wer profitiertDie Ersparnis durch die Steuerreform fällt sehr ungleich aus: Wer 1.200,- monatlich brutto verdient, dem bleiben 174 Euro im Jahr. Wer über 8.500,- verdient, darf sich über 2.141 Euro zusätzlich freuen. Doch nicht nur das: Diejenigen, die von der Steuerreform am wenigsten profitieren, werden jene sein, die von deren asozialen Folgen am massivsten betroffen sind.

Die nunmehr beschlossene Steuerreform weist sicherlich begrüßenswerte Einzelaspekte auf, wie etwa die Absenkung des Eingangssteuersatzes bzw. die Anhebung der KEST. Sieht man sich das Gesamtpaket an, ergibt sich jedoch ein gänzlich anderer Eindruck: Diese Steuerreform ist verteilungspolitisch schieflastig und sie ist ein Trampolin für jene, die schon zur nächsten Attacke auf den Sozialstaat blasen.

Zunächst ein nüchternen Blick auf den Steuerrechner: Die Steuerersparnis – aufgrund der Veränderung der Steuersätze und Tarifstufen bzw. Erhöhung der Negativsteuer – ergeben folgendes Bild (sh. Grafik).

Steuerreform

Die Reform der Lohn- und Einkommenssteuer ist also eindeutig einer Förderung der Gut- und Bestensverdienenden. Wer über 8.500 Euro monatlich brutto verdient, erspart sich das fast 10-Fache dessen, was einem sog. „Kleinverdiener“ mehr im Börserl bleibt. Etwas polemisch ausgedrückt: Eine Steuerreform von und für Nationalratsabgeordnete, die derzeit 8.440 Euro monatlich einstreifen. Oder auch für hohe AK- und ÖGB-Funktionäre, die sich gerne als die eigentlichen Triebkraft für diese Steuerreform sehen. Ob das jene 800.000 Menschen auch so sehen, die für die ÖGB-Kampagne „Lohnsteuer runter!“ unterschrieben haben und nun feststellen, dass in erster Linie den oberen Einkommensklassen Butter aufs Brot geschmiert wird?

Absurd ist auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Kulturveranstaltungen, Schnittblumen und Übernachtungen. Fällt ein Kino- oder Theaterbesuch, ein Blumenstrauß oder eine Pensionsübernachtung bereits in die Kategorie „Luxuskonsum“? Viel sinnvoller wäre gewesen, die Abschaffung der unsozialen Mehrwertsteuer bei lebensnotwendigen Gütern, wie z.B. beim Wohnen auf die Tagesordnung zu bringen, wie sie die Solidarwerkstatt in der Kampagne „Minus 10%!“ vorschlägt.

Gegenfinanzierung auf Sand gebaut

Die Steuerreform geht aber nicht nur verteilungspolitisch in die falsche Richtung, sie ebnet auch den Boden für weiteren Sozialabbau. Denn die sog. „Gegenfinanzierung“ der 5,1 Milliarden, die die Steuerreform kostet, sind zum Gutteil auf Sand gebaut. Das betrifft sowohl die 1,9 Milliarden, die man sich vom „Kampf gegen Steuerbetrug“ erhofft, als auch die „Selbstfinanzierung“ in der Höhe von 850 Millionen, die auf Grund der Konjunkturbelebung in die öffentlichen Kassen gespült werden sollen. Dass selbst Regierungsvertreter diese Zahlen nicht ernst nehmen, zeigt eine – wenig beachtete – Wortmeldung von Vizekanzler Mitterlehner, der beiläufig abtropfen ließ, dass „drei Viertel der Steuerreform ausgabenseitig finanziert werden“ (1). Das offizielle Zahlenwerk der Regierung sieht jedoch vor, „nur“ 1,1 Milliarden durch eine „Verwaltungs- und Förderreform“ einzusparen. Das sind rd. 21% der Kosten der Steuerreform. Auf die von Mittlerlehner genannten drei Viertel kommt man nur, wenn man auch die 2,75 Milliarden hinzurechnet, die man durch die Einnahmen aus dem „Kampf gegen Steuerbetrug“ und „Selbstfinanzierung“ einzunehmen hofft. Oder eben nur vergibt zu hoffen, um – wenn sich dann herausstellt, dass dieses Zahlenwerk auf Sand gebaut sind, erst recht wieder ein Argument für weiteren Sozialabbau bei der Hand zu haben. Mittlerlehners Bemerkung von den „drei Viertel ausgabenseitigen Finanzierung“ darf man da durchaus als Menetekel an der Wand sehen.

