TTIP - Weiter Klagsprivileg für Transnationale Konzerne
Ende Februar 2016 ging die 12. Verhandlungsrunde über TTIP in Brüssel zu Ende, geplant ist, die Verhandlungen über dieses Freihandelsabkommen mit Jahresende abzuschließen.
Erstmals lagen dabei auch die EU-Vorschläge zur Reform des umstrittenen Investorenschutzes auf dem Tisch. Aufgrund heftiger Proteste gegen die geplanten Sonderklagerechte für Konzerne (ISDS) hat die EU-Kommission Teile davon „entschärft“. Das Schiedsverfahren in TTIP soll durch ein ICS (Investment Court System) ersetzt werden. Beim ISDS (Investor-state dispute settlement) können sich klagewillige Konzerne selbst Schiedsrichter suchen, die dann mit den Vertretern der beklagten Staaten hinter verschlossenen Türen verhandeln.
Beim ICS wäre ein fixes Gremium von Schiedsrichtern vorgesehen, die über richterliche Erfahrung verfügen und nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Anders als bisher ist auch eine Berufungsmöglichkeit gegen die Schiedssprüche geplant. Der deutsche Richterbund stellte dennoch Anfang Februar unmissverständlich klar, dass das ICS nicht mit einem ordentlichen Gericht zu vergleichen ist. Es bleibt ein Sondergericht und Klagsprivileg für transnationale Konzerne.
Darüber hinaus soll eine „Regulierungsklausel“ unterstreichen, dass Staaten das Recht haben, Gesetze und Regulierungen im Interesse des Allgemeinwohls zu verabschieden. Klingt gut, ändert aber nichts an der Tatsache, dass Konzernen trotzdem ein privilegierter Investitionsschutz zugestanden wird.
Wechselseitige Deregulierung von Agrar- und Finanzsektor
Diese Vorschläge der EU-Kommission liegen nun dem US-amerikanischen Verhandlungsteam vor, inwieweit sie auch akzeptiert werden ist noch völlig offen. Ein wesentlicher Inhalt von TTIP ist der Abbau von Zöllen. In fast allen Bereichen haben sich die Verhandlungspartner genähert. Die restlichen 3% betreffen schwierige Themen wie das der landwirtschaftlichen Produkte. Amerika ist bereit, den Beschaffungsmarkt zu öffnen, wenn im Gegenzug Europa den Agrarsektor für US-Firmen öffnet. Der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon warnt diesbezüglich: „Die europäische Landwirtschaft zahlt den Preis für das Aufbrechen des Industrie- und Finanzsektors in Amerika.“ Denn: Die US-Agrarkonzerne drängen auf den noch besser geschützten europäischen Lebensmittelmarkt, und die EU-Finanz- und Industriekonzerne wollen über TTIP den strenger regulierten US-Finanzsektor bzw. öffentlichen Beschaffungsmarkt knacken.
Bis zum Juli sind noch zwei Verhandlungsrunden angesetzt, dazwischen wird es technische Beratungen geben. Dabei geht es um die Angleichung von Zulassungs-, Qualitäts- und Sicherheitsstandards, die sich oftmals gravierend unterscheiden.
CETA – Sonderrechte für Konzerne bleiben
Nun hat die EU- Kommission den finalen Text des Freihandelsabkommens mit Kanada veröffentlicht. Die beiden Vertragspartner einigten sich darauf, das viel kritisierte ISDS durch das ICS zu ersetzen. Der Vertrag ist jetzt fertig ausverhandelt, weitere Verbesserungen sind nicht mehr vorgesehen. Michel Reimon meint dazu: “Ein Investitionsgerichtshof macht die Prozesse zwar transparenter – das Grundproblem bleibt jedoch bestehen. Großkonzerne bekommen Sonderrechte außerhalb der Rechtssysteme der Länder und können sie ihren Interessen entsprechend klagen. Umweltschutz und Sozialstandards in der EU werden erschwert und sind massiv bedroht”. Da nun nur noch die Zustimmung der 28 Mitgliedstaaten und die des Europaparlaments fehlen, findet die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström optimistische Worte: „Wir sind zuversichtlich, dass CETA 2016 unterschrieben und 2017 in Kraft treten wird“.
TiSA – Marktfreigabe für Dienstleistungen
Anfang Februar 2016 hat sich das EU-Parlament auch mit dem Dienstleistungsabkommen TiSA beschäftigt und eine Resolution dazu verabschiedet. Diese enthält zwar einige Forderungen und Verbesserungsvorschläge, ob die EU-Kommission darauf hören wird, ist allerdings höchst ungewiss. Die Mehrheit der EU-Parlamentarier stimmte nämlich gegen den Antrag, die Kommission entsprechend der Parlamentskritik zu verpflichten, ihr Verhandlungsmandat und damit ihre Verhandlungsstrategie zu ändern. Somit ist diese Resolution zahnlos und nicht mehr als ein erhobener Zeigefinger. Auch die Forderung, nur jene Dienstleistungen zu liberalisieren, die ausdrücklich benannt werden (Positivliste), fand keine Mehrheit im EU-Parlament. Somit käme es bei in Kraft treten von TiSA zu einer Marktfreigabe für alle bestehenden und zukünftigen Dienstleistungen, wenn sie nicht explizit im Vertrag davon ausgenommen wurden (Negativliste).
Auch bei TiSA steht die Kommission am Gaspedal. Bezüglich Abschluss der Verhandlungen schreibt die Presse am 4.2.2016: „Die Kommission geht davon aus, dass das Abkommen bis Ende des Jahres beschlossen wird.“
Die einzige realistische Möglichkeit, diese und ähnliche Freihandelsabkommen zu verhindern, besteht darin, von der österreichischen Regierung verbindliche Volksabstimmungen darüber zu fordern!
Susanne Müller
Nähere Informationen zur Petition für eine Volksabstimmung über Freihandelsverträge hier:
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&view=article&id=1128&Itemid=86