung der Parlamente nach sich ziehen. Beim Freihandelsvertrag der EU mit Peru und Kolumbien hat die EU den Artikel 188n *) bereits aus der Trickkiste geholt. Das österreichische Parlament hat bis heute diese Abkommen nicht ratifiziert, die EU hat es jedoch bereits am 1. August 2013 „vorläufig“ in Kraft gesetzt.
Diese Androhung, die nationalen Parlamente über den Artikel 188n *) AEUV zu entmündigen, zeigt einmal mehr, dass es nicht ausreicht, Bittbriefe an die Kommission zu richten. Notwendig ist es vielmehr, ihr das Mandat für die Aushandlung solcher Verträge zu entziehen und die Menschen selbst – in einer Volksabstimmung – über solche weitreichenden Verträge abstimmen zu lassen. Die von der Solidarwerkstatt gestartete parlamentarische Bürgerinitiative „FAIR-HANDELn statt FREI(?)HANDEL!“ gewinnt durch die jüngsten Aussagen Malmströms zusätzliche Bedeutung.
(05.02.2015)
Unterstützt daher bitte diese parlamentarische Bürgerinitiative!
*) Korrektur: Das ist eine veraltete Nummerierung. Die aktuelle Nummerierung ist Artikel 218.