Vor neuem Sozialabbau?

Das gilt umso mehr, als offensichtlich ist, dass die Steuerreform große Löcher in die öffentlichen Haushalte reißt – bereits jetzt, noch ohne die absehbaren weiteren Steuerausfälle. Die sog. „Verwaltungs- und Förderreform“ bedeutet, dass alleine auf die ohnehin schon völlig unterfinanzierten Gemeinden weitere Einsparungen in der Höhe von 110 Millionen Euro zukommen. Das wird die Konjunktur sicher nicht beleben, denn die Gemeinden sind die wichtigsten öffentlichen Investoren. 228 Millionen müssen die Länder kürzen. Alleine für das Bundesland Oberösterreich macht das 40 Millionen im Jahr aus. Ein Schelm, wer da an die geplanten Kürzungen von 25 Millionen im Behindertenbereich denkt.

Für viele werden die paar Euro im Börsel aus der Lohn- und Einkommenssteuerreform ganz schnell weggeschmolzen sein und statt dessen zusätzliche Löcher aufgerissen. Kaum ist die Steuerreform beschlossen, bricht schon die Debatte über „Strukturreformen“ bei Pensionen, Gesundheit, Arbeitsmarkt und Bildung aus. Immer unter dem Motto: Einsparen, Kürzen, Abbauen. Denn das ist die unerbittliche Richtung, die durch das neoliberale Korsett der EU-Vorgaben (EU-Sixpack, Twopack, Fiskalpakt, usw.) vorgegeben worden ist und über die die EU-Kommission mit Argusaugen wacht. Unter dem Strich bleibt: Diejenigen, die von der Steuerreform am wenigsten profitieren, werden jene sein, die von deren asozialen Folgen am massivsten betroffen sind. Voll in diese Richtung marschiert bereits die FPÖ. Die Rechtsextremen, die sich gerne als „EU-kritisch“ und Fürsprecher des „kleinen Mannes“ geben, haben unmittelbar nach Präsentation der Steuerreform ein antisoziales Crash-Programm der Sonderklasse vorgelegt. Sie fordern die Absenkung der Staatsquote von 45% auf 39% (2). In Zahlen ausgedrückt: Minus 19 Milliarden – jährlich! Das entspricht einem Volumen, das fast die Hälfte aller Alterspensionen ausmacht bzw. das gesamte Bildungsbudget Österreichs deutlich übersteigt, das die „soziale Heimatpartei“ einsparen möchte. Die FPÖ ist damit neben der Industriellenvereinigung der wohl treueste Verbündete der EU-Kommission beim neoliberalen Angriff auf den Sozialstaat.

Fazit
Auch wenn wir davon ausgehen, dass ÖGB und AK das Beste für die Masse der Beschäftigten herausholen wollten, als sie die Kampagne „Lohnsteuer runter!“ ausgerufen haben, so müssen wir sehen: Im Rahmen des EU-Konkurrenzregimes wird auch aus sinnvollen Einzelforderungen noch ein Bumerang für Mehrheit der Bevölkerung. Alle die daraus die Konsequenzen ziehen wollen, laden wir recht herzlich ein, wieder bei der Aktion „SolidarstaAt statt EU-Konkurrenzregime!“ am 17. Mai in Wien dabei zu sein.


Quellen:
(1)  ORF, 13.3.2015
(2)  APA/OTS, 16.3.2015