In einem großen Linzer Gewerbebetrieb stimmten im März 2019 95% gegen die Zerschlagung der OÖGKK und für den Erhalt der Selbstverwaltung der ArbeitnehmerInnen in ihrer Sozialversicherung. Betriebsrats-Vorsitzender Horst Huemer: „Das Ergebnis zeigt, dass sich die Kolleginnen und Kollegen nicht enteignen lassen wollen. Es wäre wichtig, in vielen Betrieben Urabstimmungen durchzuführen.“

Die sog. „Reform“ der Sozialversicherung ist im Grunde „die größte Enteignung in der Geschichte Österreichs“. Denn: Die Sozialversichertengemeinschaft der ArbeitnehmerInnen, die dezentral in den Gebietskrankenkassen organisiert ist, soll entmachtet werden:

  • indem die Arbeitgeberseite 50% der Mandate bekommt, obwohl sie Null Prozent dieser Versichertengemeinschaft darstellen (sprich 100% der Versicherten sind ArbeitnehmerInnen),
  • indem die Regierung direkten Durchgriff auf das Budget der Sozialversicherten erhält. Sprich: Jede Entscheidung, die über einen Zeitraum von fünf Jahren 10 Millionen übersteigt, muss der Regierung zur Genehmigung vorgelegt werden (bei einem Budget von 16 Milliarden in der Gesundheitskasse ist das rasch erreicht),
  • indem die dezentralen GKK-Strukturen zerschlagen werden und alle Gebietskrankenkassen zu einer zentralen Gesundheitskasse fusioniert werden. Je weiter weg die Kasse von den Versicherten ist, um so einfacher der direkte Durchgriff der Regierung und Arbeitgeber.

Regierung fürchtet Urabstimmung              

Das Aktionskomitee Urabstimmung, das sich im Herbst in Linz gegründet hat, hat gegen diese Enteignung unter der Losung „Urabstimmung jetzt!“ gekämpft. Denn: Die Regierungsparteien haben nicht das Recht, die Sozialversicherten kalt zu enteignen; nur die Sozialversichertengemeinschaft hat das Recht, darüber zu entscheiden, ob sie sich enteignen lassen will oder nicht – in einer Urabstimmung. Die Regierungsparteien sind im Dezember 2018 über diese Forderung brutal drübergefahren. Nichts fürchten sie offensichtlich mehr, als dass die Betroffenen selbst entscheiden können.

Bereits zweite Urabstimmung in einem Linzer Betrieb

Doch es gibt erste Anzeichen, dass damit das letzte Wort noch nicht gesprochen wurde. Denn nun beginnen Belegschaften selbst Urabstimmungen in ihren Betrieben durchzuführen. Bereits Anfang des Jahres fand eine Urabstimmung in einem Linzer Kleinbetrieb mit einigen Dutzend Beschäftigten statt, von denen sich fast alle für den Erhalt der OÖ GKK ausgesprochen hat. Vor wenigen Tagen hat nun auch der Betriebsrat im Linzer Unternehmen Bosch-Rexroth mit einigen hunderten Beschäftigten eine Urabstimmung organisiert. Die Frage lautete: Wollen Sie, dass über die Verwendung der Sozialversicherungsbeiträge der ArbeitnehmerInnen auch weiterhin deren gewählte VertreterInnen entscheiden und die OÖGKK erhalten bleibt?“ Das Ergebnis wurde am 22. März beim Symposium des Aktionskomitees Urabstimmung bekanntgegeben: Zwei Drittel der Belegschaft nahmen an der Abstimmung teil und beachtliche 95% antworteten mit Ja. In Zahlen: Von 257 abgegeben Stimmen stimmten 245 mit Ja, 11 mit Nein und eine/r enthielt sich.

„Je mehr wir die Betroffenen direkt einbeziehen, desto mehr Druck können wir ausüben.“

Horst Huemer, Betriebsratsvorsitzender von Bosch-Rexroth, zeigt sich über das Ergebnis sehr erfreut: „Mit dieser Urabstimmung ist es gelungen, viel Bewusstseinsarbeit unter den KollegInnen zu leisten. Bei Betriebsversammlungen und anderen Gelegenheiten wurde intensiv über die Bedeutung der Sozialversicherung diskutiert. Und das Ergebnis zeigt, dass sich die Kolleginnen und Kollegen nicht enteignen lassen wollen. Je mehr wir die Betroffenen direkt einbeziehen, desto mehr Druck können wir ausüben.“

(23.3.2019)